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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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flüsterte er und bekam vor Aufregung kaum den Schlüssel ins Schloss. »Die sind bestimmt drüben bei Signor Veronese. Bei dem geht doch die Alarmanlage schon los, wenn eine Taube aufs Dach kackt.« So lautlos wie möglich öffnete er das Tor, froh, dass sein Vater die Riegel nicht vorgeschoben hatte. Zwischen den Säulen brannte wie immer ein Licht. Auf dem Hof rührte sich nichts. Mit angehaltenem Atem schlich Scipio zur Treppe. Er war ein Meister im Schleichen. Aber diesmal waren seine Bemühungen umsonst. Er hatte schon den Fuß auf der ersten Stufe, als ihm von oben Stimmen entgegenschallten. Schuldbewusst hob er den Kopf – und blieb wie angewurzelt stehen: Zwei Carabinieri kamen die Treppe herunter, mit Wespe. Sie wirkte so klein und schmal zwischen den beiden blau uniformierten Männern, die über irgendeinen Witz lachten, den sein Vater offenbar erzählt hatte. Sein Vater.
Er stand oben an der Brüstung. Als sein Blick auf Scipio fiel, runzelte er die Stirn. Das selbstzufriedene Lächeln verschwand von seinen Lippen und machte dem üblichen Gesichtsausdruck Platz, den er bei Scipios Anblick aufsetzte: Ungeduld, Unzufriedenheit, ärgerliche Verwunderung.
»Meine Herren!«, rief er mit der Stimme, die Scipio so gern nachahmte, weil ihr Klang viel eindrucksvoller war als der seiner eigenen. »Sie sehen, die Sache hat sich erledigt. Mein Sohn hat doch beschlossen nach Hause zu kommen, wenn auch zu sehr unpassender Zeit. Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Aber das beweist ja wohl, dass er mit diesen Kindern, die im STELLA untergekrochen sind, nichts zu tun hat.«
Scipio biss sich auf die Lippen und sah zu Wespe hoch. Sie hatte den Schritt verlangsamt, als sie ihn bemerkte. »Kennst du den Jungen?«, fragte einer der Polizisten. Sein Schnurrbart war dunkel und schmal. »Nun sag schon.« Aber Wespe schüttelte nur den Kopf.
»Wo wollen Sie mit ihr hin?«, rief Scipio. Er erschrak vorm Klang seiner eigenen Stimme, so schrill und hoch war sie. Der Polizist mit dem Schnurrbart lachte, während der andere Wes pes Arm packte. »Oh, glaubst du, du musst sie beschützen? Ein kleiner Kavalier, was? Keine Sorge, wir haben sie niemandem gestohlen. Sie ist ein freches Ding, will uns nicht ihren Namen verraten. Wir sind nur mit ihr hergekommen, weil wir dachten, dein Vater könnte von ihr etwas über dein Verschwinden erfahren.«
»Unser Mädchen, Scipio, hat mich völlig hysterisch von meiner Einladung zuückgeholt!«, rief Dottor Massimo von oben herab. »Weil sie dich um Mitternacht nicht in deinem Bett vorfand, und kurz nach meiner Rückkehr ruft die Polizei hier an, um mir mitzuteilen, dass im STELLA, dem Kino, das ich habe schließen lassen, eine Bande elternloser Kinder aufgegriffen worden ist. Ich habe den Herren gleich erklärt, dass dein Verschwinden damit in keinem Zusammenhang stehen dürfte. Welche kindische Laune hat dich mitten in der Nacht aus dem Haus gelockt? Bist du irgendeiner herrenlosen Katze nachgelaufen?« Scipio antwortete nicht. Er versuchte verzweifelt, nicht ständig zu Wespe hinaufzustarren. Sie sah so traurig aus, so verloren. Gar nicht wie die Wespe, über die er sich so oft geärgert hatte. »Ich wollte mir bloß den Schnee ansehen«, murmelte er. »Ah ja, der Schnee, der macht nicht nur die Kinder verrückt!«, sagte der schnurrbärtige Carabiniere und zwinkerte Scipio zu, während der andere Polizist Wespe die Treppe hinunterschob. »Lassen Sie mich los, ich kann allein gehen!«, fuhr Wespe ihn an. Sie sprang die letzte Stufe hinunter und drängte sich mit gesenktem Kopf an Scipio vorbei. »Bo ist bei seiner Tante!«, flüsterte sie ihm zu.
»He, he, nicht so eilig, ja?«, schnauzte der Polizist, von dem sie sich losgerissen hatte, und packte ihren schmalen Nacken. » Buona notte, Dottor Massimo!«, riefen die Carabinieri, bevor sie zwischen den Säulen verschwanden. Wespe drehte sich nicht noch einmal um.
Zögernd stieg Scipio die Treppe hinauf. Er hörte, wie das Eingangstor zuschlug.
Sein Vater blickte ihm wortlos entgegen.
Wer hat das Versteck verraten?, dachte Scipio. Was ist mit den anderen? Was ist mit Prosper, Mosca und Riccio? Wieso ist Bo bei seiner Tante?
»Also, wo kommst du wirklich her?« Sein Vater musterte ihn von Kopf bis Fuß. Scipio glaubte seine Gedanken hören zu können. Bestimmt fragte er sich wieder einmal, was er mit diesem seltsamen Wesen zu tun hatte, das er seinen Sohn nannte: nicht so groß wie er, nicht so klug, interessant, arbeitsam wie er, nicht so

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