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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Immer noch das Boot. Also war das alles doch nicht nur ein böser Traum gewesen. Morley schlief auf dem schwarzen, nachgiebigen Gummiboden, grün im Gesicht und unruhig atmend. Angela saß neben dem Ruder und rieb sich die Arme. Und die Insel –
    »Was ist das?«, entfuhr es Charlotte, als sie die Insel sah, einen guten Kilometer entfernt. Die Sonne stand schräg hinter ihnen, tief über dem Horizont, warf lange Schatten über die kahle Südküste. Die völlig verändert aussah.
    »Wir haben es vor einer Stunde oder so bemerkt«, erklärte Adrian und reichte ihr das Fernglas. »Es sieht aus, als würden die Maschinen die ganze Insel umbauen.«
    Charlotte rappelte sich auf, setzte das Glas vor die Augen. Dort, wo bisher ein zerklüfteter Berghang gewesen war, prangten nun massive, glatte, stählerne Rippen, hundert Meter hoch und höher. Das war kein Berg mehr, das war eine Festung. Der Strand – verschwunden. An seiner Stelle glänzte eine konturlose, kilometerlange Stahlplatte.
    Und alles war in Bewegung. Man konnte zusehen, wie auf den Zinnen bizarre Aggregate heranwuchsen, sich veränderten, mal einem Geschütz glichen, mal Radarantennen, mal etwas, das einem überhaupt nichts sagte.
    Doch egal, was man darin zu erkennen meinte, der Gesamteindruck blieb derselbe: bedrohlich.
    Sie schluckte trocken, hätte etwas gegeben für eine heiße Tasse starken Kaffees. »Irgendwie hab ich immer noch das Gefühl, ich träum das alles nur.«
    »Das muss schon eine ganze Weile so gehen, wir haben es nur nicht bemerkt«, erzählte Adrian. »Die Nacht über lag dieKüste ja im Schatten, und eine Zeit lang hatten wir dunkle Wolken …«
    »Wieso habt ihr uns schlafen lassen?« Charlotte bewegte die verspannten Schultern, hatte das Gefühl, nur noch aus Eis zu bestehen. »Mir ist eklig kalt.«
    »Wir haben euch nicht wach gekriegt. Und irgendwann haben wir’s aufgegeben.«
    Charlotte erinnerte sich an überhaupt nichts. »Habt ihr mal versucht zu funken?«
    »Ja. Ist immer noch hoffnungslos.«
    Eine Weile sagte keiner etwas. Das Boot schwankte unablässig, die See schwappte träge gegen die prallen Wandungen. Die Stille war unheimlich.
    Angela kam herübergekrabbelt. »Ich hatte schon Angst, ihr erfriert beide«, erklärte sie bibbernd. »Was auf der anderen Seite ein gnädiger Tod wäre.«
    »Ich hab mir überlegt, dass das bestimmt jemand auffangen wird«, meinte Adrian. »Diesen Störfunk, meine ich. Die überwachen die Küste doch auf allen Frequenzen. Das heißt, irgendwann kommt jemand. Ein Suchflugzeug, ein Aufklärer …« Er berührte die eingeschweißte Tasche mit der Überlebensausrüstung. »Drei Leuchtraketen haben wir.«
    Ein knackendes Geräusch drang von der Insel herüber und ließ sie alle die Köpfe drehen.
    »Das ist schon das dritte Mal«, sagte Angela. »Aber so laut war es bis jetzt nicht.«
    Charlotte starrte die in einen bizarren stählernen Albtraum verwandelte Insel an und wünschte sich inbrünstig, weit weg zu sein. Die Hälfte von ihr bestand schon aus Eis. Lange würde sie nicht mehr durchhalten.
    Vielleicht, überlegte sie, war es das Beste, sie fassten sich irgendwann ein Herz und gingen wieder an Land. Egal, was dann mit ihnen geschehen mochte.
    »Was’r das?« Morley, der sich in diesem Moment hochrappelte, war kaum zu verstehen. »Scheiß … Kälte. Ich hab …Mann … was war das gehört?« Er hielt inne, starrte die Insel an. » Fuck! «, stieß er schließlich hervor. »Was ist denn das für ein Scheißspiel?«
    »Die Dinger bauen die Insel um«, sagte Adrian und hielt ihm das Fernglas hin.
    Morley ignorierte es. »Sieht aus wie Supermans Festung der Einsamkeit«, stellte er fest. »Und wir haben kein Kryptonit dabei!« Er klang ziemlich delirisch.
    Wieder knackte es, und diesmal war es ein Laut, der vom ganzen Himmel widerzuhallen schien.
    »Na, darauf haben wir doch nur gewartet«, ächzte Morley. »Die Rutschung!«
    »Meinst du, das ist der Gletscher, der kalbt?«, fragte Adrian. »Der diesen Krach macht?«
    Morley streckte die Arme aus, fasste das Seil, das durch aufgeklebte Ösen rings um das Boot lief. »Nein, Mann«, erwiderte er dumpf. »Der ganze verdammte Eisschild rutscht ab. Haltet euch lieber fest!«
5
    Es begann mit einem Rumpeln. Zuerst war es ein fernes Grollen, wie ein ungewöhnlich lautes Gewitter. Kurz darauf klang es, als ständen dort hinter der Bergkette zahllose hohe Türme mit breiten Wendeltreppen und als ließe eine Horde Verrückter Tausende mit Steinen

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