Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
sonstige Anschlagtafeln seine Wände zierten, aber es wäre eine Menge Arbeit gewesen, sie alle zu zählen.
    Am frühen Morgen hatte er noch einmal Professor Bowers wegen seines Projektantrags genervt (»Sie kriegen den Bescheid, sobald ich ihn habe. Per E-Mail, postwendend. Sie brauchen nicht jeden Montag hier aufzukreuzen, das bringt überhaupt nichts «), und er war gerade vom Seminar Systemoptimierung unterwegs in die Bibliothek im Rodgers Building, als plötzlich eine breitschultrige Gestalt vor ihm stand wie aus dem Boden geschossen. Hiroshi musste einen Schritt zurücktreten, ehe er James erkannte, den Mann, den Charlotte angeblich liebte. James dampfte vor Wut. Nicht schwer zu erraten, warum.
    »Wir müssen reden.« Die Worte kamen aus seinem Mund wie das Grollen eines fernen Vulkans.
    Hiroshi lockerte die Schultern, bemühte sich um einen lockeren Stand. »Worüber?«, fragte er.
    »Tu nicht so unschuldig, Schlitzauge«, fauchte James. »Du weißt genau, worum es geht.« Er hatte zwei Kumpane dabei, die sich Mühe gaben, genauso grimmig dreinzuschauen wie er. Tatsächlich wirkten sie eher verunsichert, wie Wärter eines Irren, der jeden Moment ausrasten konnte.
    Nicht sehr beruhigend.
    »Vielleicht sagst du es mir trotzdem«, schlug Hiroshi vor. »Es ist manchmal so eine Sache mit Vermutungen …«
    James’ massige, in diesem Moment geradezu King-Konghaft wirkende Gestalt ruckte vorwärts, seine Fäuste ballten sich. »Okay«, zischte er Hiroshi ins Gesicht. »Also Klartext: Du lässt die Finger von meiner Verlobten, sonst schlag ich dir in dieFresse, dass du den Rest deines Lebens nur noch Flüssignahrung zu dir nehmen wirst.«
    Hiroshi stellte das rechte Bein schulterbreit aus, ging unauffällig in die Jiu-Jitsu-Grundposition. Bedauerlich, dass er von dem Kurs damals an der Schule nur die Einführungsstunde besucht hatte.
    »Meines Wissens«, erwiderte er, »entscheiden so etwas die Frauen heutzutage selber. Einundzwanzigstes Jahrhundert, falls dir das was sagt.«
    »Wenn du schlecht hörst, Japse«, knurrte James, »dann kann ich’s dir auch eintätowieren. Du lässt deine dreckigen Finger von –«
    Er schlug zu, ohne den Satz zu beenden. Ansatzlos, wie man so sagt, allerdings nicht ansatzlos genug. Hiroshi beherrschte zwar keinerlei Schläge oder Tritte, aber ausweichen, das konnte er. Elastisch zuckte sein Oberkörper zur Seite, war auf einmal nicht mehr da, wo James hinhämmerte.
    »Feigling!«, blaffte James.
    »Lahmarsch!«, erwiderte Hiroshi.
    Die anderen Studenten ringsum sahen natürlich, was los war. Eine Schlägerei am MIT – das war absolut unüblich. Die meisten machten, dass sie wegkamen. Viele fanden zwar nichts dabei, ganze Nächte lang an Monitoren mit virtuellen Waffen durch virtuelle Labyrinthe zu schleichen und virtuelle Gegner blutigst niederzumetzeln, physische Gewalt im real life dagegen war ihnen höchst suspekt. Die, die nicht die Flucht ergriffen, gingen zumindest auf Abstand, sodass sich eine Art Arena um Hiroshi und James bildete.
    James holte weiter aus, schlug härter zu, und Hiroshi kam allmählich ins Schwitzen. Und dann geschah es – James erwischte ihn an der Schulter und streifte sein Kinn, nur ganz leicht, aber der Schmerz durchzuckte Hiroshi wie ein Blitz und gab ihm eine lebhafte Vorstellung davon, was ihn erwartete, sollte dieser ungleiche Kampf schlecht für ihn ausgehen.
    In diesem Augenblick trat ein Professor dazu, ein grauhaariger,hagerer Mann, der einen Kopf größer war als James Michael Bennett III. und vor allem – was Hiroshi nicht wissen konnte – dessen Vater in geradezu frappanter Weise ähnelte. »Was findet hier statt, wenn ich fragen darf?«, erkundigte er sich.
    James hielt inne. Er und Hiroshi sahen einander an, dann den Professor. Waffenstillstand.
    Nein. Abbruch der Kampfhandlungen. James wich einen Schritt zurück, schüttelte die Hände aus. »Okay, Kato«, erklärte er. »Heute kommst du davon. Aber glaub bloß nicht, dass dich das rettet. Ich hab noch ganz andere Möglichkeiten, dich fertigzumachen.«
    Hiroshi sagte nichts. Er starrte seinen Widersacher nur an, erschüttert von der animalischen Wut des Milliardärssohns. Und diesen Kerl würde Charlotte heiraten? Was fand sie nur an ihm?
    »Du weißt doch«, fuhr James mit finsterem Grinsen fort, »man begegnet sich immer zweimal im Leben.« Er wandte sich zum Gehen. »Also – bis zum nächsten Mal!«
    James Michael Bennett III. irrte sich. Vielleicht, weil er übersehen hatte, dass ihr

Weitere Kostenlose Bücher