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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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neidisch. »In der Stadt ging dieses Gerücht herum. Sie hat dich oft besucht, sowohl als du in der Festung warst wie auch nach deiner Freilassung, und wir dachten, sie wolle vielleicht nicht nur über das Wetter sprechen oder mit dir würfeln. Wir sprachen oft von deinem Glück, als Sklave hierher zu kommen und dich dann auf einmal in den Armen Doña Teresas wiederzufinden.«
    »Glaubst du, daß auch Don João diese Geschichten gehört hat?«
    »Ich weiß nicht, was Don João gehört hat und was nicht, denn wir waren schließlich keine engen Gefährten.«
    Ich schloß die Augen, umfaßte hart die Branntweinflasche, nahm einen Schluck daraus und stürzte ihn herunter. Er beruhigte mich etwas, doch hinter dem Brennen des Branntweins in meinem Magen war ein anderes heißes Feuer der Qual, das Doña Teresa und auch Don João galt, obwohl letzterem auf andere Art. Es erstaunte mich, daß ich so tief um einen Portugiesen und eine Mischlingsfrau trauerte, war ich doch ein Engländer und der schönen blonden Anne Katherine versprochen, die meiner Erinnerung immer mehr entglitt; doch so war es, und ich sah die Tiefe der Veränderung in mir, erkannte, wie sehr mich diese afrikanische Welt vereinnahmt hatte. Und ich sah auch, wie schrecklich dieser Ort war und daß überall viele Gefahren lauerten, all diese Verschwörungen und Gegenverschwörungen, von denen ich nichts argwöhnte, die mich wie Riffe und Eisberge und treibende Eisschollen umgaben; und auch über mich waren Gerüchte im Umlauf, und ich stand insgeheim unter geheimer Überwachung, die sehr schnell zu einer tödlichen Verschwörung werden konnte. Ich dachte lange darüber nach, während Mendes Oliveira mich betrachtete, zu verängstigt vor mir, um zu sprechen oder sich zurückzuziehen.
    Schließlich verkorkte ich die Flasche, erhob mich und sagte: »Wir werden nicht mehr über diese Dinge sprechen, ja? Doch ich danke dir für alles, was du gesagt hast, und ich bitte dich erneut, mir meinen Wahnsinn gegen dich zu verzeihen. Und ich werde für alle anderen Ratschläge, die du mir geben kannst, dankbar sein, sollte ich auch in Zukunft in Gefahr geraten. Abgemacht?«
    »Abgemacht, Piloto.«
    Und er trat rückwärts aus der Kabine heraus, froh, nehme ich an, sie verlassen zu können.

8
    Während des Rests dieser Reise nach São Tomé dachte ich an Doña Teresa und oft auch an Don João de Mendoça, und das Wissen um ihr Schicksal lag auf meiner Brust wie ein kalter Stein, der zwischen meinen Rippen steckte und nicht verschwinden wollte. Niemals verlor ich die Hoffnung, daß sie doch überlebt hatten, doch meine Überzeugung, daß sie verloren waren, überwog. Als die Tage verstrichen, sickerte dieser dumpfe, schwere Schmerz des Wissens um den Verlust jedoch in einen tieferen Grund meines Bewußtseins; er löste sich nicht auf, er verstrich nicht, beschäftigte mein Denken jedoch nicht mehr ständig.
    Ich glaube, daß dies ein natürlicher Heilungsprozeß war. Ich hatte ihn zuvor durchlebt, als Menschen gestorben waren, die meiner Seele viel näher gestanden hätten, etwa mein Vater, mein Bruder und meine frühere Frau Rose. Wir vergessen niemals die Toten oder hören auf, ihren Verlust zu beklagen, doch die scharfe Kante des Schmerzes stumpft schnell ab, und wir lernen, mit der Leere zu leben, die in unser Leben getreten ist.
    Überdies war die Arbeit fürchterlich schwer, dieses Ankämpfen gegen schlechte und überaus widrige Winde, und ich hatte keine Zeit, mich dem Leid zu überantworten. Einige Nächte schlief ich überhaupt nicht, und andere nur in kurzen Augenblicken und Abschnitten, denn diese trockenen, scharfen Winde aus dem Norden drohten ständig, uns vom Kurs abzubringen und uns diagonal zu unserer wahren Richtung zu schicken.
    Ich konnte das Risiko nicht auf mich nehmen, ein weiteres Schiff zu verlieren. Und meine portugiesische Besatzung bestand aus überraschend törichten Seeleuten, die alles über das Meer wußten, nur nicht, wie man es überlistete, und ich mußte sie ein jedes Mal unterweisen, was sie zu tun hatten. Wenn die Seeleute, sagte ich mir oft, die auf den Schiffen von Prinz Heinrich dem Navigator und den anderen großen Portugiesen alter und hoher Reputation gedient hatten, denen auf meinem Schiff geglichen hätten, dann hätten sie sich aus reiner Torheit selbst versenkt, noch bevor sie Cadiz erreicht hätten. Doch es war einhundertundfünfzig Jahre her, daß die Portugiesen die Tiefen Afrikas entdeckt und zum ersten Mal das Bona

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