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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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getan? Mich geweigert, Gott auf die römische Art und Weise zu verehren? Meine Treue einer englischen Königin statt ihrem irrsinnigen König Philip zu schwören, den sie selbst verachteten? Das war der einzige wahre Unterschied zwischen uns: ich war Engländer, und sie waren Portugiesen, und doch schauten sie auf mich hinab, als sei ich ein Türke oder irgendein rasendes Ungetüm aus den tieferen Höllen. Warum? Warum? Bei Gott und der Wahrheit, ich empfand keinen Haß für sie, nur für ihre Religion. Ich bekenne mich schuldig zu meinem Mißfallen ihres öligen portugiesischen Aussehens, doch dies nur, weil dieses Volk mir unbekannt war und ich das gute, saubere, offenherzige Aussehen von Engländern vorzog.
    Die Meeresgischt brannte in meinen Augen, und da das Schiff stark schlingerte, prellte ich mich oft, und einmal flog ein großer Vogel mit weißer Brust und hellroten Teufelsaugen langsam über das Deck hinweg und ließ seinen Dung auf meine Stirn fallen. Woraufhin die portugiesischen Matrosen lauthals lachten und erheitert auf meine Kosten mit den Handflächen auf das Deck trommelten.
    Doch als der erste schwere Sturm kam, wurden alle Hände gebraucht, um die Takelage zu bedienen, selbst die unsrigen. Wir wurden von den Ketten befreit, rieben unsere gekrümmten, geschundenen Glieder, damit das Blut wieder durch sie floß, und wurden zur Takelung hinaufgeschickt, um an den Leinen zu ziehen. Und so schufteten wir neben denen, die uns so scharf verspottet hatten. Es wäre keine große Aufgabe gewesen, einen oder zwei von ihnen mit dem Ellbogen anzustoßen und sie taumelnd ins Verderben zu schicken, als wir in den Stengen kletterten; doch das wäre Irrsinn gewesen und hätte mir nichts weiter eingebracht als ebenfalls einen nassen Tod, wenn nicht Schlimmeres, und ich vergaß den Plan. Und nach einem oder zwei Tagen ließ der Haß dieser Männer auf uns nach: nun waren wir Matrosen wie sie, mehr nicht. Obwohl wir getrennt voneinander aßen und nur Reste bekamen, wurden wir nicht mehr angekettet, und niemand schien daran zu denken, daß wir Gefangene waren. Aye, und wohin hätten wir schon mitten auf dem Meer entkommen können, abgesehen vielleicht von dem Schlund eines Hais?
    Unsere Schiffsgefährten waren ein mürrischer und verdrossener Schlag. Sie stritten oftmals untereinander, sprachen mit verderbten Flüchen und verspotteten ihre Offiziere hinter deren Rücken. Manchmal auch in deren Gesichter, und eines Morgens mitten auf dem Ozean hörte ich laute Schreie zwischen einem schwarzbärtigen, buckligen Matrosen und dem Zweiten Maat, die immer wütender wurden, bis plötzlich der Matrose den Zweiten Maat mit einem Schlag auf Deck niederstreckte, der seine Nase zertrümmerte und Blut über eine erstaunliche Entfernung spritzen ließ. Als dies geschah, stand alles still bis auf das Schiff: die Männer in der Takelage erstarrten, die, die an den Pumpen arbeiteten, standen da wie Statuen, und die, die die Taljereepe und das Takel festzogen, ließen die Taue los. Der Mann, der zugeschlagen hatte, starrte seine eigene Hand an, als habe er sie noch nie zuvor gesehen. Denn man schlägt auf See keinen Offizier und überlebt.
    Der Mann wurde ergriffen und innerhalb einer Stunde war er verurteilt und sein Schicksal besiegelt. Jeder Mann, der nicht nötig war, das Schiff zu bedienen, wurde herbeigerufen, und der Matrose wurde an einen Mast gebunden, und ein riesiger Portugiese mit Armen, die so dick waren wie bei jedem anderen die Beine, würde die Peitsche schwingen.
    Ich bin keiner von diesen Bewohnern Londons, die jeder Hinrichtung beiwohnen und mit der Menge von Anbruch der Dämmerung an warten, um einen guten Platz zu ergattern. Ich sehe keine Unterhaltung darin, einer Köpfung beizuwohnen, mit all diesen Scheußlichkeiten und diesem Tumult, wenn der tote Kopf hinterher hochgehalten wird, oder einer Verbrennung, wenn gutes Menschenfleisch zu einer Kruste verkohlt, während schreckliche Schreie die Luft zerreißen.
    Nicht, daß ich übermäßig weibisch oder zartbesaitet wäre oder mir schnell von solchen Anblicken schlecht würde; nur, ich bin ein Mann aus Essex, der niemals dazu erzogen wurde, die Vergnügungen der Stadt zu genießen: Sollen die Verderbten geziemend bestraft werden, sage ich, doch ich werde mein Vergnügen woanders suchen.
    Doch dieser Züchtigung wohnte ich bei – ich hatte keine Wahl, denn alle Mannschaften versammelten sich, und ich mußte ebenfalls zuschauen.
    Der bucklige Matrose war einer, den

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