Herr der Daemmerung
ihnen, das kürzer wurde, sie zueinander hinzog. Sie konnten sich an nichts anderem festhalten als aneinander. Und dann lag sie in Morgeads Armen, und sie spürte seinen warmen Mund auf ihren Lippen.
Kapitel Dreizehn
Der Kuss war warm und süß. Nicht beängstigend. Jez entspannte sich in Morgeads Armen, bevor sie wusste, was sie tat. Sein Herz schlug so schnell an ihrem. Ihr war schwindelig, aber zugleich fühlte sie sich sicher; es war ein wunderbares Gefühl.
Doch als sich ihr sein Geist näherte, war es genau wie beim ersten Mal: dieser schreckliche, unwiderstehliche Sog, der versuchte, ihre Seele herauszusaugen und mit Morgeads zu vermischen, bis sie beide nur noch eine einzige Person waren. Bis er jedes Einzelne ihrer Geheimnisse kannte und sie keinen Ort hatte, an dem sie sich verstecken konnte.
Und das Schlimmste war, dass sie wusste, dass es nicht Morgeads Werk war. Es war diese äußere Kraft, die sie beide beeinflusste, die sie hilflos davontrug.
Ob wir es wollen oder nicht. Und wir wollen es nicht , sagte Jez sich verzweifelt. Wir hassen es beide. Keiner von uns will seine Seele teilen ...
Aber warum hielt er sie dann immer noch umfangen, warum küsste er sie immer noch? Und warum ließ sie es zu?
In diesem Moment spürte sie, wie sein Geist den ihren berührte und durch den schützenden Nebelschleier griff, den sie um sich herum hochgezogen hatte, und so sachte wie ein Mottenflügel über ihre Gedanken strich. Sie erkannte Morgeads Essenz; sie konnte seine Seele fühlen, dunkel und hell und voller grimmiger Gefühle für sie. Er öffnete sich ihr; er versuchte nicht, es zu bekämpfen oder auch nur etwas zurückzuhalten. Er ging weiter, als der Sog ihn zu gehen zwang, und schenkte sich ihr aus freien Stücken ...
Es war ein Geschenk, das ihr den Atem raubte. Und sie konnte ihm nicht widerstehen. Ihr Geist floss aus eigenem Antrieb heraus, um seinen zu berühren, Gedankenfäden, die sich dankbar um seine schlangen. Der Schock der Wonne, als sie es geschehen ließ, war beängstigend - nur dass sie keine Angst mehr haben konnte, jetzt nicht mehr.
Und dann spürte sie, wie er reagierte, spürte sein Glück, spürte, wie seine Gedanken ihre umfingen und ihren Geist so sanft hielten, wie seine Arme ihren Körper hielten. Weißes Licht explodierte hinter ihren Augen ...
***
Jez! Morgead! Was ist mit euch beiden los?
Der Gedanke war fremd, kalt und unerwünscht. Er brach in Jez’ warme kleine Welt ein, laut und unangenehm. Jez versuchte, ihn beiseite zu schieben.
He, hört mal; ich versuche bloß zu helfen. Wenn ihr zwei noch lebt, wie wär’s, wenn ihr uns ein Zeichen geben würdet, okay?
Morgead gab einen Laut wie ein mentales Stöhnen von sich. Es ist Val. Ich muss ihn umbringen.
Ich werde dir helfen , sagte Jez zu ihm. Dann kam ihr etwas in den Sinn. Oh - warte. Wo sind wir ...?
Es war eine gute Frage. Eine unheimliche, aber notwendige Frage. Sie brauchten einen Moment, um ihre Gedanken voneinander zu entwirren und in die reale Welt zurückzukehren.
Wo sie unter den Ruinen eines Judasbaums zu sitzen schienen, einer in den Armen des anderen, Jez’ Kopf an Morgeads Schulter gebettet, Morgeads Gesicht in Jez’ Haar gedrückt.
Zumindest küssen wir uns nicht mehr, dachte Jez geistesabwesend. Sie konnte spüren, dass sie scharlachrot anlief. Der Rest der Gang stand um sie herum und blickte mit besorgter Miene auf sie herab.
»Was wollt ihr?«, fragte Morgead schroff.
»Was wir wollen?« Raven beugte sich vor, und ihr dunkles Haar schwang hin und her. Jez konnte tatsächlich zwei mitternachtsblaue Augen darunter sehen. »Ihr drei seid genau in dem Moment vom Dach gesprungen, als das Feuer außer Kontrolle geriet. Wir haben es gelöscht und sind heruntergekommen, um nachzusehen. ob ihr noch lebt - und dann finden wir euch hier Arm in Arm, total ausgeklinkt. Und ihr wollt wissen, was wir wollen? Wir wollen wissen, ob ihr okay seid.«
»Uns geht es gut«, erwiderte Morgead. Sonst sagte er nichts, und Jez verstand. Keiner von ihnen verspürte den Drang, vor den anderen darüber zu reden. Das konnte warten, bis sie allein waren, bis der richtige Zeitpunkt gekommen war.
Doch eigentlich brauchten sie einander nichts zu erklären. Jez wusste es einfach und wusste, dass er es wusste.
»Was ist mit ihr?« Thistle zeigte auf Iona, die immer noch schlafend auf dem Gehsteig lag.
Jez ging bereits auf das Kind zu. Sie untersuchte den kleinen Körper und registrierte die gleichmäßige Atmung und
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