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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Sperenza umrundet hatten, und ich nehme an, einhundertundfünfzig Jahre reichen aus, daß eine Rasse dekadent und einfältig wird, obwohl Gott verhüten möge, daß dies auch England bevorsteht.
    Doch irgendwie brachte ich die Pinasse sicher nach São Tomé, einem Ort, der in dunklem Ruf steht und dem ich keine Liebe entgegenbringe.
    Diese Insel ist der Mittelpunkt des Sklavenhandels, den die Portugiesen in Afrika aufgebaut haben. Es ist eine kleine Insel von ovaler oder fast runder Form, etwa fünfzehn Meilen in der Länge von Norden nach Süden und zwölf in der Breite von Osten nach Westen. Sie erhebt sich einhundertundachtzig Meilen { * } vor dem Festland, direkt gegenüber der Mündung des Flusses namens Gabon. Die bedeutendste Hafenstadt von São Tomé liegt im nördlichen Teil der Insel, direkt unter dem Erdäquator.
    Die Portugiesen waren seit über einhundert Jahren im Besitz dieser Insel. Ihr Klima ist sehr ungesund, und bei der Errichtung der frühen Siedlungen ist eine große Anzahl Männer gestorben. Doch als jene Juden, die sich nicht taufen lassen wollten, im Jahre 1493 aus Portugal vertrieben wurden, hat man Tausende von ihnen auf diese Insel verbannt und gezwungen, schwarze Frauen zu heiraten, die man aus Angola hergeschafft hatte, und so im Laufe der Zeit eine Mulattenrasse geschaffen, die die derzeitige Bevölkerung der Insel ausmacht. Von der Abstammung her halb Juden und halb Mohren, sind sie heute dennoch Christen und brüsten sich damit, wahre Portugiesen zu sein; doch ihre Konstitution ist von Natur aus wesentlich besser dazu geschaffen als die von Europäern, die Bösartigkeit der Luft dort zu ertragen. Es gibt hier aber auch eine Anzahl Portugiesen, die schlußendlich ein Rassengemisch vervollständigen, das zu verworren ist, um noch einigermaßen durchschaubar zu sein.
    Ich führte die Doña Leonor in den Hafen der Stadt, die in einer Bodensenke zwischen zwei Flüssen liegt. Es ist eine Stadt von etwa vierhundert Häusern, die meisten davon etwa zwei Stockwerke hoch und alle mit flachem Dach und aus einer harten, schweren, weißen Holzart erbaut. Ein steinerner Festungswall schützt sie auf der Seeseite, und auf einem Hügel über ihr erhebt sich die gut befestigte Burg des Ortes, an die ich mich noch gut erinnerte, da ihre Kanonen schweres Feuer auf uns abgaben, als die Schiffe Abraham Cockes anno 1589 hier vorbeikamen. Wir waren zu einer unfreundlichen Jahreszeit eingetroffen; doch andererseits sind hier alle Jahreszeiten unfreundlich. Es gibt zwei Regen- und zwei Trockenzeiten in São Tomé, wobei der Regen bei jeder Tagundnachtgleiche einsetzt, wenn die Sonne, die genau senkrecht am Himmel steht, dem Meer soviel Wasser entzieht, daß es wie Noahs Sintflut als Regen vom Himmel tropft. Die Dämpfe, die sich unter der gewaltigen Hitze aus den schwarzen Sümpfen erheben, erschaffen einen dichten, stinkenden Nebel, der die Luft übel macht, und nötigen die Einheimischen, zu solchen Zeiten daheim zu bleiben. Doch die tiefstehenden Wolken schirmen den Ort wenigstens vor dem schlimmsten Zorn der Sonne ab, die in der Trockenzeit unerträglich ist, wie es der Fall war, als wir eintrafen: Der Boden erwies sich als so brennend heiß, daß es kaum möglich war, ohne Korkrindensohlen unter den Füßen auf ihm zu schreiten.
    Dies ist ein überaus fruchtbarer Ort. Das Erdreich ist im allgemeinen fett und von gelber und weißer Erde durchsetzt, die durch den Tau der Nacht und den extremen Regen der feuchten Jahreszeit sehr fruchtbar ist; viele Arten von Früchten und Pflanzen gedeihen darauf, und in Sumpfgründen wachsen in kurzer Zeit erstaunlich hochragende Bäume. Man pflanzt hier Ingwer an und Manioksträucher, die mannsbeinhoch wachsen, und vier Arten von Kartoffeln und vieles mehr. Eine bedeutende Pflanze ist das Zuckerrohr: Auf dieser Insel gibt es etwa siebzig Häuser oder Mühlen, in denen Zucker hergestellt wird, und jede Mühle wird von vielen Hütten umgeben, so daß man beinahe von Dörfern sprechen könnte, und in jedem dieser Dörfer leben etwa dreihundert Menschen, die für diese Arbeit abgestellt sind. All diese Mühlen stellen insgesamt etwa fünfzehnhundert Tonnen braunen Zucker her. Das Rohr wächst erstaunlich hoch, ergibt aber nicht so viel Saft wie das in Brasilien, vielleicht, weil es zu oft regnet. Man pflanzt hier ebenfalls Baumwolle und auch Weizen und Wein und noch mehr.
    Doch die bedeutendste Frucht von São Tomé, die mit großem Eifer geerntet wird, entspringt dem Samen

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