Herr der Finsternis
Hämmern meines Herzens etwas beruhigt hatte. »Wird man mich hängen?«
»Du bist ein Ausreißer und ein Lutheraner und ein Frauenschänder. Welche Hoffnung kann es für dich geben?«
»Daß ich ein Protestant bin, war von Anfang an bekannt, und niemand in diesem Land hat mich deshalb groß gescholten. Daß ich ein Ausreißer bin, zählt auch nicht, denn es war eine natürliche Tat, die jeder begangen hätte, und keine Sünde. Und daß ich ein Frauenschänder bin, ist ein abscheuliches falsches Zeugnis. Ich wünschte, ich könnte sehen, wie meine Anklägerin einen Eid vor Gott darauf ablegt, daß ich ein solches Verbrechen begangen habe.«
»Diese Worte werden dich nicht retten.«
»Dann wird der Gouverneur mich retten! Weiß Don João, daß ich hier eingekerkert bin?«
»Dies geschah auf seinen ausdrücklichen Befehl«, sagte der Priester.
»Das ist eine Lüge!«
Mürrisch hob er sein Kruzifix hoch und sagte: »Verlangst du von mir einen Eid darauf?«
Da wußte ich, daß alles verloren war. Ich fiel auf die Knie und bat Gott nach meinem Brauch, mich zu verschonen. Woraufhin sich die Miene des Priesters beträchtlich aufhellte, er neben mir niederkniete und mir anbot, das Kruzifix zu geben, während ich betete, was ich nicht annahm, und er sagte: »Wenn du nur den wahren Glauben annehmen würdest, werde ich den Gouverneur um Begnadigung bitten, und vielleicht wird er sie dir gewähren.«
Ich schloß die Augen. »Mein Leben hängt also davon ab, daß ich Papist werde?«
»Eher deine Seele.«
»Ja. Ihr werdet mich mit Latein vollstopfen und mich dann trotzdem hängen und noch glauben, Ihr hättet ein gutes Werk getan, indem Ihr noch eine gute katholische Seele in den Himmel geschickt habt. Ich erkenne Euren Plan. Doch ich werde ihn nicht annehmen. Wenn ich hängen muß, dann hänge ich lieber als Protestant, denke ich. Denn ob ich in den Himmel oder die Hölle komme, spielt keine große Rolle für mich; doch es ist meine Absicht, als ehrlicher Mann zu sterben.«
»Du sprichst von Ehre, mit solchen Verbrechen auf deinem Gewissen?«
Ich fuhr wütend zu ihm herum und schrie: »Bei dem Gott, den wir beide zu lieben behaupten, ich habe keine Verbrechen begangen!«
»Friede. Friede!«
Und er murmelte noch etwas auf Latein, wobei er oft das Zeichen des Kreuzes über mich schlug.
Ich glaube, er war aufrichtiger in seinem Hunger nach meiner Seele als ich darin, meine Schuld abzustreiten. Und so ließ ich ihn für mich beten.
Und dann sagte ich: »Ich werde kein Papist werden, denn dies kann mein Gewissen nicht auf sich nehmen. Doch wenn Ihr so gottesfürchtig seid, wie Eure Robe es verkündet, dann bitte ich Euch, mir einen Dienst zu erweisen: geht zu Don João und sagt ihm, daß ich dabei bleibe, unrechtmäßig eingekerkert zu sein, und ihn bitte, mir eine Audienz zu gewähren, damit ich mich gegen diese Vorwürfe verteidigen kann.«
Pater Goncalves betrachtete mich lange und eindringlich. Schließlich sagte er: »Ja, ich werde mit Don João sprechen.«
Dann ging er. Seine letzten Worte machten mir Hoffnung, und einen Tag und einen halben lauschte ich angestrengt auf die Schritte meiner Kerkermeister, ob sie kommen und mich zum Gouverneur bringen würden. Doch als schließlich jemand zu mir kam, waren es nicht die Kerkermeister, sondern ein gewisses ehrwürdiges Mitglied des regierenden Rates, ein Duarte de Vasconcellos. Dieser gebeugte alte Rechtsgelehrte mit seinen eingefallenen Wangen und dem Staub uralter Gesetzesbücher überall an ihm verkündete mir, Don João habe ihn geschickt, um mir die Natur meiner Frevelhaftigkeit zu erklären.
Die gewaltig waren, da ich angeklagt wurde, mit dem Holländer Cornelis von Warwyck geplant zu haben, die königliche Regierung von Angola mit Gewalt zu stürzen und die Stadt São Paulo de Luanda für Holland einzunehmen; des weiteren wurde ich beschuldigt, in den Stunden der Dunkelheit, bevor ich das holländische Schiff betreten hatte, in die Kammer der Dame Doña Teresa de Souza gegangen zu sein und ein gewaltsames Eindringen in ihren keuschen Körper versucht zu haben.
»Und wer sind die Ankläger?« fragte ich.
Im zweiten Verfahren sei Doña Teresa persönlich die Klägerin, gab er zurück. Und was das erste betraf, so sei es Gaspar Caldeira de Rodrigues, der mir Verrat vorwarf und bei seinen königlichen Vorfahren schwor, ich sei durch die Straßen gegangen und habe mich gebrüstet, die Stadt in den Besitz der Holländer zu bringen, die sie an England verkaufen
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