Herr der Finsternis
Portugiesen, die, wie ich nun sah, ein kurzes Stück vor uns auf der Straße gewartet hatten.
Die Stadt war in der Tat friedlich. An jeder Ecke des Platzes und vor jedem der wichtigsten Gebäude hatten Soldaten Wache bezogen und auch vor dem Jesuitenkloster und vor dem Palast Don Joãos. Sonst war niemand in Sicht noch gab es irgendein Lebenszeichen. Welche Umwälzungen auch immer heute morgen in São Paulo de Luanda stattgefunden hatten, sie hatten sich schnell vollzogen; und sie waren, wie ich kurz darauf erfuhr, völlig ohne Blutvergießen vonstatten gegangen, was mich sehr erstaunte.
Die Lage war so, wie der Soldat sie beschrieben hatte. In Ungnade gefallen und überaus entmutigt, hatte Don Francisco sein Amt heute morgen aufgegeben, oder man hatte es ihm genommen. Er hatte sich nun zurückgezogen und schickte sich an, mit jenem Schiff, das gerade eingetroffen war, nach Brasilien aufzubrechen.
Es war zu einem kurzen, doch überaus stürmischen Ratstreffen gekommen, bei dem man Don Jeronymo und Don João für das Amt vorgeschlagen hatte, und die Gefolgschaft Don Jeronymos hatte klargemacht, daß sie die stärkere Position innehatte. Don João hatte seine Bewerbung zurückgezogen, doch erst, nachdem wütende Worte gefallen waren und ein Vetter Don Jeronymos, Baltharsar d’Almeida, und ein gewisser João de Velloria sogar Messer gezückt hatten. Dieser Velloria, ein Spanier, hatte seit vielen Jahren als Soldat in Angola gedient und galt als einer der kühnsten Soldaten dieser Gegend, nachdem er sich in einem Kampf gegen die Eingeborenen ausgezeichnet hatte. Er war überdies ein getreuer Verbündeter der Jesuiten. Aus diesem Grund lehnte er den gesamten Clan der d’Almeidas ab und hatte die Seite von Don João de Mendoça unterstützt, was jedoch nichts nützte; und bei den hitzigen Worten, die danach fielen, hatten entweder er oder Balthasar – das ist nicht bekannt – die Mutter des jeweils anderen verflucht. Don João hatte Velloria und Balthasar heftig gedrängt, ihre Waffen einzustecken, und um der Ruhe in der Stadt willen Don Jeronymo seinen Gehorsam bekundet. Nun weilte Don João unter Bewachung in seiner Residenz, João de Velloria unter schärferer Bewachung in der Festung, und Don Jeronymo d’Almeida übte die Herrschaft über die Stadt aus.
Meine eigene Lage, so hatte es den Anschein, war mißlich. Dem barschen Ton, den der Soldat mir gegenüber angeschlagen hatte, als ich mit Barbosa zur Stadt ging, entnahm ich, daß ich als Verbündeter der Fraktion Don Joãos angesehen wurde und daher tief aus der Gunst gefallen war. Und es zeigte sich, daß dies tatsächlich der Fall war. Als ich meine kleine Hütte erreichte, stellte ich fest, daß all meine Diener verschwunden waren und zwei verdrossene Portugiesen als Wachen vor meiner Schwelle standen.
»Sorgt Ihr dafür, daß mein Haus nicht von Löwen heimgesucht wird?« fragte ich freundlich.
Nicht so freundlich erwiderten sie: »Geh hinein und bleibe drinnen, Engländer!«
Ich tat, wie sie mich hießen. Dies war keine Zeit für Heldentaten. Obwohl ich eine lange Zeit unter dem Anschein von Freiheit hatte verbringen dürfen, war ich offiziell noch immer ein Kriegsgefangener an diesem Ort. Meine Privilegien waren aus dem zufälligen Umstand erwachsen, daß Gouverneur Serrão mich in die Dienste Portugals genommen hatte, indem er mich als Lotse einsetzte, und Don João diese Privilegien dann erneuert hatte, doch Serrão war schon lange tot und Don João gestürzt, und aller Wahrscheinlichkeit nach war ich mit ihm gestürzt. Ich schätzte mich glücklich, nur unter Hausarrest zu stehen. Es konnte gut sein, dachte ich, daß ich bis zum Anbruch der Nacht wieder in Ketten in dem vertrauten alten Kerker am Hügel lag. Don Jeronymo hatte schließlich keinen Grund, einen Engländer an die Brust zu drücken, besonders nicht, wenn dieser seinem Feind Don João treu ergeben war.
Daß ich nicht in den Kerker ging, verdankte ich einzig dem guten Steuereinschätzer Barbosa. An diesem Nachmittag und in der Nacht blieb ich in meinem Haus, wurde von niemandem besucht und bekam nichts zu essen und zu trinken; und am Morgen wurde ich mit weniger barschen Worten als zuvor zum Regierungspalast bestellt. Im Raum des Bewahrers der Steuerrolle fand ich Barbosa, der müde und in den Kleidern des gestrigen Tages ungewohnt schäbig aussah, als habe er überhaupt nicht geschlafen. Er hieß mich, Platz zu nehmen, und sagte: »Hat man dich schlecht behandelt?«
»Abgesehen
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