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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Ball
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phantastische Wesen der Welt bei den Müttern
    seinen Ursprung hat und seinen Beschluß. Der Ich-Kult und seine
    Ergänzung, der Déraciné, Dinge, auf die in Frankreich Barrès die
    Aufmerksamkeit lenkte –, im »Demian« sind sie der Leistung nach
    überwunden; durch die Bindung an das Mutterbild. Ein religiöses
    Urerlebnis ist gestaltet.

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Siddhartha
    Musik und indische Eindrücke gehören für Hesse seit frühester
    Kindheit zusammen; sie sind das Gundertsche Erbe in seinem
    Vaterhaus. So reichen die Anfänge des »Siddhartha« noch tiefer
    zurück als die des »Demian«. Der Freund, der diesmal Führer ist,
    man findet ihn schon bei Hesses Wiegenfest zu Calw, und er hat dort
    zweierlei Gestalt: es ist der Großvater Gundert, der neben seinem
    Malajalam-Lexikon auch ein Malajalam-Liederbuch zusammengestellt
    hat; und es ist vor allem der Vater des Dichters selbst, jener
    demütige, bescheidene, unauffällige Johannes Hesse, der auch als
    Schriftsteller in Verbindung mit dem Sohne alle Beachtung verdient.
    Die Malajalam-Lieder des Großvaters waren keineswegs nur eine
    schöngeistige oder gelehrte Publikation für die Außenwelt. Hesse
    selbst wies einmal (bei Gelegenheit seiner »Lieder deutscher
    Dichter«) darauf hin, daß »unsere Väter und noch mehr unsere
    Großväter Verse nicht nur zu lesen verstanden, sondern sie haben
    auch Gedichte in großer Zahl gesammelt, abgeschrieben, auswendig
    gelernt«. Er sagt nicht, daß sie diese Gedichte auch gesungen haben
    und daß dies die eigentliche Probe auf den Wert eines Liedes ist;
    aber im Haus Hesse in Calw wurden die Malajalam-Lieder sogar
    gesungen; die Gelehrsamkeit blieb nicht in den Folianten stecken.
    Des Dichters Schwester schrieb es mir noch ausdrücklich: »Wir
    waren ja in Basel auch fast nur mit Missionskindern zusammen,
    sangen allerlei Malajalam-Verse und kannten all die jungen Brüder,
    die im Missionshaus ausgebildet wurden.« Beim Großvater in Calw
    gab es außerdem einen Schrank mit indischen Sachen, kleinen
    Krischnabildern, allerlei Kostümfiguren, »auch hatten wir aus Mutters
    indischer Zeit sehr schöne nordindische, zum Teil mohammedanische
    Gewänder, mit denen wir uns oft verkleideten. Aber wichtiger als
    dies alles war wohl der beständige Verkehr mit Indien«.
    Auch die Entstehung des »Siddhartha« hat mehr als die anderen
    Bücher des Dichters eine Geschichte. Beendet wurde das Werk 1922
    im Tessin. Der erste Teil aber bis zu dem Einschnitt, wo Kamala
    auftritt, verweist in die Nachbarschaft der »Märchen«. Noch in deren
    Erscheinungsjahr 1919 wurde dieser erste Teil niedergeschrieben
    und erschien in der Neuen Rundschau. Auch die weitere Entwicklung

    113
    des Buches, bis dahin, wo Siddhartha den Tod im Wasser sucht und
    plötzlich seinen Freund Gowinda neben sich findet, entstand schon
    im Winter 1919. Dann trat eine Pause von fast anderthalb Jahren
    ein, die sich nur so erklären läßt, daß der Siddhartha-Komplex, der
    früher zu lokalisieren ist, durch das Klingsor-Erlebnis von 1919
    gekreuzt wurde. Der Märchenton des ersten Teiles, die Ablösung vom
    Vater und auch die Widmung an Romain Rolland bieten hinlängliche
    Reminiszenzen an die erste Berner Zeit. Aber noch die Kamala-
    Episode des zweiten Teiles erhält wesentliche Entscheidungen bereits
    in Bern. Neu sind eindringliche religiöse Studien in den Jahren 1919
    bis 1922, und neu ist im ganzen ein veränderter Charakter der
    Musik. Vorher und den »Klingsor« eingeschlossen, ist Hesses Musik
    mit der dunkelbunten Süßigkeit von mittelalterlichen Kirchenfenstern
    zu vergleichen. Jetzt bekommt diese Musik einen Lichtstrahl von
    oben, aus hoher Höhe. Jetzt füllt sie sich mit Tageshelle und
    lächelndem Götterglanz.
    Ich zeigte, wie in der Seminaristenzeit das Zerwürfnis mit dem Vater
    sich entwickelte. Bald, mit den ersten Erfolgen des Dichters, und
    wohl schon mit dem Tode der Mutter, tritt im Verhältnis zum Vater
    eine Wandlung ein. Sie führt zwar noch nicht zu einem gegenseitigen
    Verständnis auch in religiösen Fragen, aber doch wohl zu einem
    wieder innigeren Austausch. Rührend ist es zu sehen, wie der Vater
    in einem Trostbüchlein für Leidende 1909, da er schon nicht mehr in
    Calw, sondern in Kornthal wohnt, eine Stelle aus seines berühmten
    Sohnes »Peter Camenzind« zitiert. Es ist bezeichnenderweise ein
    Passus, der die franziskanische Neigung des Camenzind zu seinem
    Krüppel-Freunde betrifft und wo es heißt: »Es begann eine

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