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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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rief Riccio. »Die armen, elternlosen Kinder haben keine Lust mehr, mit dir Scipio, der Herr der Diebe zu spielen.« Scipio stand da und biss sich auf die Lippen. Er machte den Mund auf, um etwas zu erwidern – und machte ihn wieder zu. Riccio und Mosca musterten ihn feindselig, aber Wespe starrte bedrückt die Tischplatte an und Bo schob seinen Kopf unter Prospers Arm, als wollte er sich verstecken.
»Erklärt ihr mir, worum es geht?«, fragte Ida Spavento, aber als niemand antwortete, ging sie zum Waschbecken und spülte die Espressokanne aus. »Ich geh nicht zurück«, sagte Scipio plötzlich. Ganz heiser klang seine Stimme. »Ich geh nie, nie wieder nach Hause zurück. Das ist vorbei. Ich brauch sie nicht. Sie sind sowieso nie da. Und wenn, dann behandeln sie mich wie ein lästiges Haustier. Wenn es dieses Karussell wirklich gibt, dann werde ich noch schneller draufsitzen als der Conte, und ich werde erst wieder runtersteigen, wenn ich einen Kopf größer als mein Vater bin und mir ein Bart am Kinn wächst. Wenn ihr den Handel nicht machen wollt, dann mache ich ihn eben allein, ich finde das Karussell und keiner behandelt mich mehr wie einen schlecht dressierten Hund oder seufzt, wenn ich was sage. Nie mehr.« Es war so still nach Scipios Ausbruch, dass sie draußen im Garten eine Katze schreien hören konnten. »Ich glaub, wir sollten Signora Spaventos Angebot annehmen«, sagte Wespe in die Stille hinein. »Und wir sollten den Streit begraben, bis wir den Flügel dem Conte übergeben und das Geld von ihm bekommen haben. Schließlich haben wir im Moment genug Sorgen am Hals, auch ohne dass wir uns gegenseitig das Leben schwer machen, stimmt’s?« Sie sah zu Prosper und Bo hinüber. »Also, ist irgendwer gegen den Handel?« Keiner rührte sich.
»Dann ist es abgemacht«, sagte Wespe. »Der Handel gilt, Signora Spavento.«

Über den Dächern der Stadt graute schon der Morgen, als die Kinder aus Ida Spaventos Haus traten. Scipio schloss sich den anderen wortlos an, obwohl Riccio und Mosca auf dem ganzen langen Weg zurück zum Versteck kein Wort mit ihm wechselten. Manchmal blickte Riccio sich so feindselig zu Scipio um, dass Prosper sich vorsorglich zwischen die beiden schob. Den Flügel hatten sie bei Ida Spavento gelassen, sie wollte ihn mitbringen an dem Tag, an dem sie sich mit dem Conte treffen würden. »Wenn sich vorher nicht noch andere Diebe in mein Haus schleichen und ihn stehlen«, hatte sie zum Abschied gesagt.
Bo war so schläfrig, dass Prosper ihn die letzte Hälfte des Weges auf dem Rücken tragen musste, doch als sie endlich das Kino erreichten, müde und mit schweren Füßen, war Bo plötzlich wieder hellwach. Also ließen sie ihn die Taube des Conte fangen. Glücklich stellte er sich unter den Korb, füllte seine Hand mit Körnern und streckte sie ihr entgegen, wie Victor es ihm auf dem Markusplatz gezeigt hatte. Die Taube ruckte mit dem Kopf und schielte argwöhnisch zu ihm hinunter, aber dann flatterte sie auf seine Hand. Bo zog kichernd die Schultern hoch, als sie sich an seinen Ärmel krallte. Vorsichtig trug er sie zum Notausgang, während sie hektisch nach den Körnern zwischen seinen Fingern pickte. »Geh zum Kanal mit ihr, Bo!«, flüsterte Mosca, als er ihm die Tür aufhielt.
Draußen war es inzwischen hell, ein kalter Morgen. Die Taube plusterte sich auf und blinzelte verwirrt, als Bo mit ihr ins Freie trat. Zwischen den eng stehenden Häusern ließ sie die Flügel angelegt. Erst unten am Kanal, wo der Wind ihr ins Gefieder fuhr und ihr die Federn sträubte, schwang sie sich von Bos Hand in die Luft. Hinauf in den Morgenhimmel stieg sie, der fast so grau wie ihre Federn war, und flog schneller und schneller, bis sie hinter den Schornsteinen der Stadt verschwunden war. »Wann sollen wir uns die Nachricht vom Conte bei Barbarossa abholen?«, fragte Prosper, als sie fröstelnd ins Kino zurückkehrten. »Schon am Tag, nachdem wir die Nachricht losgeschickt haben? Da kann sie nicht allzu weit fliegen müssen.«
»Tauben fliegen am Tag Hunderte von Kilometern«, antwortete Scipio. »Sie würde es bis zum Abend leicht nach London oder Paris schaffen.« Als Wespe ihn ungläubig ansah, setzte er hinzu: »Habe ich gelesen.« Nicht in dem arroganten Ton, den er früher so gern benutzt hatte, sondern verlegen, fast entschuldigend. »Na, es ist ja wohl nicht gerade wahrscheinlich, dass der Conte in Paris wohnt«, sagte Riccio verächtlich. »Aber ist ja auch egal. Die Taube ist unterwegs und du

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