Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
erworben hatten, denn wir wußten, daß wir sie in São Paulo de Luanda für sehr viel mehr verkaufen konnten.
    Wenn die Afrikaner an dieser Küste ein seefahrendes Volk gewesen wären oder einige Erfahrung im Handelsgewerbe gehabt hätten, wäre es den Portugiesen nicht so leicht gewesen, so viel an ihnen zu verdienen. Doch wie die Dinge stehen, muß man den Reichtum nur ergreifen, denn das einheimische Volk treibt über die jeweiligen Stammesgrenzen hinaus nur sehr wenig Handel und bietet unternehmungslustigen Europäern so eine Möglichkeit, sie seiner Schätze zu berauben. Nun, und diese Rasse war schon immer schnell gewesen; und so sei es. So sei es!
10
    Als wir nach São Paulo de Luanda zurückgekehrt waren, verhökerten wir unsere Fracht in der Tat überaus gewinnbringend, und ich war imstande, von meinem Anteil die zehntausend Reis zurückzuzahlen, die ich mir von meinen Kameraden geborgt hatte, und auch noch einen Teil auf die Seite zu legen, das erste eigene Geld, das ich besaß, seit ich England verlassen hatte. Ich führte Matamba zu meiner Hütte und zeigte sie meinen anderen Sklaven, die ihre Ankunft jedoch nicht guthießen, da sie mein Bett teilte und auch in anderer Hinsicht in meiner Gunst stand. Man bedachte sie mit bösen Blicken und spielte ihr oftmals üble Streiche. Doch ich entließ eine meiner Sklavinnen aus meinen Diensten, eine Frau der Bakongo, die Verachtung für den Stamm empfand, aus dem Matamba kam; und die beiden anderen, ein Junge und eine alte Frau, bereiteten keine Schwierigkeiten mehr.
    In der Stadt war es ruhig. Wenn es noch irgendwelche Anhänger der ehemaligen Fraktion von Don João gab, verhielten sie sich nun Don Jeronymo gegenüber loyal, und ich habe in der Tat nicht mehr vernommen, daß man Don Joãos Namen erwähnte. Wann auch immer ich an dem Palast vorbeikam, der ihm gehört hatte – der noch immer bewacht und erhalten wurde, wegen der Vortäuschung, Don João würde bald aus Portugal zurückkehren –, fühlte ich den scharfen Stachel des Leids über den grausamen Mord an diesem Mann, der mir gegenüber so großzügig gewesen war. Und natürlich beklagte ich auch den Tod von Doña Teresa und betete, daß die Meuchelmörder sie zumindest um ihrer Schönheit willen verschont hätten, wenngleich ich dies nicht als sehr wahrscheinlich erachtete.
    Ich tröstete mich mit Matamba, einer einfacheren und warmherzigeren Person als Doña Teresa, mit der ich gern zusammen war; in den Belangen des Fleisches kam sie Teresa gleich, und ihre süße und eifrige Natur hatte einen Reiz, den man in der anderen Frau vergeblich suchte. Und doch gestehe ich, daß ich Doña Teresas Schönheit vorzog. Obwohl Matambas Körper reif und üppig war, blieb sie nichtsdestotrotz doch eine reinrassige Mohrin, und ich war damals noch kein solcher Afrikaner, daß ich imstande war, an ihrer flachen Nase und den vollen Lippen die höchste Freude zu empfinden. Und wenn meine liebkosende Hand über die rauhe Narbe des Sklavenbrandzeichens an der weichsten Stelle ihres Schenkels glitt oder wenn ich ihr Gesicht streichelte und auf die Doppelreihe der Stammeszeichen stieß, die als Schmuck in Form von Narben in ihre Haut geschnitten waren, dann sehnte ich mich gegen meinen Willen nach der samtenen Vollkommenheit jener Frau, die ich verloren hatte.
    Dennoch besaß ich noch das kleine hölzerne Idol, das Doña Teresa mir vor langer Zeit gegeben hatte und das alles Ungemach, dem ich ausgesetzt gewesen war, überstanden hatte. Dieses Ding betrachtete ich als allein für mich bestimmt und zeigte es niemandem, sondern bewahrte es in meiner Kleidung oder unter meinem Kissen auf. Doch wo nun Matamba das Bett mit mir teilte, war ich sicher, daß sie es finden würde, und eines Tages entdeckte sie es tatsächlich. Sie schlug mein Kissen zurück und betrachtete es mit ernstem Schweigen, so daß ich hörte, wie sie schwer atmete. Dann bekreuzigte sie sich heftig fünf Mal und flüsterte: »Mokisso! Mokisso!«
    »Es ist nichts, Matamba.«
    »Warum hast du das?« fragte sie.
    Ich hätte lügen und sagen können, ich hatte es auf meinen Wanderschaften entdeckt und behielte es nur, weil es mir so seltsam erschien. Doch ich sah keinen Grund, vor einer Sklavin zu lügen, und ich wollte Matamba nicht anlügen. So sagte ich also: »Ein… Freund hat es mir gegeben.«
    »Wirf es fort! Es ist Hexerei!«
    Und sie zitterte, als hätte sie im Erdboden vor unserer Tür des Teufels Hufabdruck gefunden.
    »Nun, und wenn es das ist?«

Weitere Kostenlose Bücher