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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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eine Beinahe -Paläoanthropologin«, sagte Charlotte, »dann gib mir einfach Bescheid.«
    Er wirkte, als zöge er das ernsthaft in Erwägung. »Du kannst mir ja mal deine E-Mail-Adresse geben«, schlug er vor.
    Brenda brachte Charlotte am Tag nach der Taufe zum Flughafen, allein diesmal. Nur sie beide, zwei alte Freundinnen. Leichter Nebel lag in der Luft, aber den Flugzeugen schien das nichts auszumachen.
    Charlotte dagegen schon. Bei Nebel in Boston musste sie immer an Hiroshi denken.
    »Machst du dir keine Sorgen, wenn Thomas nach Buenos Aires geht?«, fragte sie Brenda.
    Die lachte nur. »Ach was. Ich necke ihn nur ein bisschen. Aber er hat so lange als Junggeselle gelebt, er muss ab und zu das Gefühl haben, dass er trotz Ehe und Kind noch ein freier Mensch ist.«
    Es war viel los. Eine Durchsage, ein Mr Schwartzing möge sich am Informationsschalter melden, wurde unablässig wiederholt.
    »Aber sechs Wochen? Das ist eine lange Zeit.«
    »Klar. Da kann er dann merken, wie gut er es bei mir hat. Abgesehen davon ist es …« Brenda erschrak wegen irgendetwas, packte sie unvermittelt am Arm, zog an ihr. »Komm! Lass uns ein Stück weitergehen.«
    Aber es war zu spät, Charlotte hatte die Zeitschrift schon gesehen. Sie klemmte in fünffacher Ausfertigung im Auslagenständer des Kiosks, vor dem sie standen.
    Und sie zeigte James auf der Titelseite.
    James, wie er von Polizisten aus einem Gebäude geführt wurde.
    »Mon dieu« , murmelte Charlotte. Wie in Trance trat sie an den Stand, zog eines der Hefte heraus, schlug es auf. James in Handschellen. Seine Frau Terry mit blauem Auge, Wut im Gesicht und ihrem Anwalt an der Seite.
    Brenda seufzte. »Ich hatte so gehofft, dass du nichts davon mitkriegst«, gestand sie. »Ich hab die ganze Familie gebeten, das Thema zu meiden, alle Zeitschriften im Haus weggeworfen …«
    »Was ist da los?«, fragte Charlotte wie betäubt. Sie blätterte den Rest des Heftes durch. Es schien sich um ein Bostoner Stadtmagazin zu handeln: Veranstaltungshinweise, Werbung von Restaurants und Diskotheken und ein paar Berichte über den Bostoner Jet-Set.
    »Na, was wohl. Seine Ehe mit dieser Terry Miller war ein Griff ins Klo. Die beiden sind jetzt, na, zwei Jahre verheiratet, und seit anderthalb Jahren liefern sie sich einen Rosenkrieg, über den sich die ganze Stadt amüsiert.«
    »Meine Güte …« Charlotte betrachtete das Foto aus der Nähe. Wie verlebt er aussah! Aufgedunsen, vorzeitig gealtert. Unglücklich.
    Brenda legte den Arm um sie. »Du bist nicht schuld, Charlie. Du bist absolut nicht schuld. Es ist das Geld, das ihn verdorben hat, nichts sonst. Das viele Geld.«
    In Moskau schneite es erstaunlicherweise nicht, es regnete nur, und das in Strömen. »Das ist der Klimawandel«, erklärte ihreMutter, die Charlotte am Flughafen abholte und ihr mithilfe ihres Diplomatenpasses die aufwendige Einreisekontrolle ersparte. »Davon redet gerade jeder. In Sibirien schmelzen Böden, die seit Jahrhunderten gefroren gewesen sind, und alles, was darauf gebaut worden ist, versinkt im Schlamm – Pipelines, Straßen, Häuser. Ein Riesenproblem.« Sie zog die Kapuze ihres Mantels über den Kopf, als sie das Gebäude verließen. »Mich nervt der Regen inzwischen einfach nur. Du wärst besser schon im Sommer gekommen.«
    »Aber du hast nun mal im November Geburtstag«, meinte Charlotte.
    »Deswegen hättest du ja trotzdem im Sommer kommen können.«
    Charlotte hob die Augenbrauen. »So gut gefällt mir Moskau nun auch wieder nicht.« Sie fand den Regen gar nicht so schlimm. Bis jetzt jedenfalls. Mal was anderes.
    »Wir haben übrigens noch mehr Besuch aus Frankreich«, erzählte Mutter, während sie über die M-10 vom Sheremetjewo-Flughafen Richtung Moskauer Innenstadt rollten. »Ein Cousin dritten Grades von dir, André Faucault. Er ist der Sohn von Pierre Faucault, der wiederum der Sohn von Marie-Claire Baratte ist, die … warte … die Tochter der Schwester deines Urgroßvaters väterlicherseits ist. Genau.«
    »André Faucault?« Charlotte überlegte. Das klang wieder verdächtig nach einem von Mutters Verkuppelungsversuchen. »Ich kenn den aber nicht, oder?«
    »Du hast ihn mal getroffen. Bei der Hochzeit von Tante Sophie.«
    Charlotte ächzte. » Maman! Da war ich fünf!«
    »Genau. Und André muss sieben gewesen sein.« Sie war kaum zu bremsen in ihrer Begeisterung für diesen André. »Er studiert in Strasbourg an der ENA. Wie es aussieht, hat er glänzende Aussichten auf eine Stelle im Conseil

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