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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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wieder aufgetaucht. Entweder hat er sie doch noch gefunden oder ... ich weiß nicht. Vielleicht hat er sich irgendwo besoffen. Dass ich auch noch da war, hatte er ja vorher schon vergessen. Also habe ich mich zum Bahnhof fahren lassen und bin in den nächsten Zug gestiegen.«
    »Und nun?«
    »Tja«, Laura sah mich ratlos an, »ich weiß nicht.«
    »Was weißt du nicht?« Der Fall war doch wohl klar, oder?
    »Na ja, ich weiß doch nicht, wie er sich entscheidet«, sagte sie kleinlaut.
    »Wie? Wenn er morgen ankommt und sagt, dass er dich will, dann nimmst du ihn noch?« Ich konnte es nicht fassen!
    »Lena, er braucht einfach Zeit. Wenn er sich für mich entscheidet, dann ist das doch toll, oder?«
    »Ganz toll! Nur, auf den Gedanken hätte er doch schon eher kommen können, und nicht, weil seine Frau ihm das Messer an die Kehle hält.«
    »Na ja, schon.« Laura schenkte Tee nach. »Aber ... Mensch, du weißt doch selbst am besten, dass man eine Ehe nicht von heute auf morgen beendet. Das ist keine einfache Entscheidung. Und Lukas ist nicht der Typ, der es sich leicht macht. Er ist furchtbar sensibel. Und er wollte seiner Frau nie wehtun.«
    Aber dir! Und sensibel! Der! Wenn der sensibel war, dann war Holger Mutter Teresa!
    »Wenn Lukas sich von seiner Frau trennt, wird er dann bei dir wohnen?«, fragte ich. Das wäre ja Scheiße. Dann könnte ich Laura nie mehr besuchen.
    Laura sah überrascht auf. »Der? – Garantiert nicht! Der mietet sich irgendwo ein Nobelapartment mit Pförtner und Marmorbad. Glaubst du etwa, der würde in meine popelige Wohnung ziehen? Ohne Fahrstuhl?«
    »Ach so.« Der Mann wurde mir wirklich mit jeder Minute sympathischer! Ein konsequenter Anhänger der drei B's: Bewunderung, Bequemlichkeit, Betthäschen – das war alles, was er brauchte. Eigentlich doch recht genügsam, oder?
    * * *
    Am nächsten Morgen wachten wir spät auf. Natürlich hatten wir die halbe Nacht gequatscht und mal wieder zu viel getrunken. Blass und zerzaust tappten wir in unseren ausgeleierten Schlaf-T-Shirts in die Küche, kochten Kaffee und fielen jede über eine Dose Heringsfilets her. Mit angezogenen Beinen hockten wir auf den Küchenstühlen und aßen mit den Fingern.
    Die Küche war warm und sonnig. Durch das geöffnete Fenster drang von fern der Straßenlärm, irgendwo läuteten Kirchenglocken. Dann wurde es still. Ein Motorrad heulte auf, und dann hörte man Musik aus einem Fenster dudeln. Großstadtsonntagmorgen.
    Es klingelte. Ich zuckte zusammen. Laura blieb völlig ruhig. »Ach Gott, das ist Frau Obranski aus dem ersten Stock. Die klingelt sonntags immer um diese Zeit und bringt mir das Anzeigenblatt mit rauf. Geh du. Sie will nur tratschen, dazu hab ich jetzt echt keinen Nerv.«
    Also erhob ich mich mühsam – mein rechter Fuß war eingeschlafen – und humpelte in den Flur, um Frau Obranski das blöde Anzeigenblatt abzunehmen. Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich die Tür öffnete. Vor mir stand – na ja, jedenfalls nicht Frau Obranski. Ich hatte keine Ahnung, wer dieser Gast war. Am liebsten hätte ich die Tür sofort wieder zugeknallt. Ungekämmt, ungewaschen, barfuß und verkatert unversehens einer umwerfenden, fremden Schönen gegenüberzustehen – das war genauso schlimm wie diese Träume, in denen ich nackt auf dem Hamelner Marktplatz stand. Schlimmer noch, denn vor dieser Frau schämte ich mich viel mehr als vor Hamelner Fußgängern: Sie strotzte nur so vor Eleganz und Schick. Und das, obwohl sie nur Jeans und einen schlichten, roséfarbenen Seidenpulli trug. Ihr Haar, schwarz, voll, glänzend, fiel in großzügigen Locken auf ihre Schultern. Ihr Lächeln war hinreißend. Das war das Ätzendste – diese Ausstrahlung. Lässig, souverän, ein wenig selbstironisch. Eine Lady !
    Ich fühlte mich wie Klein Doof Stand da auf einem Bein, rieb den rechten Fuß am linken Unterschenkel, starrte mit offenem Mund und strahlte mit Sicherheit an Debilität grenzende Begriffsstutzigkeit aus.
    »Entschuldigen Sie, dass ich hier so unangemeldet hereinschneie. Ich wollte eigentlich zu Frau Kast, ist sie da?«
    Ich nickte. Und blöd wie ich war, trat ich zur Seite. »Kommen Sie rein«, sagte ich und zeigte auf die Küchentür. Sie ging zögernd hinein, ich tappte hinterher. Lauras Gesichtszüge gefroren, als sie uns sah. Unwillkürlich zog sie ihr T-Shirt über die Knie, fuhr sich mit der Hand ins Haar, das ihr Gesicht wie eine rote Wolke umstand. »Ach du Scheiße«, entfuhr es ihr.
    »Es tut mir Leid, dass

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