Herr der Finsternis
diese Krankheit sehr, doch weder diese noch irgendeine andere befiel mich auf São Tomé. Auch erkrankte niemand aus meiner Besatzung, bis auf einen, der sich die Syphilis holte, die jedoch mit Bingelkraut geheilt wurde, was dem Mann allerdings große Schmerzen bereitete.
Während ich auf der Insel wartete, erwarb ich mir jedoch eine Sklavin.
Dies geschah sehr zu meinem Erstaunen, da das Sklavenhalten meiner Natur fremd ist. Fürwahr, wie Ihr wißt, hatte ich diese drei Sklaven in São Paulo de Luanda, doch die hatte man mir gegeben, ohne daß ich darum nachgesucht hatte, und ich hatte sie nur als Diener, nicht als Besitz betrachtet. Ich war niemals der Meinung, es sei für einen Engländer geziemend, das Leben eines anderen Mitmenschen zu besitzen. Und doch kaufte ich einen in São Tomé. Doch ich glaube, daß es aus guten und angemessenen Gründen geschah, und ich zögerte nicht und hatte auch keine Skrupel, es zu tun.
Es kam folgendermaßen dazu: Auf dem größten Platz der Stadt, direkt neben einer der Kirchen, gab es einen Pferch für Sklaven, den die Portugiesen einen Corral nannten. Eines Morgens ging ich an diesem Corral vorbei, der gut mit Sklaven bestückt war, als eine Stimme aus dem Pferch mir zurief: »Se ñ or, em nome de Deus!«, was auf portugiesisch ›Herr, im Namen Gottes!‹ bedeutet. Ich hatte nicht erwartet, daß ein Gefangener dieses Sklaven-Corrals Portugiesisch, geschweige denn, daß er von Gott sprechen würde.
Daher blieb ich stehen und musterte die eng gepackte Masse nackten schwarzen Fleisches, bis ich sah, wer zu mir gesprochen hatte. Es war ein junges Mädchen von nicht mehr als sechzehn Jahren, das völlig nackt dort stand und nicht einmal einen Schurz trug, um die Lenden zu bedecken, wie manche Frauen es taten. Sie war groß und gut gebaut, mit guten, schlanken Gliedern und hohen Brüsten, die spitz hervorstanden, wie es bei den Brüsten afrikanischer Mädchen zumeist der Fall ist, bis sie ein Kind bekommen. Ihre Haut war bis auf gewisse Stammesnarben, die die Neger sich selbst beibringen, und auf das Brandzeichen auf der Innenseite des Schenkels direkt unter dem Schritt glatt und makellos. Sie war nicht so sehr von schwarzer wie von einer hellbraunen Farbe, der fast eine rote Tönung zugrunde zu liegen schien, was gar nicht der Farbe der Menschen entsprach, die ich an der Küste gesehen hatte, und ihre Augen, aus denen eindeutig Intelligenz sprach, waren hell und klar. Mich zu sich winkend, fuhr sie fort, in der portugiesischen Zunge zu sprechen, wobei sie Dinge wie »Jesus, Maria, der Heilige Geist, Heilige und Apostel« und so weiter sagte und so nahe an die Umzäunung des Corrals trat, daß sie die Arme hin durchstecken konnte. »Herr«, sagte sie, »rettet mich, denn ich bin eine Christin.«
Daraufhin erschien eine Wache in dem Corral, ein übler, gedrungener, einäugiger Portugiese mit einer Peitsche in der einen und einem Säbel in der anderen Hand, und er brüllte sie an und schlug mit der Peitsche durch die Luft, so daß sie herumfuhr und sich vor ihm duckte. Mit einer groben Geste befahl er ihr, sich von mir zu entfernen, was ihr einen solchen Ausdruck des Leids abrang, daß er mir tief das Herz rührte.
»Warte«, sagte ich. »Ich will mit ihr sprechen!«
»Und wer bist du?«
»Der Gesandte Seiner Gnaden Don Jeronymo d’Almeida, Gouverneur von Angola«, sagte ich mit einem Aufblitzen in den Augen, um ihn einzuschüchtern. Solche Männer lassen sich nur allzu leicht einschüchtern. »Ich inspiziere diese Sklaven, und ich fordere dich auf, mich nicht zu behindern.«
Er starrte mich verdrossen an und sagte mit leiser, mißmutiger Stimme: »Was hat Angola mit unseren Sklaven zu schaffen?«
»Ich muß diese Dinge nicht mit dir besprechen, Freund. Hole mir dieses Mädchen aus deinem Pferch heraus, damit ich geziemend mit ihm reden kann, oder es wird dir schlecht ergehen.«
»Ach, wird es das?«
»Bei der Messe, ich lasse dir das andere Auge auch noch herausreißen!« brüllte ich und mußte mich beherrschen, nicht in Gelächter auszubrechen, als ich hörte, wie ein römischer Fluch über meine Lippen kam.
Ich hatte das Schwert gezogen, und mein Gesicht war rot vor Zorn, doch ich war noch außerhalb des Corrals und er und das Mädchen drinnen, und er hätte mich dort stehen lassen und einen Narren aus mir machen können. Doch es hatte den Anschein, als habe er meine Entschlossenheit so weit auf die Probe gestellt, wie er es wagte, denn er bedeutete mir, auf die Seite
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