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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wollten. So rächte er seinen Bruder.
    »Nun«, sagte ich, »stellt mich diesen Klägern gegenüber! Denn der verschlagene Rodrigues weiß, daß ich keinen feindseligen Akt gegen diese Stadt durchführen, sondern nur in meine Heimat zurückkehren wollte. Und Gott weiß, daß Doña Teresa nicht imstande sein wird, sich vor meinen Augen zu erheben und zu schwören, ich hätte sie mit Gewalt genommen, wo es doch in ganz São Paulo de Luanda gut bekannt ist, daß sie sich mir mehrmals freiwillig hingegeben…«
    »Nay, sprich keine Verleumdungen aus, Engländer.«
    »Verleumdungen? Verleumdungen? Kommt, alter Mann, Ihr wißt selbst, daß sie…«
    »Ich will nichts davon hören.«
    Er blickte mich streng an und sagte: »Die Portugiesen, die dich denunziert haben, können nicht gegen dich aussagen, denn ihr Schiff ist in See gestochen, und sie sind auf ihm davongesegelt. Und ich sage dir, es ist unvorstellbar, Doña Teresa den Qualen und der schweren Prüfung auszusetzen, vor Gericht zu erscheinen, so erschüttert und gebrochen hat sie dein Angriff. Doch ihr Gatte Don Fernão hat die Prellungen und anderen Verletzungen ihres Körpers gesehen und die Anklage gegen dich vorgebracht, woraufhin du für schuldig befunden und verurteilt wurdest…«
    »Gottes Tod, ich bin schon schuldig, und es hat noch keine Verhandlung stattgefunden?«
    »… zum Vergnügen des Gouverneurs Don João de Mendoça auf einem öffentlichen Platz gehenkt zu werden.«
    »Diese Prellungen an Doña Teresas Körper hat meine Sklavin Matamba verursacht, als die beiden sich geschlagen haben, nachdem Doña Teresa das Mädchen in eifersüchtiger Wut angegriffen hatte: sie war erzürnt darüber, daß nun Matamba und nicht sie selbst meine Bettgefährtin war. Befragt die Sklavin! Holt Ihr Zeugnis ein und seht Euch die Verletzungen an, die Doña Teresa ihr zugefügt hat!«
    »Die Aussage einer Sklavin ist ohne Belang. Und das Urteil ist sowieso schon gesprochen.«
    »Ah«, sagte ich. »Die gerühmte portugiesische Rechtsprechung!«
    »Ich bin hier, um dich formell zu benachrichtigen und dich zu fragen, ob du noch irgendwelche Wünsche hast, die wir erfüllen können.«
    »Ich lege Widerspruch gegen mein Urteil ein und verlange eine Audienz bei Don João, um ihm meine Unschuld zu beweisen.«
    »Dies wird dir nichts nützen«, sagte Vasconcellos. »Doch ich werde Don João deine Worte ausrichten.«
    An diesem Nachmittag kamen vier portugiesische Wächter zu mir und führten mich ohne ein Wort aus der Zelle. Ich dachte voller Freude, nun würde man mich tatsächlich zu Don João bringen, und dies bereitete mir Mut, da ich mich in den letzten Stunden beinahe schon damit abgefunden hatte, wegen dieser unwirklichen Verbrechen zu Tode gebracht zu werden.
    Doch es war eine grausame Enttäuschung, denn die Portugiesen führten mich nur auf den Hof des Presidios, wo sie mich an den Schandpfahl fesselten und mit verknoteten Stricken peitschten, und als sie damit fertig waren, war an meinem gesamten Körper kein Fleck mehr, der nicht geschwollen war und schmerzte, und an einigen Stellen blutete ich sogar.
    Nach dieser Bestrafung brachten sie mich in eine Zelle zurück, und ein Wächter trat ein, sagte, er täte dies auf Befehl des Gouverneurs, und legte mir Beinfesseln mit großen eisernen Kugeln von jeweils dreißig Pfund Gewicht an, die wie des Teufels Griff selbst an mir zerrten. »Dies geschieht, weil du als Ausreißer berüchtigt bist«, sagte er und ging.
    Entkräftet, angekettet und wund vom Auspeitschen lag ich wie betäubt und willenlos da. Jeden Morgen, wenn ich aufstand, erwartete ich, hinausgeführt und hingerichtet zu werden, und jeden Abend, wenn ich mich schlafen legte, kerbte ich einen weiteren Tag meines Lebens ein, gleichzeitig dankbar und verzweifelt, denn welchen Sinn hatte das Leben, wenn meine letzten wenigen Tage so leer waren?
    Ich dachte an Warwycks Schiff, das nun auf halber Strecke nach Holland sein mußte, und weinte vor Wut. Ich dachte an Matamba und fragte mich leidvoll, was nun, da ich verurteilt war, aus ihr geworden war. Ich dachte an Doña Teresa, durch deren Eifersucht und Verrat mir dies zugestoßen war, und dachte lange und tief darüber nach, wie sich Liebe in bittere Feindschaft verwandeln konnte. Und ich dachte oftmals an England, an meine Freunde dort und die Familie, die ich noch haben mochte, und an Ihre Majestät die Königin, an die weichen Nebel und den sanften Regen und die grünen Felder voller Schafe und all das, was ich

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