Herr der Finsternis
der Gefangenen war, die sich wehrten und erschlagen und zerlegt und in den Topf geworfen wurden, daß ich einige der nachfolgenden Einzelheiten bei der Zubereitung nicht mitbekam.
Und die ganze Zeit über dröhnten die Trommeln, schrillten die Trompeten.
Und was dachte, was fühlte ich dabei?
Nun, ich nehme es auf meinen Eid, ich empfand nichts. Nichts fühlte ich. Denn ich sage Euch, es kommt eine Zeit, da der Verstand von Fremdartigkeiten und Abscheu dermaßen überwältigt wird, daß er nur noch sieht, ohne nachzudenken, und dies war nun bei mir der Fall, als ich neben dem Fürsten der Kannibalen und seinen Brüdern und den Stammespriestern stand. Und ich sagte nichts, ich dachte nichts, ich beobachtete nur. Hierher hatte mich die Reise meines Lebens geführt, hierher hatte mich mein neuerlicher Schiffbruch verschlagen, zu diesem grausamen Volk, das sein Abendmahl vorbereitete, und Gott hatte mich in Seiner Weisheit veranlaßt, zu dieser Zeit an diesem Ort zu sein, und auch dafür stelle ich Ihn nicht in Frage.
Ich betete jedoch, daß sie mir, wenn sie das Fleisch servieren würden, ein Stück der Kuh oder der Ziege oder sogar des Hundes geben würden.
Nun floß der Palmwein freigebig; der Imbe-Jaqqa trank auf seine gierige Art aus seinem besonderen Schädelbecher, und nachdem er seinen Wein zur Hälfte mit Blut gemischt hatte, wurden auch die anderen aus einem anscheinend grenzenlosen Vorrat bewirtet, der in Holzbehältern herangeschafft wurde. In meinem Kopf drehte es sich, und mein Gesicht wurde rot und feucht. Die jüngeren Männer und einige der Frauen fanden sich zu einem höchst unzüchtigen und wollüstigen Tanz, und die Trommeln schlugen noch lauter, so daß sie wie Hämmer gegen meine Schläfen zu dröhnen schienen.
Calandola erhob sich nun und legte seine Kleidung ab. Mehrere seiner Frauen griffen in den Kessel, in dem das Menschenfett lagerte, und verrieben es auf seinem nacktem Körper, um dessen Glanz wiederherzustellen, wobei sie jeden Zentimeter von ihm bedeckten, seinen Bauch, die Schenkel, die großen Geschlechtsteile und alles andere. Daraufhin wurden ihm mit gefärbten Steinen neue Ornamente aufgetragen, und er legte seine Perlen und Muscheln und das schöne Lendentuch wieder an. Einige der Frauen rieben sich auch mit dem glänzenden Fett ein, andere nicht. Sie stimmten einen lauten Gesang an, und vierzig oder fünfzig Frauen traten vor und stellten sich um den Imbe-Jaqqa auf, wobei jede einen Schwanz des wilden Pferdes namens Zevvera in der Hand schwang. Die Ruten dieser Schweife, so hieß es, enthielte eine mächtige Medizin, die den Imbe-Jaqqa vor jedem Schaden behütete.
Und nach einer langen Weile dieser barbarischen Festlichkeiten erhob sich der Ruf, das Fleisch sei gekocht und das Mahl könne beginnen.
»Es ist ein Erst-Fest für dich«, sagte Kinguri zu mir, »und daher werden wir heute eine große Feier abhalten, Andubatil!«
»Ich bin dankbar für diese hohe Ehre.«
»Es ist Gesetz, daß der Imbe-Jaqqa vor allen anderen essen muß. Doch du wirst der zweite sein.«
Auch dafür bedankte ich mich überaus höflich.
Dann ging ein Medizinmann des königlichen Hofstaates, von Kopf bis Fuß mit Kreidezeichen bemalt, daß er fast wie ein Zevvera aussah, das Freudensprünge machte, zum mittleren Kessel, holte mit bloßen Händen ein Stück Fleisch aus dem kochenden Wasser, hielt es hoch und zeigte es den Jaqqas, die augenblicklich ein überaus schreckliches Heulen und Jammern anstimmten, was ihre Art ist, ihre Zustimmung zu zeigen, obwohl es eher wie das Kreischen des Pandämoniums selbst klingt.
Und es war nicht zu verkennen, daß dieses Lendenstück weder von der Kuh noch von der Ziege noch vom Hund stammte, und ich wußte, woher dieses Fleisch gekommen war.
Der Hexenmeister trug das dampfende Fleisch zu Calandola hinüber und hielt es dem Imbe-Jaqqa hin, damit dieser es begutachte. Calandola gab ein zustimmendes Geräusch von sich, nahm einen großen, sabbernden Schluck von seinem mit Blut vermischten Palmwein, ergriff das Lendenstück danach mit beiden Händen, schlug die Zähne hinein und riß einen großen Bissen heraus.
»Ayayya! Ayayya! Ayayya!« riefen die Jaqqas und führten sich noch wilder auf.
Und dann wandte sich der Imbe-Jaqqa mit der großen Scheibe Fleisch in den Händen mir zu.
Oh! Die Welt drehte sich um mich, so daß ich ihr Mittelpunkt und Strudel war und dachte, es würde mich zerreißen! Oh!
Und da war ein Sturm in meinem Gehirn, und ein Pochen in
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