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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Adams.
    Dies ist ein Ort, an dem man mit den Seelen von Männern und Frauen und Kindern handelt, was ein überaus furchterregender und sehr grausamer Handel ist. Sklaverei ist eine altbekannte Sache in Afrika, die der Ankunft der Weißen lange vorausging, und so, wie sie die Afrikaner gehandhabt haben, war sie nicht verwerflicher als viele andere Gebräuche auf der Welt, schätze ich. Doch die Portugiesen haben sie hier in São Tomé zu etwas überaus Monströsem kultiviert.
    Sklaven sind für das Volk von Angola und Loango und des Kongos einfach eine Ware. Sie werden bei Kriegen zwischen den Stämmen genommen oder von ihrem eigenen Stammesvolk verkauft, um Schulden zu begleichen oder Darlehen abzusichern, oder sie werden als Bestrafung für Diebstahl, Mord oder Notzucht in die Knechtschaft geschickt. Einmal Sklave, hat man keinen Rang mehr im Land, sondern ist einfach ein Stück Besitz, das vererbt oder weitergegeben werden kann, wie der Besitzer es möchte. Doch abgesehen von dem Mangel an Freiheit leben Sklaven kaum anders als freie Männer.
    Das Gesetz schreibt vor, daß sie anständig behandelt, gut ernährt und untergebracht und in jeder Hinsicht versorgt werden müssen. Sie haben die Erlaubnis zu heiraten, selbst jemanden, der dem Rang nach frei ist, und wenn sie fleißig sind, können sie genug sparen, um sich ihre Freiheit zu erkaufen, obgleich dies nur die wenigsten tun. Nach einiger Zeit zählen Sklaven praktisch zur Familie des Besitzers: In der Tat gibt es einen Unterschied zwischen alteinsässigen Sklaven und den neuesten Erwerbungen des Besitzers, wobei der einen Gruppe viele Privilegien zukommen; sie werden Bana nkulu genannt, »Kinder der Vergangenheit«, während die anderen Bana mpa sind, »neue Kinder«.
    All dies habe ich mit eigenen Augen gesehen. Ich würde niemals der Sklave eines anderen sein wollen; und doch kann ich bescheinigen, daß jene Sklaven, die die Sklaven anderer Schwarzer in Afrika sind, kein übermäßig hartes Leben führen, etwa wie die Leibeigenen und Bauern unserer alten Zeiten in Europa. Doch wie sehr unterscheidet sich das davon, was die Portugiesen aus diesem Brauchtum der Sklaverei gemacht haben!
    Ich glaube, sie verstehen nicht, daß die Sklaven auch Menschen sind. Sie betrachten sie einzig als Handelsgüter, wie die gebogenen Stoßzähne der Elephantos oder die vielen Pfeffersäcke; etwas, das man schnell auf den Markt bringen und zum besten Preis verkaufen muß. Starke Sklaven sind kostbar, schwache oder kränkliche werden wie lahme Pferde aussortiert.
    Die Nachfrage für diese Handelsware ist gewaltig, da es in der Neuen Welt große Plantagen gibt, die bewirtschaftet werden müssen, und weil die Indianer Brasiliens oder der Westindischen Inseln schlechte Arbeiter sind, die lieber fortlaufen oder sterben, als ihren Herrn zu dienen. Doch die Mohren sind gute Arbeiter und werden zu Tausenden und Abertausenden dorthin geschickt.
    Die Sklavenjäger von São Tomé ziehen die gesamte Küste entlang, gehen tief landeinwärts, umzingeln ihr menschliches Eigentum und treiben es zur Insel. Wo es alteingesessene Sklavenmärkte gibt, kaufen die Portugiesen die Männer und Frauen oder tauschen Schnaps und Schießpulver und ähnliches gegen sie ein. Doch sie nehmen sie auch mit Gewalt, indem sie in den Dschungel gehen und harmlose Menschen aus ihren Leben reißen. Wie ich Euch schon erzählt habe, sind die Portugiesen von São Tomé zu den Inseln in der Mündung des Zaire gefahren und haben für ein paar Körnchen Getreide den verhungernden Eltern ihre eigenen Kinder abgekauft, als die Jaqqas den Kongo verwüstet und dort eine Hungersnot ausgelöst hatten. Doch das ist nicht das schlimmste. Denn daraufhin wurden diese Menschen, als sie erst einmal versklavt waren, nackt, schlecht ernährt und aneinandergekettet unter großen Unannehmlichkeiten auf die Insel geschafft, auf Schiffe verladen und ohne Rücksicht auf ihr Wohlergehen oder Befinden nach Amerika geschickt.
    Während ich auf meine Audienz bei dem Gouverneur von São Tomé wartete, hatte ich ausführlich Gelegenheit, das Treiben auf dem Sklavenmarkt zu beobachten, und es betrübte mich zutiefst. Jeden Tag trafen neue Sklaven vom Festland ein und wurden in einen gewissen Schuppen gebracht, um mit einem heißen Eisen gebrandmarkt zu werden, wie wir Schafe brennen. Eines Tages beobachtete ich ein solches Brandmarken; die Sklaven standen in einer Reihe nebeneinander und sangen ein Lied ihres Volkes, das wie mundele que sumbela he

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