Herr der Finsternis
und einem hohen Glockenturm und das von einer hohen Palisade umzäunte Fort, das die Siedlung von dem höchsten Punkt in der Gegend aus schützte.
Tomer und ich wurden wie Schafe vorwärtsgetrieben oder noch grober als die, durch die Mitte dieses Ortes, durch staubige Labyrinthe grindiger Straßen. Alles war heiß und trocken, da die Regenzeit jenen langen Monaten gewichen war, in denen es keinen Regen gab. Nur daran kann man in jenen Breitengraden den Winter vom Sommer unterscheiden: Die Winter sind trocken. Auf unserem Weg kamen einige Afrikaner herbei, um uns anzustarren, zuerst ein paar und dann große Mengen, ein ganzer Schwarm von hervortretenden weißen Augen in einer Wolke der Schwärze.
»Warum mustern sie uns so grimmig?« fragte ich Tomer. »Sollte es solch ein Wunder sein, daß hier zwei Engländer vorgeführt werden?«
»Es ist dein Haar, Andy, dein gelbes Haar!« antwortete er mir.
Zweifellos war es das, und bald kroch der kühnste der Schwarzen vor, um es vorsichtig zu berühren, wie um herauszufinden, ob es aus Gold gesponnen sei, glaube ich. Weiße Haut war kein seltsamer Anblick mehr für dieses Volk, doch helles Haar, schätze ich, muß für sie sehr neu gewesen sein, da die Portugiesen im allgemeinen ein Volk mit dunklem Haarwuchs sind. Also starrten sie mich an und ich sie. Was für eine glänzend zusammengesetzte Welt, in der einige rosa sind wie wir und einige rot und andere gelbhäutig und wieder andere ebenholzfarben! Diese Angolaner waren völlig schwarz, sowohl die Männer als auch die Frauen, und nur wenige von ihnen kamen der Farbe der wilden Olive nahe. Ihr Haar war dicht gelockt und schwarz, obwohl ich bei einigen wenigen einen schwachen roten Schimmer sah. Ihre Lippen waren nicht so dick wie die anderer Schwarzer, die ich in anderen Ländern gesehen hatte, und ihre Wangenknochen waren scharf. Die Statur der Männer war von einer mittelmäßigen Größe wie die der Portugiesen. Die Frauen wirkten stark, mit hohen und vollen Brüsten, die sie ohne Scham zur Schau stellen.
Was an diesem Ort mit mir geschehen würde, war mir ein völliges Geheimnis. Ich wußte nicht, warum die Portugiesen sich die Mühe gemacht hatten, mich hierher zu verschiffen, noch, welchen Frondienst sie hier für mich finden würden, und nichts war sicher bis auf die Tatsache, daß ich England lange Zeit nicht wiedersehen würde.
Sie stießen uns weiter zu der Festung. Die Sonne brannte in meinen Augen und blendete sie, und dann stolperte ich blinzelnd und verwirrt in einen sowohl feuchten wie auch kalten Kerker, der aus der Erde gemeißelt war. Tomer und ich lagen Seite an Seite in einer großen, verschimmelten Kammer, mit einer Barriere geschärfter Pflöcke zwischen uns. Unsere Knöchel waren mit leichten Ketten gefesselt, so daß wir nicht laufen konnten, ohne zu stolpern, doch unsere Hände waren frei. Die portugiesischen Soldaten hockten sich, nach Knoblauch und Öl stinkend, um uns herum zu Boden, schoben ihre Gesichter ganz nah vor die unseren, betasteten uns hier und da, um zu sehen, ob wir Knochen und Rippen hatten, und betasteten uns erneut. Wie abergläubische Heiden schlugen sie oft das Zeichen des Kreuzes vor uns, hielten uns ihre Rosenkränze und andere Spielzeuge entgegen und sprachen in so barbarischem, unsinnverkrustetem Portugiesisch miteinander, daß ich ihren Worten nur wenig Sinn entnehmen konnte, bis auf die Tatsache, daß sie einander anwiesen, daß wir ohne Bequemlichkeiten gefangengehalten werden sollten.
Und dann verließen sie uns. »Gott segne Königin Elisabeth!« rief ich ihnen nach. »Dieu et mon Droit ! England, England, England!« und weitere solche Dinge.
Dort blieben wir drei oder vier Tage in Dunkelheit und Elend, erhielten von Zeit zu Zeit Mahlzeiten und wurden ansonsten nicht beachtet. Insekten statteten uns Besuche ab, Spinnen mit Pelzen und kleine Käfer und Echsen der Nacht. Wir atmeten unentwegt den Gestank von Pisse und Scheiße. Als wir auf dem Stadtplatz von Barbosa getrennt wurden, hatte er gesagt, wir würden bald erfahren, was für ein Schicksal uns erwartete, doch ich fragte mich, ob diese uns übel gesonnenen Portugiesen uns einfach vergessen hatten. Schließlich jedoch erklang das Klirren von Toren und das Rasseln ferner Schlösser, und Barbosa erschien mit einer tropfenden Wachskerze. Zwei unserer Wärter begleiteten ihn, blieben jedoch ein paar Schritte hinter ihm.
Der gute Mann war so freundlich, uns eine Schüssel des Weins dieses Landes mitzubringen,
Weitere Kostenlose Bücher