Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
herabsah, um herauszufinden, ob sie schon auf beiden Beinen und womöglich sogar aufrecht stand, bemerkte sie, dass von der Schwimmweste nur noch Bruchstücke übrig waren, zusammengehaltenvon Streifen aus Kunststoffgeflecht, die darin eingearbeitet gewesen waren.
    Charlotte schaute auf. Adrian stand da und ruderte heftig mit dem Arm. Die anderen taumelten bereits Richtung Hütte, Morley und Angela, so unsicheren Schrittes beide, dass man ihnen kaum zuschauen mochte. Als sei der Teufel höchstpersönlich hinter ihnen her …
    Ach ja, richtig. Charlotte wandte den Kopf, schaute die Felsspalte empor, wollte nicht darüber nachdenken, wie sie die zurückgelegt hatte, Hunderte von Metern mehr oder weniger steil bergab … Der Teufel. Es war nichts mehr zu sehen von seinen silberhellen Krallen. Sie waren entkommen.
    »Charlotte!« Adrian kam zu ihr hoch … um was zu tun? Sie mit sich zu zerren? Ihr aufzuhelfen? Aber sie stand doch schon. Sie tat den ersten Schritt und hatte das Gefühl, dass sich der Boden unter ihr bewegte, die Insel anfing zu kippen.
    »Komm.« Er hatte sie erreicht, fasste sie am Arm, stützte sie. So viel Sorge. Als sei sie aus Porzellan. Dabei war sie okay. Die paar Blessuren … Sie streifte seine Hände ab, löste die Gurte der Schwimmweste, ließ die Überreste fallen.
    »Das war knapp«, sagte sie und musste daran denken, dass es für Leon zu knapp gewesen war. Musste an sein wild-verwegenes, dunkelblondes Wikingerhaar denken, seine neugierigen blauen Augen, sein freches Grinsen.
    Weg, alles weg. Aufgesaugt. Aufgefressen.
    »Ja«, sagte Adrian. »Verdammte Scheiße.«
    Jeder Schritt tat weh. Als hätte sie jemand mit einem Hammer bearbeitet, während sie ohnmächtig gewesen war.
    »Hat sich keiner verletzt?«, fragte sie. »Beim Runterkommen, meine ich.«
    »Du bist am wildesten reingebrettert. Hast uns alle überholt, einfach – pschiou! « Er zeichnete mit der Hand eine flach gestreckte Flugbahn in die Luft. »Wir sind da unten angekommen, und du hast noch oben in dem Lawinenrest gesteckt …«
    »So fühl ich mich auch. Wie ein Lawinenrest.«
    Aber es ging. Doch, ja. Wenn nichts Schlimmeres auf sie wartete, würde sie sich nicht beklagen.
    Morley und Angela waren schon in der Hütte, seit gut fünf Minuten. Gerade als Adrian die Tür öffnen wollte, ging sie von selber auf, und etwas Großes, Voluminöses kam ihnen entgegen: das zusammengelegte Boot. Morley und Angela waren im Begriff, das Paket ins Freie zu zerren.
    Adrian wich zurück. »Sagt mal, spinnt ihr jetzt völlig?«
    »Scheiß auf die verdammten Psychobücher«, stieß Morley hervor, während er zerrte und zog und schob. »Tu, wovor du Angst hast. Der Kerl, der das geschrieben hat, weiß nicht, wovon er redet.«
    »Ja, meinetwegen, aber was soll das hier jetzt?«
    »Na was wohl?«, erwiderte Morley. »Ich will runter von der Insel.«
    »Und wohin, bitte?«
    »Erst mal einfach nur runter! « Er schrie es, wirkte wie jemand, der jeden Moment ausrasten würde. Da sowieso kein Vorbeikommen war an dem alles verstopfenden Gewirr aus Kunststoff und Gummi, halfen Adrian und Charlotte den beiden, das Boot vollends ins Freie zu bugsieren, und überließen sie anschließend sich selbst.
    »Mist«, meinte Adrian, als er die Tür zum Wohnraum aufstieß. »Ich wusste, dass Morley irgendwann durchdreht …«
    Er zog das Funkgerät unter dem Bett hervor, klappte es auf, schaltete es ein und steckte die Antenne ein, die sie an der Zimmerdecke aufgespannt hatten. Draußen hörte man Morley schreien: »Nein, verdammt, doch nicht mit der Pumpe! Viel zu langsam! Da, die Pressluftflaschen, die sind für den Notfall …!«
    Adrian drehte den Regler auf und reichte Charlotte das Mikrofon. Sie hockte sich vor dem Gerät auf den Boden, sprach, ohne groß nachzudenken. »SOS. SOS. Rogachevo Basis, hier ist Saradkov. Dies ist ein Notruf. Hören Sie uns?«
    Sie ließ die Sprechtaste los, lauschte. Nichts. Nur ohrenbetäubendes Knistern und Rauschen, eine Kakofonie aus Knack- undSurrlauten, als nähere sich ein elektrischer Heuschreckenschwarm.
    »Störstrahlung«, meinte Adrian, der breitbeinig über ihr stand. »Die verdammten Dinger stören den Funk.« Er schob grimmig den Unterkiefer vor. »Versuch es weiter. So oft wie möglich. Und auf allen möglichen Frequenzen.«
    Charlotte wechselte auf die Notruffrequenz und ins Englische. » Mayday. Mayday. Mayday. This is Saradkov Island. « Sie beugte sich beschwörend über das Mikrofon. »Hört uns jemand? Dies

Weitere Kostenlose Bücher