Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
ich besonders wenig mochte: Er war einer jener, die uns am meisten verspottet hatten, als wir in Ketten lagen, und ich hatte seinen Speichel und Schlimmeres gespürt, und einmal, als Tomer und ich etwas Wein zu trinken bekommen hatten, hatte er mir die Schüssel aus der Hand gestoßen und es wie ein Mißgeschick hingestellt. So bedauerte ich kaum, daß sie ihn zu Tode peitschen würden. Doch solch eine Strafe ist eine schreckliche Todesart.
    Sie rissen ihm das Hemd vom Leib, legten seine verwachsenen Schultern und seinen Buckel bloß, und das Auspeitschen fing an. Ihr müßt wissen, daß die Peitsche, die auf See benutzt wird, nicht so ein kleines Ding ist, mit dem man Pferde antreibt, sondern ein großes, schreckliches Lederungetüm, und als sie sich hob und senkte und hob und senkte, schnitt sie das Fleisch des Übeltäters wie ein Säbel auseinander. Schweiß ölte den gewaltigen Körper des Peitschenden ein, bis er wie eine eingefettete Statue glänzte. Ich hörte das Pfeifen der Peitsche in der Luft und das Knallen, mit dem sie gegen Fleisch und Muskeln schlug, und beim fünfzehnten Hieb schien der Mann das Bewußtsein zu verlieren, und beim zwanzigsten hörte er auf zu stöhnen, und noch immer senkte sich die Peitsche mit kaum einer Unterbrechung, in der der Züchtigende Atem holen konnte.
    Es war nicht nötig, dem Mann die vollen einhundert Schläge zu versetzen, doch sie machten bis zum Ende weiter, und danach sprach der Schiffspriester über den Mann, der schon längst tot war, den papistischen Segen, und man hüllte ihn in einen Sack und warf ihn über Bord. Noch Tage später sah ich, wenn ich die Augen schloß, die Peitsche, wie sie durch die Luft pfiff.
    »Wenn man mich jemals fragt, welchen Tod ich sterben möchte«, sagte ich zu Tomer, »erinnere mich daran, die Axt des Henkers zu wählen.«
    »Aye. Wer würde dies nicht? Doch nur ein Narr schlägt einen Offizier, und eine Züchtigung ist eine gute Unterweisung für einen Narren.«
    »Und für alle anderen Narren, die ihr beigewohnt haben«, sagte ich.
    Danach gab es weniger Zank an Bord, und alle gehorchten bereitwilliger den Befehlen der Maate. Die Blutflecken verblieben viele Tage lang auf den Brettern.
    Nun ja, in der englischen Flotte werden Züchtigungen genauso streng vorgenommen, doch ich bin nicht darauf versessen, die Feinheiten dieser Methode ein zweites Mal zu beobachten.
    Von all den Portugiesen sprach während der ganzen Reise nur einer freundlich zu uns. Dies war ein gewisser Barbosa, ein friedlicher Mann von angenehmen Manieren, der eine Art Steuereintreiber für König Philip war und eine endlose, ermüdende Route zwischen Brasilien und Afrika reiste. Er war älter als die anderen, hatte einen guten Geschmack für Kleidung und einen eleganten, breitrandigen Hut, den er nach der Art der Kavaliere über ein Auge hinabgezogen trug. Er sprach gutes Englisch, und nach Anbruch der Dämmerung, wenn wir an der Reling standen, kam er oftmals zu uns und erzählte von dem Land, zu dem wir fuhren.
    Die Portugiesen, sagte er, hatten dort nur einen winzigen Besitz. Sie hatten mehrere der afrikanischen Könige übertölpelt, sie aufzunehmen und sogar die heilige Hostie und den Wein des römischen Ritus zu schlucken und sich mit portugiesischen Namen zu taufen, so daß dieser Mohrenkönig nun Don Affonso und jener Don Alvaro und der nächste der Herzog von Soundso und der Marquis von Soundso war. Doch das alles waren lediglich kleine Inseln der portugiesischen Zivilisation an der afrikanischen Küste, die von großen dunklen Teichen der monströsen Nacht umgeben waren, und es herrschte ein ständiger Krieg zwischen den Portugiesen und ihren unwilligen Gastgebern und auch mit einem Kannibalenstamm, der sich Jaqqa nannte und wie ein Teufel im Hinterland wütete. Barbosa sah dies alles von beiden Seiten. »Es ist ein tödliches Land, voller übler Malarias und geheimer Gifte. Und doch hat es Schönheit und Reichtümer, und wir werden, wenn Gott es uns gewährt, daraus ein neues Mexiko, ein neues Peru machen.«
    »Doch König Philip hat schon genug solcher Ländereien«, sagte ich.
    »Aye, doch diese wird nicht König Philip gehören! Er mischt sich nicht in die Geschicke der Länder in Übersee ein, die Portugal gehörten, bevor die beiden Königreiche vereinigt wurden«, sagte Barbosa, »und König Philip wird Portugal nicht auf ewig regieren.« Und er schaute sich um, vielleicht, weil er sich fragte, ob er belauscht worden war, obwohl ich nur schwer

Weitere Kostenlose Bücher