Herr der Finsternis
Erdreich dieser Länder, und von meinem Blut haben sich in diesen vergangenen Jahren große Ollicondibäume genährt und Zedern und Palmen und Bäume, die überhaupt keinen Namen tragen. Ich habe mit eigenen Augen die Provinz Tondo und die große Stadt Dongo und den Fluß namens Gonza gesehen und mehr, so viel, daß sich mein Gehirn von den berstenden Erinnerungen an sie alle füllt und überfließt. Königreiche: Angola, Kongo, Loango. Traumländer.
Nay, keine Traumländer für ihre eigenen Völker, sondern rechtmäßige Herrschaftsgebiete, wie es in unserer Welt Portugal und Frankreich und Schweden sind oder auch England. Der König des Kongo ist der oberste Monarch, dessen Titel Manikongo lautet, und sowohl Angola wie auch Loango sind ihm tributpflichtig. Doch die Macht dieses Königs ist in letzter Zeit gewaltig geschwunden, und auf jeden Fall haben die Portugiesen einen Hohn aus all den feierlichen Zeremonien dieser Königreiche gemacht, indem sie dem schwarzen Volk ihre eigene Herrschaft und ihre eigene Religion und ihre eigenen Gebräuche so weit wie möglich aufgezwungen haben.
Obwohl ich ein Gefangener war, verzweifelt weit von der Heimat entfernt und mit keiner Hoffnung auf Rückkehr, schaute ich dennoch dieses Land mit erstaunten Augen. Und die himmelshohen Bäume mit ihren grünen Kronen waren wundersam für mich, ebenso die Hitze der Luft, die Gerüche, die Geräusche, das verwirrend grelle Licht.
Unser gewichtiges Schiff fuhr so weit in den Hafen hinein, wie es dies wagte, und warf dann den Anker. Und dann kamen kleine Boote mit Rudern und Segeln, um uns zu holen. Sie waren aus dem Holz der Palmenbäume gemacht, das man zusammengelegt und nach der Art unserer Boote zusammengesetzt hatte. Als wir zum Festland gebracht wurden, sahen wir, daß der Kanal voll von diesen Booten war, denn dies sind reiche Gewässer, schwer von Sardinen und Sardellen und auch Seezunge und Stör und einem Überfluß an großen Krebsen.
Wir gingen an Land. Und sahen einen grimmigen Zug Portugiesen, die uns mit ernsten Gesichtern erwarteten, dunkelhaarige, dunkeläugige, dunkelhäutige kleine Männer, die unter der schrecklichen Sonne in ihren vollständigen Rüstungen schwitzten. Als wären wir eine Bande großer Judasse, Tomer und ich, die nicht entkommen durften.
Sie musterten uns überaus verdrossen. Wären ihre harten, kalt starrenden Augen Steine gewesen, die sie auf uns geworfen hätten, so hätten sie unsere Haut durchbohrt. Ich verspürte den Druck ihres Hasses, dieses dumpfe, schwere, feindselige Gewicht, das ich auch während der ersten paar Tage unserer Meeresüberfahrt gespürt hatte. Und ich erwiderte Blick mit Blick, Stirnrunzeln mit Stirnrunzeln. Bin ich euer Feind? Porque ? Weil mein Land der Feind eures Landes ist? Weil meine Königin ein Feind des Papstes ist? Weil wir uns nicht hinhocken und unsere Hingabe murmeln wollen und nicht die Heiligen und andere falsche Götter rufen? Weil wir den lateinischen Singsang verabscheuen und unser eigenes rechtmäßiges Gebetsbuch haben? Nun denn, so sei es, Portugiesen. Ich bin euer Feind! Aber nur, weil ihr euch entschieden habt, der meine zu sein.
Sie spotteten. Sie riefen Worte in ihrer dickmündigen Zunge, nicht wissend, daß ich die Hälfte ihrer Verderbtheit verstand. Sie verfluchten die Königin als exkommunizierte Hure und die Tochter einer Hure und Hexe. Sie sagten das gleiche von meiner und Tomers Mutter. Ich bewahrte meinen Frieden, obwohl es nicht leicht war. Jesus, war es schwer! Ich hätte ihnen Dinge über den Papst und den stinkenden Luxus zugerufen, in dem er schwelgt, und über die Mönche, die sich mit dem Altarwein vollaufen lassen und in den Klöstern wie die Teufel kopulieren, und noch viel schlimmere solche Sachen. Doch ich bewahrte Ruhe.
Schließlich, als sie mich zu der trockenen schwarzen Erde ihrer Stadt führten, sagte ich lediglich in meinem besten Portugiesisch: »Der Teufel wird eure Seele fressen, ihr Papistenschweine«, und sie keuchten erstaunt auf, daß ich ihre Zunge sprach.
Die Stadt war als angebliche Hauptstadt eines großen Reiches, das angeblich in der Entstehung begriffen war, klein und schäbig. Dieser Teil Angolas birgt keinen Stein und nur sehr wenig Holz, und die Gebäude, die ich sah, bestanden zum größten Teil aus Binsenrohr und Palmenwedeln, die mit Erde bedeckt waren. Es gab natürlich gewisse Gebilde von größerer Pracht, der Palast des Statthalters und die Häuser der Regierung und die Kirche mit roten Mauern
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