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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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wenn meine Erfindung zu nichts anderem gut wäre als dafür, mit dem ganzen alten Müll aufzuräumen, wäre sie schon ein Segen.«
    Warum musste sie gerade jetzt an ihr Haus in Belcairn denken, in Schottland, am Rand der Welt, an Gary, mit dem sie einfach nur glücklich sein wollte und es aus irgendeinem Grund nicht mehr war.
    Charlotte erschrak. Es kam ihr wie Verrat vor, das zu denken.
    Hiroshi hantierte schon wieder mit seinem ›Zauberstab‹. Er dirigierte den silbernen Klotz Schritt für Schritt aus dem Zelt heraus. Draußen, zwischen dem Zelt und dem Beginn der Müllhalde, hatten sie mit grüner Farbe ein Koordinatensystem auf den blanken Boden gemalt, und ein besonders dickes Kreuz markierte die Stelle, die offenbar seit Langem als Startpunkt des Experiments feststand.
    »Wie liegen wir in der Zeit?«, rief Hiroshi.
    Miroslav blickte auf eine große Uhr, die an einer der Zeltstangen hing und die er ebenfalls um eine Stunde zurückgestellt hatte. »Noch dreiunddreißig Minuten.«
    »Und alles bereit?«
    »Alles bereit.«
    »Okay«, meinte Hiroshi. »Wir brauchen das mit den fünf Minuten nicht so eng zu sehen. Wir können genauso gut eine halbe Stunde vor dem Eintreffen des Fax begonnen haben. Letzter Check und Startsequenz!«
    Miroslav griff nach einem Klemmbrett mit einer Checkliste darauf. »Videoanlage einschalten!«, rief er.
    »Läuft«, meldete ein Mann mit besonders ausgeprägten Schlitzaugen.
    »Energie?«
    »Hundert Prozent«, rief eine Frau mit dunkelbraunen Locken, die knapp vierzig sein mochte und zweifellos die Älteste des ganzen Teams war.
    »Ausgangsposition korrekt?«
    »Auf den Punkt«, sagte Hiroshi.
    Und dann stand Miroslav auf, trat auf Charlotte zu und hielt ihr ein kleines schwarzes Kästchen hin, das aussah wie eine Fernbedienung. »Bitte sehr«, meinte er und sah sie mit seinen durch seine dicke Brille riesenhaft vergrößerten Augen an. »Einfach auf den Knopf drücken.«
    Charlotte schrak zusammen. »Ich?«
    »Bitte!«, rief Hiroshi.
    Musste das sein? Das stand ihr nicht zu. Sie hatte damit doch überhaupt nichts zu tun! Ihr Traum war doch ein ganz anderer gewesen …
    Aber sie nahm das Gerät. Was blieb ihr anderes übrig? Und sie legte den Finger auf die dicke Taste, die einzige Taste, die Taste, mit der alles beginnen sollte. Jemand richtete eine Videokamera auf sie.
    Sie lächelten alle. Erwartungsvoll; so, als würde Charlotte einen bedeutungsvollen Beitrag leisten, indem sie auf diesen Knopf drückte.
    Hiroshis Blick fing den ihren ein, als seien sie zwei magnetische Pole, einander ausgeliefert für alle Zeiten. Er lächelte, bittend, stolz, so stolz, dass es wehtat. Als habe er das alles nur für sie inszeniert. Aber wozu hätte er das tun sollen? Es war alles so seltsam.
    Nicht weiter darüber nachdenken. Charlotte presste den Knopf, und draußen vor dem Zelt begann der Klotz zu rasseln und zu klappern.
    Also. Nun war es geschehen. Wenn damit eine neue Welt ihren Anfang nehmen sollte, dann war es eben so. Sie reichte Miroslav die Fernsteuerung zurück, erwiderte sein Lächeln, so gut sie konnte. Ringsum verließen alle ihre Plätze, gingen hinaus, wollten sehen, was geschah. Charlotte fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht, strich ihre Haare nach hinten und atmete erst mal durch. Nun denn, dachte sie. Schauen wir uns an, was wir angerichtet haben.
    Als sie zu den anderen trat, die einen weiten Kreis um das bildeten, was aus dem silbern glänzenden Klotz geworden war, traute sie ihren Augen nicht.
    Charlotte war schon bei dem, was Hiroshi ihr zuvor gezeigt hatte, von der Geschwindigkeit und Eleganz verblüfft gewesen, mit der sich die Elemente bewegten. Doch verglichen mit dem Schauspiel, das der Komplex jetzt bot, waren das bloße Fingerübungen gewesen, kleine Schaustückchen, die die Maschine nebenbei erledigt hatte.
    Nun aber legte sie mit voller Kraft los. Der Anblick jagte Charlotte eine Gänsehaut über den Rücken. Diese Herde kaum handtellergroßer Roboter umherflitzen zu sehen wie Ameisen auf Überschall, zu erleben, wie sich die ganze Apparatur in ein krabbelndes, klapperndes, knirschendes, summendes, sich alle paar Sekunden in seiner Gestalt veränderndes Gebilde verwandelt hatte, das auf den Müllberg zukroch, Tentakel ausfuhr und wieder einfuhr, sich ausdehnte und zusammenzog und einen steten Strom irgendwelcher Materialien an sich vorbei und durch sich hindurch bewegte, nahm einem den Atem. Schon häuften sich die ersten kleinen Berge sorgsam

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