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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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separieren und unter dem Rasterkraftmikroskop zu untersuchen war eine Arbeit, die Hiroshis Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit auf die äußerste Probe stellte. Obwohl die Naniten, verglichen mit denmeisten Molekülen, ziemlich große Gebilde waren, war es immer noch unmöglich, sie direkt zu betrachten; die einzige Methode, ihre Gestalt darzustellen, war, sie mit einem Cantilever Atom für Atom abzutasten und die Messergebnisse durch entsprechende Software in Bilder umzurechnen. Da während jeder Messung Störungen unvermeidlich waren, mussten jeweils mehrere Messläufe durchgeführt werden; zudem galt es, systembedingte Fehler zu erkennen und auszumerzen. Das bedeutete stundenlange, hoch konzentrierte Arbeit an den Instrumenten, von der er sich nicht eine Sekunde lang ablenken lassen durfte.
    Es war gespenstisch zu erleben, wie oft er seine eigenen Konstruktionen in den Naniten wiederfand. Mit wenigen Ausnahmen konnte er die meisten der Bilder, die die Analysesoftware errechnete, mit seinen auf theoretischem Wege gefundenen Nano-Funktionsgruppen in Relation setzen. Man musste sich fast fragen, ob er einen Zwilling auf einem anderen Stern hatte, einen geistigen Bruder im Körper eines Aliens – oder ob er gar von extraterrestrischen Wesen mental beeinflusst wurde! War er, Hiroshi Kato, ein Agent fremder Mächte, ohne es zu wissen?
    Das war dann immer der Punkt, an dem er innehalten, die Augen schließen und durchatmen musste, um seine Mitte wiederzufinden und das Gefühl loszuwerden, in einem Stephen-King-Roman gelandet zu sein.
    Seine Konstruktionen, sagte er sich mit kühlem Verstand, waren ja nicht das Ergebnis nächtelangen Grübelns am Reißbrett, sondern das Produkt evolutionärer Algorithmen. Mit anderen Worten, sie waren quasi von selber entstanden – er hatte mit seinen entsprechenden Simulationsprogrammen nur die Möglichkeit dafür geschaffen. Und so ähnlich, wie geometrisch bedingt nur fünf regelmäßige Vielflächner denkbar waren – Tetraeder, Würfel, Oktaeder, Dodekaeder und Ikosaeder –, waren das hier, vorgegeben durch die Eigenschaften der verschiedenen Atome, vielleicht die einzig überhaupt möglichen Nano-Roboter.
    Wobei das die Sache mit den Steuercodes nicht erklärte. Okay. Aber er musste ja auch nicht alles auf Anhieb verstehen.
    Nach so vielen Jahren wieder in Buenos Aires zu sein war, als träume sie. So viel hatte sich verändert! Und doch war es Charlotte, als schimmere unter allem, was hinzugekommen, anders geworden war, immer noch die Stadt hindurch, die sie als Teenager gekannt hatte. Da, die Plaza de Mayo , auf die sie nur heimlich gegangen war, weil dort so oft Demonstrationen stattgefunden hatten, auf denen die Tochter eines Botschafters nichts zu suchen hatte. Die Florida mit ihren kostspieligen Boutiquen, in denen ihre Mutter so endlos viel Zeit hatte verbringen können. Die irrsinnig breite Avenida 9 de Julio , an der die französische Botschaft lag. Während sie durch die Straßen streifte, war ihr, als sehe sie zwei Städte auf einmal, das Buenos Aires ihrer Jugend und das von heute, und wahrscheinlich war es diese doppelte Belastung in Verbindung mit der altbekannten Schwüle – und den Erinnerungen, die sie wachrief –, die ihr nach einiger Zeit Kopfschmerzen bescherte.
    Sie traf Brenda am Obelisken, wie verabredet. Von Weitem wirkte ihre älteste Freundin wie von tiefer Melancholie umhüllt. Charlotte fragte sich, ob da bereits die morbide Schwingung des Tangos wirkte, der unter der Oberfläche der Stadt pulste wie ein nie verstummender Herzschlag. Doch als sie sich umarmten, fühlte es sich an wie immer. »Ich hätte dich auch am Flughafen abgeholt«, erklärte Brenda, ohne sie loszulassen.
    »Du hast mich schon so oft von Flughäfen abgeholt.«
    »Aber noch nie vom Ezeiza.«
    »Du kannst mich ja hinbringen, wenn ich wieder gehe.«
    »Kommt nicht infrage. Ich lass dich überhaupt nicht wieder gehen.« Sie löste die Umarmung, hielt Charlotte in Armlänge auf Abstand, um sie zu betrachten. »Du hast dir jedenfalls nichts abgefroren da oben am Polarkreis. Das heißt, wir können ins Persicco gehen und uns Eisbecher mit allem genehmigen. Ich lade dich ein.«
    Sie nahmen ein Taxi, um in das Eiscafé zu kommen. »Dein Spanisch ist schon ganz flott«, meinte Charlotte unterwegs.
    »Mit dickem amerikanischem Akzent«, wehrte Brenda dasKompliment ab. »Tom, der spricht Spanisch inzwischen gut. Weil er es jeden Tag muss, mit den Studenten.«
    Über fantasievoll

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