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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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Augen. »Vor dem Haupteingang ist jemand«, las er stockend vor. »Vielleicht Polizei. Wir nehmen den Fluchtweg. Kommt zum Treffpunkt für Notfälle. Wespe.«
»Das hört sich nicht gut an!«, flüsterte Mosca. Prosper starrte den Zettel an.
»Verdammt! Ich wusste es! Warum habt ihr nicht auf mich gehört?« Riccio trat die Bücherstapel um, einen nach dem anderen.
»Wie konntet ihr diesem Schnüffler trauen? Sein Ehrenwort! Er hat uns verraten. Da seht ihr, was der unter Ehrenwort versteht!«
Prosper hob den Kopf. Er konnte es nicht glauben, aber es gab keine andere Erklärung. Riccio hatte Recht. Nur Victor konnte das Versteck verraten haben. Wortlos stopfte Prosper sich Wespes Zettel in die Hosentasche und begann wie wild zwischen ihren Kissen herumzuwühlen.
»Was suchst du da?«, fragte Mosca. Prosper antwortete nicht. Aber als er sich aufrichtete, hatte er eine Pistole in der Hand, die Pistole, die er selbst aus Victors Tasche gezogen hatte. »Tu das Ding weg, Prop!« Mosca trat ihm in den Weg. »Was willst du damit? Den Schnüffler umlegen? Wir wissen doch gar nicht, ob er uns verpfiffen hat.«
»Wer sonst?« Prosper steckte die Pistole in seine Jacke und drängte sich an Mosca vorbei. »Ich geh zu ihm. Wenn ich ihm seine eigene Pistole unter die Nase halte, wird er mir schon sagen, ob er es war.«
»Red nicht so einen Unsinn!« Mosca versuchte ihn festzuhalten. »Jetzt gehen wir erst mal zum Treffpunkt.«
»Wo soll der denn sein?« Prosper zitterte. Er hatte das Gefühl, dass seine Beine im nächsten Moment nachgeben würden. »Ach ja, davon wissen Bo und du ja gar nichts. Wespe hat ihn ausgesucht: Es ist der Cagalibri, der Bücherscheißer, auf dem Campo Morosini.«
Prosper nickte. »Gut, dann lasst uns gehen! Worauf wartet ihr?«
»Und was machen wir mit dem Geld?« Riccio starrte die anderen beiden an wie ein erschrockenes Kaninchen. »Und unsere Sachen, die sind doch jetzt nicht mehr sicher hier.«
»Wir nehmen nur das Geld mit«, antwortete Mosca ungeduldig.
»Das andere können wir später holen. Ist doch sowieso nichts Wertvolles dabei. Und vielleicht ist es ja bloß falscher Alarm.« Mosca stopfte sich das Geld unter die Jacke, das sie noch vom letzten Handel mit Barbarossa übrig hatten, und Riccio nahm die Tasche des Conte. Einmal sahen sie sich noch um, als wären sie nicht sicher, dass sie je wiederkommen würden. Dann löschten sie die Kerzen und machten sich auf den Weg. Sie rannten fast den ganzen Weg zum Campo Morosini. In den Gassen öffneten schon die ersten Läden, obwohl der Himmel noch dunkel war. Lastkähne schoben sich unter den Brücken hindurch und brachten Lebensmittel in die Stadt, Müllschiffe schafften den Abfall des vergangenen Tages fort. Die Stadt erwachte, aber die drei Jungen merkten es kaum. Während sie durch die dunklen Gassen rannten, malten sie sich tausend Dinge aus, die Bo und Wespe zugestoßen sein konnten, und je näher sie dem Campo Morosini kamen, desto furchtbarer wurden die Bilder. Schwer atmend erreichten sie das Denkmal, den Mann mit dem Bücherstapel hinter sich, Niccolò Tommaseo hieß er, aber in der Stadt nannte man ihn nur den Cagalibri, den Bücherscheißer. Wespe war nicht da und Bo auch nicht. Daran änderte sich nichts, so gründlich die drei sich auch umsahen.
Ohne ein Wort drehte Prosper sich wieder um und rannte weiter. »Prop!«, rief Mosca ihm nach, während Riccio sich die schmerzenden Seiten hielt. »Es ist weit bis zu dem Schnüffler. Willst du etwa die ganze Zeit rennen?« Aber Prosper blickte sich nicht einmal um. »Komm!«, sagte Mosca und zog den schnaufenden Riccio weiter. »Wir müssen ihm nach, sonst macht er noch eine Dummheit.«

Scipio hatte Ida gebeten, ihn zwei Brücken entfernt vom Haus seines Vaters abzusetzen. Er wollte noch ein paar Schritte am verschneiten Kanalufer entlanggehen, in der kalten Luft, die ihm das Gefühl gab, frei und stark zu sein. Er durfte nur nicht an die anderen denken. Oder an das große Haus, das ihn gleich wieder zahm und so klein machen würde. Scipio zog mit den Absätzen Muster in den dünnen Schnee, dann hockte er sich hin und malte mit dem Finger einen Flügel an den Rand des Kanals. Als er den Kopf hob, sah er das Polizeiboot. Es lag nur ein paar Meter entfernt vom Haus seiner Eltern.
Erschrocken richtete Scipio sich auf. Seine Gedanken überschlugen sich. Konnte das irgendetwas mit dem Conte zu tun haben? Nur gut, dass er die Tasche mit dem Geld nicht dabeihatte. »Ach was, unmöglich!«,

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