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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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der aus Palmensaft gemacht wird: Für diese Anständigkeit mögen seine Heiligen ihm Frieden schenken. Der Wein war milchig und überaus süß und prickelte leicht in unseren Mündern.
    »Bekommt ihr zu essen?« fragte Barbosa.
    »Nicht oft und nicht gut, doch wir verhungern nicht«, sagte ich. »Wir bekommen hauptsächlich eine Art Brei. Sollen wir für immer in diesem Loch bleiben?«
    »Es gibt ein Problem«, sagte Barbosa. »Der alte Gouverneur ist tot, und hier ist alles durcheinandergeraten, und es droht ein Krieg mit den Schwarzen. Der König von Matamba und der König des Kongo und der König von Angola haben sich gegen uns verbündet, und auf der anderen Seite lauern die Jaqqas, hungrig auf böses Fleisch. Es wird Krieg geben. Zu solch einer Zeit können die Beamten hier nicht viele Gedanken an euch verschwenden.«
    »Dann laßt uns frei, wenn wir zu viel Mühe machen!« rief Tomer. »Gebt uns frei, damit wir nach Hause zurückkehren können!«
    Barbosa schüttelte traurig den Kopf. »Ihr würdet nicht eine Woche lang überleben, mein Freund. Dies ist kein Land für solche Abenteuer. Ihr müßt in São Paulo bleiben.«
    »Warum werden wir festgehalten?«
    »Man wird Verwendung für euch finden«, sagte Barbosa.
    »Was?« rief Tomer. »Niemals!« sagte ich im gleichen Augenblick.
    »Verwendung«, sagte Barbosa. »Wir sind so wenige, und die Schwarzen sind so viele. Die Verwalter haben beschlossen, englische Gefangene hier einzusetzen, von denen ihr die ersten seid.«
    »Das ist töricht«, sagte ich. »Wir werden Euch niemals dienen. Und wenn sie genug von uns hierher schicken, werden wir uns erheben, über Eure bemitleidenswerten Truppen her fallen und dieses Reich für Königin Bess nehmen.«
    »Ich bitte dich, kein solches Gerede«, sagte der Portugiese leise, »oder die Heißsporne hier werden eure Köpfe haben.«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Für euch schon, wenn der Augenblick kommt.«
    »Welchen Rat könnt Ihr uns geben?« fragte Tomer.
    »Geduld, Zuversicht, Schweigen. Leistet keinen Widerstand und hofft auf bessere Tage. Der Tod des Gouverneurs hat hier alles gelähmt, denn er war einer, der alle Autorität in sich vereinigte, und nachdem er heimberufen wurde, ist da nur leere Luft, ein Vakuum, durch das Wirbelwinde tosen.«
    Dieser Gouverneur, der kürzlich starb, so erzählte er uns, war ein gewisser Paulo Dias de Novais, ein Enkelsohn jenes Bartholomeu Dias, der den Weg um das Kap Bona Speranza gefunden hatte. Paulo Dias war es gewesen, der vor fünfzehn Jahren São Paulo de Luanda gründete, nachdem er die Gunst des Königs von Angola gewonnen und das Recht bekommen hatte, Palisaden und Forts an dieser Küste zu errichten, nach dem er den König bei Kämpfen gegen rebellische Sobas, das sind schwarze Duodezfürsten, unterstützt und viele der Eingeborenen hier zu Christen gemacht hatte. Als sich später die Dinge zwischen König Ngola und den Portugiesen abgekühlt hatten und es zu erstem Aufruhr gegen die weißen Eindringlinge gekommen war, hatte dieser Dias sich als fähiger General und entscheidungsfreudiger Mann erwiesen. Sein Tod war unser großer Verlust, da er wie Barbosa auch nicht dafür bekannt war, seine Kräfte auf müßige Feindseligkeiten zu verschwenden und sich zwei gestrandeten Engländern gegenüber, die ohne eigenes Dazutun in seine Obhut gefallen waren, vielleicht freundlich gezeigt hätte; in der Tat hatte es niemals solch einen Haß zwischen Engländern und Portugiesen gegeben, bis unser Feind Philip der König von Portugal geworden war. Doch nun war Dias tot, und die Festung hatte seinen Stellvertreter, Luiz Serrão, als seinen Nachfolger gewählt. »Serrão war zu seiner Zeit ein guter Soldat«, sagte Barbosa. »Doch er ist alt und müde und gezwungen, einen Krieg zu führen, den er nicht will. Ich glaube, er wird keine Verfügung über euch beide treffen, bis er seine anderen Probleme überwunden hat. Und dieser Tag wird vielleicht niemals kommen.«
    »Also werden wir hier bis auf ewig verfaulen?« wollte ich wissen.
    »Jesus und Maria mögen euch Trost geben«, sagte der gute Portugiese leise. »Es wäre besser für euch, wenn ihr England niemals verlassen hättet, doch ihr seid hier, und ich werde mich in meinen Gebeten an euch erinnern, denn ich glaube, es wird lange dauern, bevor ihr wieder Tageslicht seht.«
    Darin jedoch hat sich der freundliche Barbosa geirrt.
    Kaum einen Tag später wurden wir aus unserem Kerker geholt und zu einer Audienz bei diesem Serrão

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