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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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zumindest nach westlichen Maßstäben, auch darüber hinaus.
    Wie immer war das Zeichen, dass es gleich losgehen würde, dass alle übrig gebliebenen Speisen und Getränke abgeräumt wurden. Larry Gu aß und trank niemals etwas am Konferenztisch, und er duldete auch nicht, dass andere es taten.
    Zwei Männer vom Sicherheitsdienst gingen noch einmal mit Messgeräten durch den Raum. Sie taten es mit typisch chinesischer Gründlichkeit: Sie ließen keinen Quadratzentimeter von Wand und Boden aus, obwohl der Konferenzraum zweifellos allen Erfordernissen der Spionageabwehr entsprach und mit modernster Technologie abgeschirmt war.
    Dann öffnete sich geräuschlos die große Tür an der Stirnseite des Raumes. Rasmussen zupfte seine Krawatte zurecht. Alles etwas theatralisch. Gu liebte das. Irgendjemand hatte einmal erzählt, Gu habe sich aus allen James-Bond-Filmen sämtliche Stellen, an denen irgendwelche Konferenzen stattfanden, Türen aufgingen, sich Wände drehten oder sonstige architektonische Spielereien demonstriert wurden, zu einer DVD zusammenschneiden lassen, die er sich hingebungsvoll immer wieder ansah, vor allem dann, wenn Entscheidungen über Neu- und Umbauten irgendwo in seinem Imperium anstanden.
    Und wie jedes Mal, wenn er Larry Gu wiedersah, war Rasmussen auch diesmal verblüfft darüber, dass der uralte Chinese noch kleiner geworden zu sein schien, als er ihn in Erinnerung hatte.
    Mit winzigen Trippelschritten durchquerte er die unsinnig riesige Tür. Es schien Stunden zu dauern, bis er die fünf Meter bis an die Stirnseite des Konferenztisches zurückgelegt hatte. Ku wich, das Gesicht reglos, nicht von seiner Seite. Man hielt unwillkürlich den Atem an, während Gu seinen Sessel erklomm, der so groß war, dass er sich darin hätte quer hinlegen undschlafen können. Und es war immer wieder faszinierend, mit welcher Nonchalance sich der weißbärtige alte Mann dann an die Runde wandte und sie mit einem »Huānyíng« begrüßte, das so klang, als sei er nur mal eben hereingeschlendert, um Guten Tag zu sagen.
    Die Akustik in dem Konferenzraum war trotz seiner kinomäßigen Ausmaße erstaunlich. Rasmussen hatte sich schon öfter gefragt, wie das möglich war. Auf jeden Fall funktionierte es, denn Larry Gu duldete keine Mikrofone in seinen Besprechungsräumen, sprach mit leiser, eindringlicher Stimme – und man verstand ihn trotzdem hervorragend.
    »Nun«, begann er, »machen wir nicht viele Worte. Sie wissen alle, warum wir uns heute getroffen haben. Ich denke, Sie hatten in den letzten Tagen auch ausreichend Muße, die Unterlagen, die ich Ihnen habe zukommen lassen, zu studieren und sich eine Meinung zu bilden.« Er sah in die Runde, seinen dünnen weißen Bart zwirbelnd.
    Der Erste, der die Hand hob, war Piet Timmermans, ein hagerer Holländer und europäischer Direktor des Konzerns.
    »Ich kann mir offen gesagt nicht vorstellen, dass das funktionieren soll«, bekannte er, nachdem ihm Gu mit einer knappen Handbewegung das Wort erteilt hatte. »Mit allem nötigen Respekt vor Ihren Entscheidungen, Mister Gu, und vor den technischen Fähigkeiten dieses Mister Kato, die ich nicht einschätzen kann – aber das ist in meinen Augen reine Science-Fiction. Und das Budget dafür rausgeschmissenes Geld.« Er spähte über den Rand seiner Brille hinweg in seine Unterlagen. »Wie viel war das? Fünfzig Millionen? Die hätten Sie besser für etwas anderes ausgegeben, wenn Sie mich fragen.«
    Gu lächelte undurchdringlich. »Nun, es war mein Geld. Und mitnehmen kann ich es nun mal nicht.«
    Timmermans hob die Schultern. »Nur meine Meinung.«
    Das war ein Punkt, der Rasmussen seit jeher für Gu eingenommen hatte: Larry Gu ahndete Illoyalität unnachsichtig – die Gerüchte, er habe in jungen Jahren einem Geschäftspartner, derihn an die Konkurrenz verraten hatte, eigenhändig die Zunge herausgeschnitten, hielten sich mit solcher Hartnäckigkeit, dass sie vermutlich stimmten –, aber noch nie hatte jemand in Gus Firma Schwierigkeiten bekommen, weil er seine Meinung gesagt hatte. Im Gegenteil, auch wenn Rasmussen die bisweilen bizarren Personalentscheidungen Gus nicht immer nachvollziehen konnte, sah er darin den Trend, dass der greise Firmenchef sich vorzugsweise mit Leuten umgab, die anderer Meinung waren als er selber.
    Wobei Rasmussen in den letzten Jahren zunehmend den Verdacht hegte, dass Gu das vor allem machte, um sich zu amüsieren.
    Jeffrey Coldwell, der Direktor der Region Nord- und Südamerika, dem man eine

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