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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Gesellschaft haben, und ich hoffe, Ihr werdet die Nachrichten mit mir teilen, die Ihr von der Welt dort draußen bringt. Denn ich bin mächtig neugierig, was sich dort abgespielt hat.« Und ich lachte. »Ja, wie seltsam es ist, Senhor Barbosa, daß ich hier ausharre und gedeihe, und nun werde ich sogar von einem Beamten des portugiesischen Hofes zum Essen geladen! Das habe ich mir wahrlich nicht vorgestellt, als ich nach Amerika aufbrach. Es gibt Zeiten, Senhor, da mir dieses Abenteuer nur wie ein Traum erscheint.«
    »Aus dem du bereitwillig erwachen würdest, schätze ich, wenn du dich danach in deinem Bett in England wiederfändest.«
    »Aye, vielleicht. Doch wenn ich erwache, fühle ich statt dessen die Hitze und Feuchtigkeit an meiner Haut und sehe die seltsamen, schweren Bäume mit scharlachroten Blüten hinter meinem Fenster, und höre, wie die Tiere Afrikas in ihrem Dschungel schreien. Und ich weiß, daß es kein Traum ist.«
    »Dann denke doch, daß es ein Traum in einem Traum ist. Du bist immer noch in England.«
    »Das ist eine schöne Vorstellung, Senhor Barbosa«, sagte ich und lächelte dabei. »Ach, wäre es doch nur so!«
    Barbosas Besitztümer waren nun aus dem Schiff entladen worden, und Sklaven kamen, um ihn in die Stadt zu bringen, wobei sie ihn in einer Art Sänfte trugen, die ähnlich wie eine Hängematte aus Stricken gefertigt war. In ganz Angola und dem Kongo ist es Brauch, daß hohe Persönlichkeiten in solchen Hängematten getragen werden, wenn sie ausgehen, besonders in der Regenzeit, wenn die Straßen schlammig sind. Barbosa bat mich, ihn zu begleiten; doch es war keine andere Sänfte zur Hand, und wir wollten nicht warten, während die Schwarzen in die Stadt zurückkehrten, um eine zweite zu holen, und Barbosa wollte nicht, daß ich neben ihm herging, während er getragen wurde. Dann schlug der erste Sklave vor, zwei oder drei der stärksten Schwarzen könnten mich auf ihren Armen tragen, doch das schien mir absurd und höchst unangenehm. Am Ende entließen wir schließlich die Sklaven und gingen zu Fuß zur Stadt, was für einen Mann von Barbosas Rang wohl kein angemessenes Verhalten war.
    Als wir noch ein ganzes Stück von der Stadt entfernt waren, kam ein junger Portugiese aus der Soldateska herbeigelaufen und blieb stehen, als er Barbosa sah. Er war in voller Rüstung und dampfte vor Schweiß. Etwas überrascht, uns zu Fuß zu sehen, salutierte er und sagte, wobei er um Atemluft rang: »Ich suche den Steuereinschätzer Lourenço Barbosa, der gerade aus Brasilien eingetroffen ist.«
    »Der bin ich«, sagte Barbosa.
    »Ich habe den Auftrag, Euch zu berichten, daß Gouverneur Don Francisco d’Almeida heute morgen von seinem Amt zurückgetreten ist und daß Ihr Euch umgehend bei seinem Bruder Don Jeronymo melden möchtet, der auf die dringliche Forderung des Rats die Regierungsgeschäfte übernommen hat.«
    »Ah«, sagte Barbosa, und er und ich wechselten einen Blick. »Dann ist in der Stadt alles friedlich?«
    »Alles ist friedlich«, sagte der Soldat.
    »Und wie ist es Don João de Mendoça ergangen?« fragte ich.
    Der Soldat musterte mich, als sei ich eine Schlange mit Beinen. »Ich habe keine Anweisungen, mit dir zu sprechen, Engländer.«
    Für diesen Hochmut hätte ich ihn bereitwillig erschlagen, wäre ich nicht unbewaffnet und er in Leder und Stahl gekleidet gewesen. Doch Barbosa leitete meinen plötzlichen Zorn ab, indem er freundlich sagte: »Seine Frage hat auch für mich Bedeutung. Bitte sprich.«
    »Don João ist zu seiner eigenen Sicherheit in Schutzhaft genommen worden, da es unter d’Almeidas Anhängern einige gibt, die Drohungen gegen ihn ausgestoßen haben. Doch er ist unverletzt und nicht in Gefahr.«
    »Erkundigt Euch nun nach den Jesuitenvätern«, erbat ich von Barbosa.
    Doch der Soldat war nun geneigt, mir direkt zu antworten. »Die Jesuiten befinden sich in ihrem Kloster. Don Jeronymo wird sich morgen mit ihnen treffen, um mit ihnen über eine Aussöhnung der staatlichen und geistlichen Mächte der Stadt zu sprechen.«
    »Dann ist alles gut«, sagte Barbosa. »Komm, gehen wir zum neuen Gouverneur, und erweisen wir ihm unsere Aufwartung.«
    »Habt Ihr keine Träger?« fragte der Soldat.
    »Ich habe sie fortgeschickt. Ich habe viele Wochen an Bord eines kleinen Schiffes verbracht und muß meinen Beinen Bewegung verschaffen.« Dabei lächelte Barbosa überaus freundlich, und wir gingen weiter, nun eskortiert von dem Soldaten und einem halben Dutzend anderer

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