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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sich versonnen eine Strähne aus der Stirn. »Das ist wirklich merkwürdig.«
    Ein leiser Gongton, ein anderer diesmal, dann die Stimme des Piloten. Sie hätten jetzt Landeerlaubnis, und es sei Vorschrift, dass sich alle Passagiere für die Landung anschnallten. Hiroshi schaltete seinen Rechner aus, klappte ihn zu und steckte ihn weg.
    »Machst du dir Sorgen, was sie sagen werden?«, wollte Charlotte wissen, als sie ordnungsgemäß angegurtet nebeneinander saßen und man spürte, wie das Flugzeug rasch an Höhe verlor.
    »Wieso sollte ich mir Sorgen machen?«
    »Weil du eine klare Anweisung missachtet hast.«
    »Was sollen sie denn tun, außer sich ein bisschen aufzuregen?«
    Sie wandte ihm das Gesicht zu, musterte ihn auf ihre ganz spezielle Weise, die ihm so gut gefiel, weil er sich ihr dabei so nahe fühlte. »Hast du keine Angst, einmal zu weit zu gehen?«, fragte sie.
    Hiroshi horchte in sich hinein, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Meine einzige Angst ist, nicht weit genug zu kommen .«
    Wirklich gut hatte sie im Flugzeug offenbar doch nicht geschlafen. Gerade in dem Moment, in dem sie vor dem Eingang des gewaltigen gläsernen Turms aus dem Wagen steigen sollten, überfiel Charlotte schlagartige Müdigkeit. Sie wäre am liebsten im Wagen geblieben, hätte sich nur zu gern auf dem Rücksitz aus weichem, warmem Leder zusammengerollt und die Augen zugemacht. »Werden sie mich überhaupt reinlassen?«, fragte sie Hiroshi und hoffte, in ein Hotelzimmer abgeschoben zu werden, wo sie sich hätte ausschlafen können.
    Hiroshi dagegen schien fit wie der helle Tag. »Werden sie müssen«, meinte er nur und straffte die Schultern. »Ich hab dich schon angekündigt.«
    Charlotte hob die Lider gegen die Schwerkraft, die zunehmendan ihnen zu zerren schien. »Angekündigt? Als was?« Hoffentlich nicht als meine zukünftige Frau oder etwas ähnlich Peinliches!
    Hiroshi lächelte flüchtig. »Als meine Muse.«
    »Oje!« Aber es half nichts. Der Chauffeur schloss die Wagentür, wünschte ihnen einen angenehmen Aufenthalt; andere Angestellte in schmucken Uniformen kamen angeflitzt, kümmerten sich um ihr Gepäck, hielten ihnen die schimmernde Tür auf … Also hinein. Eine riesenhafte Höhle aus Glas und Stahl, die sie empfing; ein Fahrstuhl so groß wie ein Studentenzimmer, nur nicht möbliert; eine endlose Fahrt in die Höhe, dass man hätte meinen können, es ginge geradewegs in den Himmel. Sicherheitsleute, die sie mit breiten, plastikverkleideten Sonden abscannten. »Abhörgefahr«, erklärte einer von ihnen, ein junger Mann, dem sie spürbar gefiel, der sich das aber nicht anmerken lassen wollte.
    Dann der Konferenzraum. Ein Tisch so groß wie ein Flugplatz, Männer in dunklen Anzügen, die aufstanden und ihnen die Hände schüttelten und ihnen versicherten, sie seien erfreut, dass sie gekommen seien. Kühl war es hier drinnen, Charlotte fröstelte. Sie hätte jetzt gern einen Kaffee gehabt, aber das würde während der Besprechung nicht möglich sein, hatte ihr Hiroshi auf der Herfahrt erklärt. Ein hagerer, glatzköpfiger Mann, den Hiroshi ihr als Jens Rasmussen vorstellte, seinen Geschäftspartner, was seine sonstigen Erfindungen anbelangte: Der wirkte ein bisschen entspannter und wesentlich sympathischer als die anderen Gestalten am Tisch.
    Und schließlich der Boss des Unternehmens, Larry Gu, ein alter Mann, verschrumpelt und vertrocknet aussehend wie eine Zikade mit einem weißen Bart. Der stand nicht für sie auf, sondern grüßte sie nur mit einer leichten Verbeugung von seinem Sessel aus.
    Dann konnten sie sich endlich ebenfalls setzen. Wenigstens etwas. Charlotte zog den Hals zwischen ihre Schultern und sagte sich, dass die Besprechung ja nicht ewig dauern würde.
    »Ich heiße Sie willkommen«, erklärte der alte Mann mit leiser, fast flüsternder Stimme. »Insbesondere freut es mich, einmal eine leibhaftige Muse kennenzulernen …« Leises Gelächter in der Runde, das abrupt erstarb, als Gu die Hand hob; ach was, er hob sie gar nicht, er richtete sie nur auf und streckte einen Finger empor. Gut erzogen hatte er seine Leute, das musste man ihm lassen. »Wir haben im Vorfeld einige Fragen gesammelt, Mister Kato, von denen wir hoffen, dass Sie sie uns zur allgemeinen Zufriedenheit werden beantworten können. Einig sind wir uns darin, dass Ihr Experiment eine außergewöhnliche Forschungsanstrengung darstellt, deren Ausgang weitgehend ungewiss ist, und dass es deshalb unserer besonderen Aufmerksamkeit bedarf.

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