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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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»Ich bewege mich jetzt, um zu unterschreiben. Also – keine Panik.«
    Max nickte und ruckte mit der Waffe. »Aber langsam!«
    Holger legte die Papiere vorsichtig auf der Kommode ab, beugte sich darüber und unterschrieb.
    »Und jetzt Laura«, sagte ich.
    Laura trat unbekümmert zur Kommode und zog die Blätter zu sich herüber. Sie las den Text, kicherte, unterschrieb und reichte eines der Blätter an Holger zurück. »Für deine Unterlagen«, bemerkte sie süffisant.
    »So, und nun raus hier!« Max wedelte mit der Pistole. »Aber dalli!«
    Holger hechtete zur Wohnungstür und riss sie auf. Plötzlich drehte er sich noch einmal um. Er durchbohrte mich mit einem vernichtenden Blick. »Du warst der größte Fehler meines Lebens, Helena!«, dröhnte er pathetisch.
    »Danke gleichfalls!« Meine Stimme piepste vor Erleichterung.
    »Mach 'n Abgang!«, grollte Max.
    Und Holger machte seinen Abgang. Endlich knallte auch er mal eine Tür zu.
    Max schoss hinter ihm her. Es knallte. – Ein bisschen. Eine Erbse prallte gegen die Tür, flog zurück und kullerte über den Fußboden.
    »Wie?« Mein Blick wanderte von der Erbse zu der Kanone in Max' Hand.
    Laura prustete. »Hast du etwa geglaubt, das Ding sei echt?«
    Max feuerte übermütig ein paar Erbsen an die Decke. »Na klar hat sie das geglaubt! Und Holger auch!« Er hielt mir die Pistole hin. »Stark, was? Sieht aus wie echt!«
    Ich musterte den Revolver genauer. Viel Erfahrung hatte ich mit solchen Geräten nicht, für mich sah er genau so aus wie die Pistolen, die ich aus Fernsehkrimis kannte. Ganz schön überzeugend.
    Und meine Knie zitterten immer noch. »Scheiße«, sagte ich. Ich wankte in die Küche und stützte mich auf die Spüle.
    Laura folgte mir. »Mann, freu dich doch! Du bist ihn los!«
    Max holte drei Gläser aus dem Schrank. »Darauf trinken wir erst mal einen!«
    »Woher hast du die Pistole?« Mir zitterten immer noch alle Knochen.
    »Och, die habe ich immer im Handschuhfach.« Er war ein Spielkalb!
    »Lena«, Laura legte den Arm um mich, »es tut mir so Leid. Wir hätten dich hier nicht allein lassen sollen. Holger hat hier häufiger herumgelungert. Wir haben es dir nicht gesagt, damit du dir keine Sorgen machst. Und in letzter Zeit haben wir ihn auch nicht mehr gesehen. Wir dachten, er hätte aufgegeben.«
    Das konnte man auch nur denken, wenn man Holger nicht kannte. Der gab nie auf, bevor er erreicht hatte, was er wollte.
    Doch jetzt war er zufrieden. Ich war fest davon überzeugt, dass er mich ohne übermäßiges Bedauern aus seinem Leben streichen würde, wenn das Amtsgericht mich im Gegenzug aus dem Grundbuch strich.
    Laura reichte mir ein Glas Wein. »Bist du traurig?«
    Traurig? – Nein. Bitter? – Ach nein. Ich war einfach froh, dass es vorbei war. Es war wirklich eine falsche Möglichkeit gewesen. Doch zu einem bestimmten Zeitpunkt in meinem Leben war sie richtig gewesen. »Ich hätte ihn nicht heiraten sollen«, sagte ich.
    Laura hob eine Augenbraue, wie nur sie es konnte. »Ach? Und wenn du ihn nicht geheiratet hättest? Hätte er dir dann gegeben, was du damals brauchtest?«
    »Ach, kommt, nun werdet bloß nicht philosophisch!« Max betrachtete verliebt seine Pistole, lässig ließ er sie um den Finger kreisen.
    Laura nahm sie ihm weg. »Komm, Lenchen, setz dich erst mal.«
    Mit Max' Haute Cuisine wurde es an diesem Abend natürlich nichts mehr. Mein Hilferuf hatte ihn mitten in der Diskussion mit dem Fischverkäufer erreicht, und Laura und er waren blind zu ihrem Auto gestürzt – Alarm für »Die Zwei«! Doch ich war mit einer Calzone vom Bringdienst – doppelte Füllung, extra scharf – . völlig zufrieden. Mann, hatte ich plötzlich wieder Appetit!
    Später, als wir erschöpft von den Turbulenzen des Tages matt in Lauras gemütlicher Sitzecke lungerten, förderte Max plötzlich ein paar Fotos zutage und warf sie auf den Couchtisch. »Hier, die sind nicht schlecht geworden!«
    Ching Li und ich. Ching Li schön und erhaben, kuschelig in meinem Schoß, majestätisch auf der Sofalehne. Ich, entspannt lachend, ernst schauend, immer den Kopf ihr zugeneigt. So nah, wir zwei. – Die Fotos waren wirklich schön, richtig schön. Wann hatte Steffen sie gemacht? Wann habe ich gelacht an diesem schwarzen Tag? Wann habe ich so weich, so melancholisch ausgesehen? Wann habe ich nicht mein hässlichstes Gesicht gezeigt?
    Steffen hatte mir nie seine Arbeiten gezeigt. Ich kannte nur die Aufnahmen, die auf seiner Internet-Seite zu sehen waren. Die

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