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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Universums, ein stolzes und edles Geschöpf Gottes? Wie konnte ich da sagen, diese eine soll verschont werden, diese eine verdient so eine Knechtschaft nicht, doch jene müssen bleiben?
    Und doch schien diese eine den anderen überlegen und solche Eigenschaften zu haben, daß es eine böse Sache war, sie zu versklaven. Ich weiß, darin liegt ein Denkfehler. Sklaverei ist kein Zustand, den man nur den Unterlegenen aufbürden kann. Wenn man ihn überhaupt jemandem aufbürden muß, dann sollte er allen gleichermaßen aufgebürdet werden, und wenn Gott bestimmt hat, daß die Schwarzen in Ketten nach Amerika verschifft werden, nun, dann sollten wir nicht gewisse Schwarze heraussuchen, die unsere Gunst erlangen, und sagen: Du bist eine Ausnahme, du bist zu gut für diesen Dienst. Und doch schrie mich die Ungerechtigkeit, dieses Mädchen in eine Art Lasttier zu verwandeln, mit hundert Zungen an. Sie hielt sich so aufrecht, sie schien offensichtlich solche ungewöhnlichen Eigenschaften des Verstandes und Geistes zu haben, sie schien so weit über den Wilden zu stehen, mit denen sie den Corral teilte, daß es mir überaus ungerecht erschien, sie in die Versklavung zu schicken.
    Ich konnte sie nicht alle retten; ich sah nicht einmal die Notwendigkeit oder den Wert, sie alle zu verschonen; ich wünschte nur, diese eine zu verschonen. Daß sie etwas Portugiesisch sprach und sich als Christin bekannte, hob sie in meinen Augen schon als jemanden heraus, dem die Sklaverei erspart bleiben sollte; denn wenn wir das Versklaven von Christen begünstigen, nun, dann würde es kein Ende mehr geben, und bald würden wir alle einander versklaven, wie die üblen Türken und Mohren gefangengenommene christliche Seefahrer versklaven, um die Ruder ihrer Galeeren zu bedienen. (Bei diesem hübschen Gedankengang hielt ich nicht inne, um zu bedenken, daß die Portugiesen mich trotz meiner hellen Haut und meiner bekannten Liebe zu Jesus einst versklavt und in ihrer Zuckermühle am Rio de Janeiro hatten arbeiten lassen.)
    Ich denke auch, ich sollte gestehen, daß mir die körperliche Schönheit des Mädchens aufgefallen war, ihre schlanken Glieder und hochstehenden Brüste und kühnen, hellen Augen. Ja, gestehe die ganze Wahrheit ein, Battell! Doch obwohl sie in meiner Gunst dadurch natürlich stieg, schwöre ich, daß ich sie nicht mit der Absicht erwarb, sie zu meiner Konkubine zu machen. Es ist nur, daß die Schönheit einer Frau ein mächtiges, eigenständiges Argument in einer Auseinandersetzung bildet, ob dies nun gerecht oder ungerecht sein mag. Und obwohl ich in meinen frühen Tagen in Afrika niemals das Vorhandensein von Schönheit bei schwarzen Frauen zur Kenntnis genommen und bis zu diesem Zeitpunkt niemals irgendeinen geschlechtlichen Verkehr mit einer vollzogen hatte, hatte ich mittlerweile über vier Jahre unter der heißen afrikanischen Sonne verbracht, und dieser Aufenthalt hatte zweifellos zu Veränderungen in meinem Blut geführt.
    In dem Buch Salomon, das das Hohelied Salomons oder das Lied der Lieder genannt wird, singt Salomons Braut: Nigra sum, sed formosa, filiae Jerusalem, was in unserer Sprache heißt: »Ich bin schwarz, aber anmutig, o ihr Töchter von Jerusalem«; und so war es bei dieser Matamba Isabel: schwarz, aber in meiner neuen Sicht der Dinge anmutig. Doch bei Gott schwöre ich, daß ich damals nicht im Sinn hatte, ihren Körper zu benutzen.
    Die einäugige, ungehobelte Wache kam zurück und sagte: »Hast du dich lange genug mit dieser Sklavin unterhalten? Sie muß in den Corral zurückkehren.«
    »Nay, sie wird nicht dorthin zurückkehren.«
    »Und du willst das also verhindern?«
    »Ich habe vor, sie zu kaufen. Wie ist ihr Preis?«
    Das Mädchen sprach offenbar genug Portugiesisch, um dies zu verstehen, denn sie warf mir einen Blick voller Erstaunen und Dankbarkeit zu. Doch der Portugiese zuckte nur die Schultern und sagte: »Das gibt es nicht, sie einfach zu verkaufen. Du kannst sie nicht haben.«
    »Ich brauche einen Sklaven. Auf dieser Insel werden Sklaven verkauft. Nenne mir den Preis, und ich werde ihn bezahlen.«
    »Ich sage dir, das gibt es nicht.«
    Erneut hob sich mein Temperament, und diesmal ergriff ich ihn, und meine Hand schloß sich so heftig um sein Hemd, daß der dünne, schweißgetränkte Stoff riß. Ich schüttelte ihn fürchterlich, daß sein eines Auge heftig rollte, stieß ihn von mir zurück und zog mein Schwert, bereit, es zu benutzen, falls er seinen üblen Säbel schwingen sollte. Doch er

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