Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
öffnete und Mrs Steel zum Vorschein kam, die ihn mit halb strengem, halb besorgtem Blick musterte.
»Haben die Sie endlich gehen lassen«, sagte sie schließlich.
»Ja«, sagte Hiroshi.
»Und? Alles in Ordnung?«
»Alles in Ordnung. Wie ich es Ihnen gesagt habe.« Man hatte ihm gestattet, sie aus der Quarantäne anzurufen, um Bescheid zu sagen, dass er später als geplant zurückkommen würde. Ein Wachmann hatte mitgehört, also war er bei der offiziellen Version geblieben: Er sei mit dem Träger einer gefährlichen Krankheit in Kontakt gewesen und müsse nun warten, bis klar sei, ob er sich angesteckt habe oder nicht. Sie solle sich aber keine Sorgen machen, hatte er hinzugefügt, das sei nur eine Formalität; er sei überzeugt, nicht krank zu sein.
»Soll ich Ihnen was zu essen machen?«
»Später«, sagte Hiroshi. »Ich muss erst noch was erledigen.«
Ehe er seinen Computerraum betrat, ging er in ein Nebenzimmer, wo er ein Fach eines Wandschranks öffnete. Darin stand ein alter kleiner Schwarz-Weiß-Fernseher, der so aussah, als habe ihn jemand hier abgestellt und vergessen.
Ein Eindruck, der täuschte und auch täuschen sollte. Tatsächlich führte ein kleines Kabel von dem Gerät zu einem sinnreichen Mechanismus, den Hiroshi eigenhändig in die Zwischenwand eingebaut und sorgfältig abgeschirmt hatte. Er bestand aus einer Videokamera, die über ein langes, haardünnes Glasfaserkabel, wie man es für endoskopische Gefäßoperationen verwendete, den Computerraum beobachtete. Das Ende des Glasfaserkabels war nur ein haardünner Punkt mitten in dunklem Holz, nicht metallisch und keinerlei Energie ausstrahlend, sodass er Wanzen-Spürgeräten völlig entging. Die Kamera war ständig eingeschaltet; ein Computer analysierte die Bilder, diesie lieferte, und zeichnete alles auf, was sich veränderte. Diese Aufzeichnungen sah sich Hiroshi nun auf dem Monitor an.
Wie er es vermutet hatte, waren in seiner Abwesenheit Agenten der Regierung eingedrungen, um sich der Inhalte seiner Festplatten zu bemächtigen. Er konnte verfolgen, wie sie – mit derselben routinierten Behutsamkeit, mit der sie vermutlich auch die diversen teuren Alarmanlagen seines Hauses außer Kraft gesetzt hatten – die Rückseiten seiner Computer aufschraubten, die Festplatten herausnahmen und deren Inhalt auf eigene, mitgebrachte Computer überspielten.
Alles gut organisiert.
Er schaute sich die Aufzeichnungen bis zum Schluss an, in Zeitraffer natürlich. Hiroshi hatte wohlweislich darauf verzichtet, den Ton ebenfalls aufzuzeichnen; ein Mikrofon hätten diese Leute mit Sicherheit entdeckt. Er brauchte auch nicht zu wissen, was sie geredet hatten. Es genügte ihm zu sehen, wo überall sie Überwachungseinrichtungen angebracht hatten.
Es kostete ihn eine halbe Stunde, alle Geräte aufzuspüren und auszuschalten. Klar, damit verriet er ihnen, dass er über Sicherheitsmechanismen verfügte, die ihnen entgangen waren. Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Als er sich wieder unbeobachtet wusste, machte er sich daran, seine Daten zu restaurieren. Nach einer seiner Diskussionen mit Jens Rasmussen hatte Hiroshi eine gründliche Datensicherungsroutine entwickelt, der er seitdem mit nahezu religiöser Inbrunst folgte, wann immer er das Haus längere Zeit verließ. Sie nahm gewisse Zeit in Anspruch, lief aber weitgehend automatisch ab: Eine Routine zerlegte seine gesamten Datenbestände in eine Vielzahl von Paketen, mit denen man einzeln absolut nichts anfangen konnte, verschlüsselte diese mit den sichersten Verfahren, die es gab, und deponierte sie in verschiedenen Datenhäfen vorwiegend im pazifischen Raum. Eine anderer Routine kümmerte sich um das, was zurückblieb: Alles, was die Eindringlinge auf den Festplatten gefunden hatten, waren zum Zweck der Irreführung erzeugte Dateien, wobei ein selbstentwickeltes, höchst aufwendiges Programm dafür gesorgt hatte, dass sie nicht so wirkten. Im Gegenteil, alle Details wie Erstellungsdatum und Änderungsdatum jeder einzelnen Datei, der Inhalt temporärer Files, Fehlerprotokolle, Caches, E-Mails und schließlich die aufwendige Verschlüsselung all dieser Dateien mussten einen Experten davon überzeugen, den aktuellen Stand von Hiroshis Arbeiten vor sich zu haben.
Nun löschte Hiroshi alle Festplatten, spielte ein Kommunikationsprogramm ein und lud die Datenpakete wieder herunter. Während dieser Prozess lief, der ihn in einigen Stunden wieder arbeitsfähig machte, widmete er sich dem Labor im
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