Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Kinguri eine Schnur mit hellen Perlen von seiner Taille, und einer der Medizinmänner gab mir ein Halsband mit sehr glatt polierten Muscheln. Zuerst kam ich mir in diesem Zeug vor, als sei ich für eine Maskerade verkleidet, bei der ich die Rolle eines wilden Dschungelmannes spielte, doch innerhalb einer Stunde fühlte ich mich in dieser Kleidung so wohl, als hätte ich sie schon mein Leben lang getragen. Meine alten Sachen nahmen sie mit, und ich sah sie nie wieder.
    »Ein Fest!« rief Calandola nun. »Bereitet ein Fest für den Engländer Andubatil vor!«
    Diese Worte, die ich klar und deutlich verstand, erzeugten einen größeren Schrecken in mir als alle andere. Denn sie konfrontierten mich mit etwas, das ich nicht zu bedenken versucht hatte, als ich beschloß, mich den Menschenfressern zu überantworten, und das war die Wahl ihres bevorzugten Fleisches. Oftmals verdrängen wir aus unserem Geist, womit wir uns nicht beschäftigen wollen; und mit dieser Sache hatte ich mich fürwahr nicht beschäftigen wollen. Doch es würde der Augenblick kommen, da ich mich damit abgeben mußte. Ich hatte Zuflucht bei den Jaqqas gesucht; sie hatten mich wie einen der ihren eingekleidet, und sie gaben mir zu Ehren ein großes Fest.
    Konnte ich ihre Gastfreundschaft zurückweisen?
    Ich hatte die Beschneidung höflich abgelehnt, indem ich behauptete, ich dürfe mich ihr aus religiösen Gründen nicht ausliefern. Nun, und ich hatte meine Vorhaut gerettet – aber wie konnte ich bei einem Fest das Fleisch ablehnen, das sie mir anbieten würden? Weitere religiöse Bedenken? Würden sie diese Antwort akzeptieren, oder würde sich Calandolas lebhafter Verstand, der sich so sehr über die Weißheit meiner Haut und die Jungfräulichkeit meiner Königin erheitert hatte, plötzlich gegen mich wenden und mich im Zorn in den Kochtopf verdammen? Es war fürwahr gefährlich, mich der Gnade dieser Kannibalen auszuliefern: denn sie waren wahrhaftig Teufel, und ich wurde an das alte Sprichwort erinnert, daß der, der mit dem Teufel ißt, einen langen Löffel haben muß.
    »Ein Fest!« riefen sie alle. »Ein Fest!«
    Woraufhin die Jaqqas aus dem Haus des Imbe-Jaqqa stürmten, als hätte sie ein Wirbelwind ergriffen, wenngleich ein jeder, als er aufbrach, sich umdrehte und ihrem schrecklichen Herrn seine Verehrung bekundete. Calandola, Kinguri und die Frauen und Hexenmeister waren die letzten, die gingen, und sie nahmen mich mit in die Stadt des Calicansamba und zu dem offenen Platz, wo sich die drei riesigen metallenen Gefäße befanden. Nun wurde das Fest vor unseren Augen vorbereitet, unter lautem Schlagen der Trommeln, höllischem Spiel der Trompeten und Pfeifen und schrecklichem Kreischen anderer Instrumente, wie ich sie noch nie gesehen hatte; sie erinnerten ein wenig an die Violen Europas, verfügten aber nur über eine Saite { * } .
    Feuer wurden unter den Kesseln angezündet.
    Und in die Kessel kamen:
    Das Fleisch einer Kuh, die mit einem einzigen Schlag eines Schwertes gegen den Hals vor unseren Augen geschlachtet und dann mit einem langen Messer abgeschält wurde.
    Das Fleisch einer Ziege, die auf die gleiche Art getötet wurde.
    Das Fleisch eines gelben Hundes, der höchst mitleiderregend jaulte, bis das Messer seine Kehle fand.
    Ein Hahn. Eine Taube.
    Und in einen jeden Kessel kam auch die Leiche eines Gefangenen, der aus einem Verschlag geholt und vor meinen Augen erschlagen wurde. Bei diesen handelte es sich um drei muskulöse Krieger eines Stammes aus dem Landesinneren, die in einer Sprache fluchten, die ich nicht kannte, und tobten und die Fäuste zusammenballten. Genauso gut hätten sie vor dem Todesengel wüten können! Ein jeder dieser drei wurde mit einer Wunde getötet, die das Blut im Körper hielt, und gab mit einem langgezogenen, seufzenden Gurgeln der Verzweiflung das Leben auf, und dann wurde das Blut vorsichtig von Männern, deren Aufgabe dies war, abgelassen und in den Kesseln geleitet, in dem diese Flüssigkeit aufbewahrt wurde.
    Danach machten sich Vorschneider der Jaqqas daran, die Leichen für den Kochtopf vorzubereiten, und als sie in passende Stücke zerlegt worden waren, kamen sie zusammen mit dem anderen Fleisch hinein.
    In die brodelnden Kochtöpfe wurden auch Früchte und Gemüse dieses Landstrichs gegeben, wahre Berge davon, und die Bohne namens, Nkasa, der scharfe Pfeffer, Zwiebeln, Kürbisse und ich weiß nicht was sonst noch alles: Denn ich muß Euch gestehen, daß mein Verstand so benommen von dem Anblick

Weitere Kostenlose Bücher