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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sehen«, erklärte sie, als sie die Augen wieder öffnete. »Ich nehme an, du hast so eine Herde von Robotern gebaut?«
    »Ja, natürlich. Deswegen sind wir hier. Um den ersten Komplex zu testen.«
    »Zeig ihn mir«, verlangte Charlotte.
    Es ging in das Zelt, das Charlotte schon heute Morgen aufgefallen war: Es handelte sich tatsächlich um ein Laborzelt. Tische standen entlang der Außenseite, voller Werkzeug, Computer, Messgeräte. Der Innenraum war frei, abgesehen von einem silbern glänzenden Würfel von der Größe eines kleinen Kühlschranks,der in der Mitte stand und dessen Oberfläche schimmerte wie ein stählerner Schuppenpanzer.
    »Wir haben die ganzen Subroutinen noch einmal getestet«, erklärte Hiroshi, als ob Charlotte verstehen müsse, was er damit meinte. »Sobald es losgeht, wird eine Videoanlage die Arbeit des Komplexes lückenlos dokumentieren. Die Abläufe sind ziemlich kompliziert, das heißt, es ist mit Fehlern zu rechnen. Daran arbeiten wir noch – an der Fehlerredundanz.«
    »Aber dass es grundsätzlich funktioniert, das weißt du schon?«
    Hiroshi blieb stehen. »Sagen wir, ich bin einigermaßen zuversichtlich.«
    »Ihr müsst doch irgendwas getestet haben.«
    »Die einzelnen Funktionen, wie gesagt. Aber das hier ist der Integrationstest. Der gesamte Ablauf der Replikation. Das haben wir bis jetzt noch nicht testen können.«
    Na gut. Die Details konnten ihr eigentlich auch egal sein. Charlotte stemmte die Hände in die Hüften, sah sich um. Die Werkbänke ringsherum sahen jedenfalls noch stark nach intensiver menschlicher Arbeit aus. Die Männer und Frauen aus Hiroshis Team würden sich ganz schön langweilen, wenn ihre Roboter ihnen erst einmal alle Arbeit abgenommen hatten. Sie würden gar nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollten.
    »Wo sind eigentlich alle?«, fragte sie.
    »Beim Baden, nehme ich an«, sagte Hiroshi.
    »Beim Baden? Ich dachte, du stellst nur Arbeitstiere ein?«
    Hiroshi lächelte. »Ich hab sie baden geschickt, damit wir für uns sind. Der Versuch ist vorbereitet, wir brauchen nur noch auf den Knopf zu drücken. Aber das wollte ich erst tun, wenn du da bist. Ich wollte, dass du das miterlebst.«
    Da war sie wieder, diese eigenartige Spannung zwischen ihnen, dieses mysteriöse Etwas, das sie aneinanderkettete. Mit Liebe hatte das nichts zu tun. Sie mochten einander, keine Frage, und vielleicht hatten sie sich auch einmal geliebt, aber das, wassie verband, war etwas anderes. Etwas, das Charlotte gerade Gänsehaut verursachte.
    Sie atmete durch. »Warum? Warum soll ich das miterleben?«
    »Weil es irgendwie mit dir zu tun hat. Weil du die Inspiration dafür warst.«
    »Muss ich das gut finden?«, murmelte sie und bewegte die Schultern, als könne sie dadurch die Last abwerfen, die sie darauf spürte. Sie betrachtete den metallen glänzenden Klotz in der Mitte des Zeltes. »Ist er das? Der Komplex?«
    »Ja.«
    »Kannst du ihn irgendwas machen lassen? Damit ich mal sehe, wie so etwas aussieht.«
    »Kein Problem.« Hiroshi beugte sich über eine der Tastaturen, tippte einen Befehl ein und griff dann nach einem dunklen Stab, der wie eine missratene Taschenlampe aussah. »Das ist eine Weiterentwicklung meines ›Zauberstabs‹, mit integriertem Laserpointer und Bluetooth-Anbindung. Neunundneunzig Dollar in den meisten Baumärkten.« Er schaltete das Gerät ein und richtete den dünnen roten Laserstrahl auf einen freien Punkt auf dem Zeltboden, etwa drei Meter von dem metallenen Würfel entfernt.
    Es war faszinierend. Der Klotz geriet in Bewegung, zerfiel in Hunderte von Einzelteilen. Es sah aus, als hätten sich lauter Insekten mit stählernen Flügeln zu einem Quader vereinigt gehabt, die sich nun alle wieder voneinander trennten. Innerhalb weniger Sekunden waren sämtliche Bestandteile in Bewegung, flossen wie ein Strom chromglänzender Legosteine quer über den graubraunen Zeltboden und klapperten und rasselten dabei, als murrten sie über die ihnen auferlegte Pflicht, sich an einen anderen Ort zu begeben. Es dauerte keine halbe Minute, dann stand der Klotz an der Stelle, auf die Hiroshi mit dem Laserstrahl gezeigt hatte, und nachdem auch das letzte Element seinen Platz eingenommen hatte, kehrte wieder Stille ein.
    »Wow«, sagte Charlotte. »Das ist ja wie Zauberei.«
    Hiroshi beugte sich noch einmal über die Tastatur, gab neueBefehle ein. »Wir wiederholen das Ganze, bloß langsamer. Damit du siehst, wie es funktioniert.«
    Ein neuer Laserstrahl, und wieder begann

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