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Herr der Daemmerung

Herr der Daemmerung

Titel: Herr der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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noch gar nicht nachgedacht?«
    Während sie redeten, trat Thistle vor. Sie ging direkt bis vor die Flammen und starrte Iona an.
    »Du solltest besser schnell etwas unternehmen«, rief sie, »oder du wirst verbrennen!«
    Der kindliche, spöttische Tonfall erregte Jez’ Aufmerksamkeit, aber Morgead richtete wieder das Wort an sie.
    »Sie wird es jetzt jeden Moment löschen. Sie muss erst genug Angst haben ...«
    »Morgead, sie ist bereits vollkommen verängstigt! Sieh sie dir doch an!«
    Morgead drehte sich um. Iona hatte die geballten Fäuste jetzt auf Brusthöhe gehoben; ihr Mund war leicht geöffnet, während sie viel zu schnell atmete. Und obwohl sie nicht schrie oder weinte wie ein normales Kind, konnte Jez das Beben sehen, das ihren kleinen Körper durchlief. Sie sah aus wie ein winziges, gefangenes Tier.
    »Wenn sie es jetzt nicht tut, wird sie es niemals tun«, erklärte Jez entschieden. »Es war von Anfang an eine dumme Idee, und jetzt ist es vorbei!«
    Sie sah die Veränderung in seinen grünen Augen; das Aufflackern von Wut und dann die plötzliche Dunkelheit der Niederlage. Sie begriff, dass er klein beigeben würde.
    Aber bevor er etwas erwidern konnte, trat Thistle noch näher an den brennenden Müll heran.
    »Du wirst sterben!«, kreischte sie. »Du wirst genau jetzt verbrennen!« Und sie begann, den brennenden Müll in Ionas Richtung zu treten.
    Danach überschlugen sich die Ereignisse.
    Der Müll löste einen Funkenhagel aus, während er auf Iona zuflog. Iona riss vor Entsetzen den Mund auf, als ihr plötzlich brennende Müllstücke um die Knie wirbelten. Und dann brüllte Raven Thistle an, aber Thistle trat bereits erneut gegen den Müll.
    Eine zweite Flut von Funken regnete auf Iona nieder. Jez sah, wie sie die Hände hob, um ihr Gesicht zu schützen, dann breitete sie die Arme aus, als ein brennendes Stück Stoff sich auf ihren Ärmel legte. Sie sah eine winzige Flamme auf dem Ärmel erblühen. Sie sah, wie Iona sich hektisch umblickte und nach einem Fluchtweg suchte. Morgead zerrte Thistle am Kragen zurück. Thistle trat immer noch um sich. Überall waren Funken, und Jez spürte einen heißen Schmerz an ihrer Wange.
    Und dann wurden Ionas Augen riesig und leer und starr, und Jez konnte sehen, dass sie zu irgendeiner Entscheidung gekommen war, dass sie irgendeine Möglichkeit gefunden hatte, um zu entfliehen.
    Nur dass es nicht die Richtige war.
    Sie würde springen.
    Jez sah, wie Iona sich zum Rand des Daches umwandte, und in derselben Sekunde wusste sie, dass sie das Kind nicht rechtzeitig erreichen würde, um es aufzuhalten.
    Es gab nur eines, was sie tun konnte.
    Jez hoffte nur, dass sie schnell genug sein würde.
    Um ein Haar wäre sie es nicht gewesen. Aber rund um das Dach befand sich eine sechzig Zentimeter hohe Mauer, und diese hielt Iona für eine Sekunde auf, weil sie erst darüberklettern musste. Eine Sekunde Zeit für Jez, um durch das Feuer zu springen und sie einzuholen.
    Und dann war Iona auf der Mauer, und dann warf sie ihren kleinen Körper ins Leere. Sie sprang wie ein fliegendes Eichhörnchen mit ausgebreiteten Armen und Beinen und schaute dabei auf die Straße hinab, die viele Stockwerke unter ihr lag.
    Jez sprang mit ihr.
    Jez! Der telepathische Ruf folgte ihr, aber Jez hörte ihn kaum. Sie hatte keine Ahnung, von wem er überhaupt gekommen war. Ihr ganzes Bewusstsein war auf Iona konzentriert.
    Irgendein Teil von ihr hoffte immer noch, dass das Kind Magie besaß und den Wind dazu bringen würde, sie festzuhalten. Aber es geschah nicht, und Jez verschwendete keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie bekam Iona mitten in der Luft zu packen, ergriff denkleinen Körper und hielt ihn fest.
    Es war etwas, das kein Mensch hätte tun können. Doch Jez’ Vampirmuskeln wussten instinktiv, was sie zu tun hatten. Sie drehten ihren Körper im Fallen, schoben ihn unter das Kind in ihren Armen, schoben ihre Beine unter Iona.
    Aber natürlich hatte Jez keine vampirische Widerstandskraft mehr gegen Verletzungen. Sie wusste ganz genau, dass ihr der Sturz beide Beine brechen würde. In ihrem geschwächten Zustand konnte er sie sogar töten.
    Aber er muss das Kind retten, dachte sie emotionslos, während der Boden ihr entgegenraste. Der zusätzliche Widerstand von Jez’ Fleisch würde für Iona wie ein Kissen wirken.
    Aber eines gab es, woran Jez nicht gedacht hatte.
    Die Bäume.
    Entlang des rissigen, moosbewachsenen Gehsteigs standen in regelmäßigen Abständen Judasbäume, die jetzt in

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