Hermanns Bruder - wer war Albert Göring?
Modrý hätte sich dabei auf Aussagen von uns, dem tschechischen Management, gestützt«, sagte František Zrno später vor Gericht. »Er muss uns an die Gestapo verraten haben, also mich, Alfons Pler, Josef Schwarz, Jaroslav Vanek und František Dolensky, die ebenfalls Direktoren bei Omnipol waren.« 137
Febranz war damals in erster Linie darauf aus, sich die Taschen zu füllen, und musste daher alle loswerden, die sein Handeln kritisieren konnten. Also legte er sich gegen die fünf Direktoren eine Anklage wegen Spionage zurecht. Seine Anschuldigungen stützte er auf Fotografien von einer Messe in Prag, auf denen die Beschuldigten scheinbar mit General Spear von der britischen Armee und mit einem jüdisch-deutschen Emigranten namens Kalman konspirierten. Sie wurden sofort von der SS verhaftet, obwohl die Fotografien von 1938 stammten. Des Verrats angeklagt, warteten die fünf Männer in ihren Zellen auf ihr Todesurteil. Doch dann kam Albert Göring von Bukarest nach Prag zurück und wurde von Josef Modrý darum gebeten einzuschreiten.
»Er [Albert] schrieb einen Brief an [den SS-Gruppenführer] K. H. Frank, in welchem er darauf hinwies, dass die Bilder von 1938 stammten, und den Vorwurf des Hochverrats gegen Direktor Zrno zurückwies«, erklärt Vladislav Krátký, der Leiter des Škoda-Archivs, in seiner Zusammenfassung der Ereignisse. »Er wandte sich auch an General Bodenschatz, Hermann Görings Adjutanten. Als er im Dezember 1941 feststellte, dass seine Intervention wirkungslos geblieben war, kam er noch einmal nach Prag und wandte sich mit Bodenschatz zusammen an den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich. Er verwies darauf, dass sein Bruder angeordnet hatte, entweder die Anklageschrift nach Berlin zu übersenden oder die Beschuldigten freizulassen.« Bodenschatz’ einschüchternde Art und die strengen Worte des Reichsmarschalls müssen Heydrich tief beeindruckt haben, denn »ein paar Wochen darauf, im Januar 1942, wurden alle Omnipol-Mitarbeiter freigelassen«. 138
Albert schaffte es sogar, den meisten Freigelassenen wieder neue Stellen bei Škoda zu verschaffen. »Nach einem Monat Erholungsurlaub wurde Zrno Leiter der Bausparkasse der Škoda-Werke, und seine Kollegen bekamen ebenfallsFührungspositionen innerhalb des Konsortiums«, schreibt Krátký. 139 Vor Gericht fügte Zrno, der Letzte auf der Liste der Geretteten, noch hinzu: »Ich möchte auch daran erinnern, dass ich von den Herren Direktoren Modrý, Hromádko und Skřivánek von den unermüdlichen und aufrichtigen Bemühungen [Albert] Görings um meine Befreiung und die der anderen Gefangenen erfahren habe und dass ich persönlich überzeugt bin, dass wir unsere Freilassung nur Göring verdanken. An Göring lag es auch, dass wir so schnell entlassen wurden, denn ich habe von Herrn Hladky erfahren, dass die Gestapo gegen mich auch in einer anderen Angelegenheit ermittelte.« 140
Kaum hatte Albert die Omnipol-Direktoren befreit, als ihn schon das nächste Kräftemessen mit der SS erwartete. Ab März 1939 waren alle Bewohner des Protektorats Böhmen und Mähren aufgefordert, ihre Gewehre und Pistolen abzuliefern. Zuwiderhandlung wurde mit dem Tod bestraft. Die Direktion der Škoda-Werke und ihre Wachmannschaft durften dagegen per Ausnahmeregelung ein Kontingent an Pistolen und Munition behalten. Unter Anleitung des Polizeimitarbeiters und Mitglieds der deutschen Spionageabwehr Weber verstauten sie die Waffen in einer gutgesicherten Lagerhalle in Prag. 141 Dieses Arrangement bewährte sich, bis Škodas nationalsozialistische Führungsriege einen neuen Plan ausheckte, um die tschechischen Direktoren loszuwerden: Sie wurden des illegalen Waffenbesitzes beschuldigt, und zwar von eben jenem Herrn Weber, der ihnen die Lagerung der Waffen gestattet hatte.
In einem zusätzlichen Versuch, der tschechischen Škoda-Führung etwas anzuhängen, stellte SS-Gruppenführer Karl Hermann Frank, der damalige Staatssekretär des Protektorats Böhmen und Mähren, einen Durchsuchungsbefehl aus. Gestapo-Agenten durchforsteten die Haushalte des Geschäftsführers Adolf Vamberský und der Direktoren Modrý und Benés. Doch sie konzentrierten ihre Suche nicht aufKeller und Waffenschränke, sondern auf die Bibliotheken und Arbeitszimmer. Sie suchten verborgene Dokumente. Zwar kam dabei nichts Belastendes zutage, doch die Anklage wegen illegalen Waffenbesitzes wurde aufrechterhalten.
Dringende Anrufe und Appelle folgten. Da den Direktoren die Zeit davonlief,
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