Herr der Finsternis
mich an den Tanz, der Hornpipe genannt und von unseren Matrosen an Bord der Schiffe getanzt wird und den mir vor so langer Zeit meine Brüder Henry und John in den Docks von Essex beigebracht hatten.
»Tanze!« rief Imbe Calandola.
»Ah, doch ich muß Musik haben, wenn ich tanzen soll.«
Er deutete auf seine Musiker und sagte mir, ich solle mir aussuchen, wen immer ich brauchte.
Ich schritt die Reihen dieser angemalten, glänzenden Schauergestalten und Kakodämonen ab und fand einen, der mir genehm war, einen Pfeifenspieler, der die Mpunga spielte, die aus dem Stoßzahn des Elephantos gefertigt wird.
»Du«, sagte ich. »Gib mir dein Instrument, so daß ich dir die Melodie zeigen kann, die ich verlange.«
Er lachte, gab mir sein Instrument und legte meine Hände auf den Fingersatz. Mir fiel es nicht schwer, dieser barbarischen Pfeife einen Ton zu entlocken, wenngleich ich zuerst einen doppelt barbarischen erzeugte, der bei den Menschenfressern ein lautes, bellendes Gelächter hervorrief. Doch dann fand ich die Melodie und spielte sie überaus lebhaft, wobei ich mit dem Kopf nickte und mit dem Fuß tänzelte, und gab dem Besitzer die Pfeife schließlich wieder zurück, damit er die gleiche Weise spielen konnte.
Und ho! Er erfaßte die Musik mit dem Herzen und beherrschte sie in einem Augenblick so gut, daß er sich als fünfmal begabter erwies als ein jeder englische Pfeifenspieler. Die Hornpipe, die er spielte, war natürlich eine seltsame und überaus dissonante, die Hornpipenmelodie des Satans persönlich, und doch barg sie eine wilde, erfreuliche Kraft in sich.
Und als sich ihr Klang hoch über das Jaqqa-Lager erhob, wurden alle Menschenfresser ernst und stumm, und ich führte meinen Tanz auf.
Ah, und was für ein Tanz war es! In der schrecklichen gefrorenen Stille dieser Menschenfresser sprang ich auf und ab, warf die Beine hoch und legte, wie die Hornpipe es verlangt, zuerst diese und dann jene Hand auf meinen Bauch. Die Jaqqas hatten so etwas noch nie gesehen, und der Tanz versetzte sie in Erstarrung; steif wie Statuen und erstaunt beobachteten sie, wie der langbeinige Weiße mit seinen Perlen und Muscheln und einem Lendentuch aus Palmstoff zur klagenden Melodie dieser unheimlichen Pfeife zwischen ihnen herumhüpfte, zuerst diese Reihe entlang und dann die nächste.
»Andubatil Jaqqa!« begannen sie zu rufen, als sich die Überraschung allmählich von ihnen hob. »Andubatil! Andubatil!«
Und sie erhoben sich und tanzten hinter mir, eine Gruppe fürchterlicher schwarzer Erscheinungen mit großen, langen, geisterhaften Beinen und Armen. Sie schwangen ihre Glieder und warfen die Köpfe zurück, sie schrien, riefen und stampften mit den Füßen auf. »Uuhhm-dai!« riefen sie. »Uhm-da uuhm-da uhm-da! Uuhm-Jaqqa uuhm-Jaqqa uhm uhm uhm! Andubatil! Andubatil! Uhm!«
Als sie sich derart ausgetobt hatten und der Pfeifenspieler gezwungen war, wegen der Taubheit seiner Lippen und eines übermächtigen Gelächters innezuhalten – denn dies war ein tumultuarischer Tanz, und obendrein ein recht befremdlicher Anblick: Jaqqas, die zur Hornpipe tanzten –, wandte Kinguri sich an mich und sagte: »Kennst du noch einen anderen Tanz, Andubatil?«
»Aye, ich kenne noch einen«, erwiderte ich.
Und ich dachte an jenen Tanz, den unser Dorf als den Sommerfesttanz kennt, und holte acht Jaqqas hervor und versuchte, ihnen die Bewegungen beizubringen, während ich einzelnen Musikern sagte, wie sie am besten den Rhythmus unserer Handtrommel und das Wimmern der Pfeifen und die schrillen Klänge der Fidel nachahmen konnten. All dies erzeugte eine große Erheiterung, und die großen Schwarzen sprangen und warfen bei einem Tanz, wie ihn weiß Gott die Dorfplätze von Essex noch nie gesehen hatten, die Beine wie Verrückte. Sie tanzten, bis sie erschöpft waren, und hätten selbst da noch weitergetanzt. Und ich sah mich schon als ihren Tanzlehrer, wie ich sie die Quadrille und den Reigen und vielleicht auch noch den Moriskentanz lehrte, bei dem kleine Glöckchen an ihren Beinen befestigt sein würden, und sie würden Robin Hood und Bruder Tuck und Little John darstellen, und eines der schwerbrüstigen, narbengesichtigen Weiber des Imbe-Jaqqa die Maid Marian. Und dann nahm diese ausgelassene Fröhlichkeit plötzlich ein Ende, denn Calandola hatte sich von seinem Thronsessel erhoben und meine Muskete ergriffen, die die ganze Zeit unbeachtet an seiner Seite gelegen hatte.
Er betastete sie überaus eingehend, das Schloß und den
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