Herr der Finsternis
Sie umfaßten sich mit ihren langen Armen, wiederholten die Bewegungen des anderen wie Spiegelbilder, beugten sich vor und zurück, sprangen auf und ab, fielen übereinander her und warfen sich mit der größten Eleganz zu Boden.
Was die Löwin betraf, so wurde ihr Fleisch nicht verzehrt, doch man schnitt ihr den Kopf und zog ihr das Fell ab und schmückte damit den Haushalt des Imbe-Jaqqa. Und die gesamte folgende Woche sah ich Jaqqas im Lager, die die tobende Löwin zerkratzt und verwundet hatte; und auf diese Art erzogen die Männer sich zu größerem Mut, als hätten sie nicht schon genug dieser Eigenschaft.
Sie gingen auch, um ihre Beherztheit zu steigern, auf die Jagd nach Elephantos, um denen die Schwänze abzuschneiden. Dies geschah nicht, wie es bei dem seßhaften Bakongo-Volk der Fall war, um Zierrat aus den dunklen, glänzenden Schwanzhaaren zu machen. Nay, die Jaqqas schätzten den gesamten Schweif des riesigen Tieres. Denn wenn einer ihrer Hauptmänner oder wichtigsten Fürsten zu Tode kam, bewahrten sie im allgemeinen einen dieser Schwänze zum Andenken an ihn auf, und ließen ihm eine tiefe Bewunderung zukommen, indem sie die große Kraft des Tieres mit der seinen verglichen. Sie hielten den Schrein, in dem dieser bestimmte Schwanz aufbewahrt wurde, von Zeit zu Zeit hoch und sagten: »Dies ist der Schwanz des Elephantos des Jaqqa Zimbo«, oder wie auch immer der Tote hieß. Um sich diese Schwänze zu beschaffen, verfolgten sie die Elephantos auf schmalen Pfaden, wie ich es zuvor schon beschrieben habe. Doch die Amputation mußte mit einem Schlag erfolgen, und bei einem lebendigen Elephanto, oder ihr Aberglaube sprach dem Schwanz keinen Wert zu.
Diese Elephanto-Jagden habe ich selbst nicht beobachtet, denn es war ein heiliges Ritual, das die Jaqqas allein durchführten, um ihre geistige Größe zu erhöhen, und keine Jagd, zu der man einen Gefährten einladen würde. Doch drei verschiedene Male sah ich, wie ein Jaqqa ins Lager gelaufen kam und den frisch abgetrennten Elephanto-Schwanz hochhielt, und ein jeder von ihnen strahlte über das ganze Gesicht, und eine gewaltige Freude ging von ihm aus, als sei das blutige Ding, das er hochhielt, nichts anderes als der Heilige Gral des Herrn.
Auf unseren Wanderungen kreuz und quer durch das Land sahen wir oft Elephantos. Und aus der Nähe waren sie wirklich schrecklich anzusehen, obwohl sie im allgemeinen sanfte und umgängliche Geschöpfe sind. Was für alle anderen Geschöpfe nur gut ist, bedenkt man ihre gewaltige Größe. Denn gäbe es ein Tier mit der Körpermasse eines Elephantos und dem Geist eines Wolfs oder einer Löwin, so hätte es schon längst die ganze Welt erobert.
Wenn Elephantos sich uns näherten, wichen sogar die Jaqqas ihnen aus, denn wenn sie erzürnt sind, kann man sie auch mit einer Waffe kaum töten, und sie richten großes Unheil an. Sie haben große, herabhängende Ohren und lange Lippen und eine sehr kleine Zunge, die so tief in ihrem Mund sitzt, daß man sie nicht sehen kann; doch die Schnauze oder der Rüssel ist so lang, daß der Elephanto ihn wie eine Hand benutzt, denn er ißt oder trinkt lediglich, indem er den Rüssel zum Mund führt. Auch kann er Bäume damit umreißen, um an die zarten Schößlinge hoch oben heranzukommen. Einmal sah ich, wie ein Elephanto einen Jungen, der etwas Albernes getan hatte, um ihn zu ärgern, mit dem Rüssel um die Taille faßte und diesen törichten Knaben mit wild schlagenden Armen und Beinen hoch durch die Luft warf, so daß er völlig zerschmettert auf einem fernen Felsbrocken landete.
Der männliche Elephanto lebt zweihundert oder mindestens einhundertundzwanzig Jahre, der weibliche fast so lang. Sie lieben Flüsse und gehen oft bis zum Maul hinein, um sich mit Wasser zu bespritzen und zu spielen; schwimmen können sie wegen ihres Körpergewichts jedoch nicht. Da ich die alten griechischen und römischen Schriftsteller gelesen habe, weiß ich, daß man Elephantos abrichten kann, daß sie Lasten tragen und als Kriegstiere kämpfen; doch von den Afrikanern habe ich so etwas niemals gehört. Das Auge des Elephantos ist klein und sitzt hoch oben in seinem Kopf, doch es zeigt eine große Weisheit und sogar eine Art von Traurigkeit, und immer wenn ich das Auge eines Elephantos betrachtete, lief mir ein leiser Schauer den Rücken hinab, denn ich sagte mir dabei: Dies ist ein tiefgründiges und gedankenvolles Geschöpf, das lange lebt und viel versteht und etwas Heiliges an sich hat.
Wir sahen
Weitere Kostenlose Bücher