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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wollte ich ihn nicht töten; doch nun wußte ich, daß ich ihn erschlagen oder selbst sterben mußte. Es war ein großes, widerwärtiges Schwert, das er schwang, doch ein Schwert ist weder eine gute Stoß- noch eine Wurfwaffe, und ich konnte ihn aus sicherem Abstand erstechen und war auch bereit dazu.
    Ich bereitete mich auf den Stoß vor. Doch dann waren plötzlich überall Fackeln, und die Hütte war voller Krieger, die um uns herumschwärmten und uns beide ergriffen und uns die Waffen abnahmen; und einen Augenblick später erschien Imbe Calandola persönlich am Ort des Geschehens und verlangte den Grund für den Aufruhr zu wissen.
    »Als ich erwachte, wollte er gerade mit seinem Schwert zustoßen«, sagte ich. »Und wir kämpften; und dann hinderte man uns am Kämpfen. Ich bitte dich, Fürst Calandola, laß mich diese Sache beenden.«
    Und ich funkelte Machimba-lombo an, dessen eine Gesichtshälfte von der Flamme in seinem Haar ganz verschmiert war; er war zwar verletzt, bebte aber vor Zorn. Und dieser Zorn füllte nun auch mich aus, und meine Brust war so voll davon, daß ich kaum atmen konnte, denn dieser Mann hätte mich feige im Schlaf getötet, abgeschlachtet wie ein Kalb. Von unserem Ringen schmerzte mein Körper an fünfzig Stellen, die ich einen Augenblick zuvor noch nicht gespürt hatte. Über meinen Augen lag ein Schleier aus heißer, roter Wut.
    Er hatte sich genausowenig beruhigt. Er spuckte in meine Richtung und rief: »Sklaven-Jaqqa! Schweine-Jaqqa!«
    »Nachtschleicher!«
    Machimba-lombo versuchte, sich zu befreien. Ich ebenso, und beinahe wäre es mir gelungen, doch dann hielt man mich wieder fest.
    »Was ist das für ein Verrat, Machimba-lombo?« sagte Calandola. »Das ist der Kimana Kyeer, den du bedroht hast! Erkläre deinen Angriff.«
    Doch nun sagte Machimba-lombo nichts.
    Kinguri, Ntotela, Ti-Bangala und zwei oder drei weitere Fürsten traten ein. Sie beratschlagten flüsternd untereinander; Imbe Calandola rief sie zu sich; und einen Augenblick später wurde Machimba-lombo mit dicken, geflochtenen Weidenruten gefesselt und, noch immer fluchend und drohend, abgeführt. Erst dann gaben mich die Krieger, die mir die Arme auf den Rücken gebogen hatten, frei. Ich rieb meine Prellungen, die ich am ganzen Körper spürte, und Kulachinga trat überaus furchtsam zu mir und streichelte mich, um mich zu beruhigen.
    »Ich weiß nicht, warum er mich so hinterhältig angriff«, sagte ich, »denn ich habe ihm niemals ein Unrecht zugefügt; doch vielleicht hat ihn erzürnt, daß ich so schnell in deiner Gunst gestiegen bin.«
    »Es war nichts anderes als das«, sagte der Imbe-Jaqqa. Und er schaute verdrossen und nachdenklich drein, daß er, indem er mich zum Kimana Kyeer erhoben hatte, diesen geschätzten Prinzen zur Verzweiflung und zum Verrat getrieben hatte. »Er konnte deine Triumphe nicht verkraften.«
    »Und er wollte mich aus purem Neid töten? Ah, das ist es! Ich hätte es voraussehen müssen!«
    »Dein hoher Rang unter uns hat ihn sehr erzürnt, Andubatil«, sagte Kinguri. »Bevor du kamst, war er der kühnste unserer Krieger, doch deine Muskete hat sein Licht verdunkelt. Wir haben gesehen, daß er sich in den letzten Wochen verändert hat. Doch ich hätte nicht gedacht, daß er sich so sehr verändert, daß er in der Dunkelheit kommen würde, um dich zu töten.«
    Obwohl er mich auf übelste Art getötet hätte, empfand ich Trauer um diesen Fürsten Machimba-lombo. Da ich ein Mann mit ausgeglichenem Temperament bin, wie Ihr wißt, war meine Wut verraucht. Doch was für einen Schmerz mußte Machimba-lombo empfunden haben, mich so schnell bei seinem Volk aufsteigen zu sehen! Denn ich wußte, daß diese Jaqqa-Fürsten, waren sie bei klarem Verstand, einen Ehrbegriff hatten, der es ihnen nicht erlaubte, einen so schändlichen Mord zu begehen.
    »Was wird nun mit ihm geschehen?« sagte ich zu Calandola.
    »Er wird verurteilt und getötet werden.«
    »Gibt es keine Möglichkeit, ihn zu verschonen?« fragte ich.
    Der Imbe-Jaqqa schaute verblüfft drein. »Was, du willst ihn verschonen?«
    »Das ist die Art der Christen«, sagte Kinguri leise zu ihm. »Sie lieben ihre Feinde, weil ihr großer Mokisso es ihnen so befiehlt.«
    »Ah«, sagte Calandola zu mir, »du liebst ihn also?«
    »Bei Gott, ich liebe ihn nicht, o Imbe-Jaqqa!« rief ich. »Als er unter meinem Griff zu Boden lag, hätte ich ihm wegen seines Verrats an mir das Leben genommen, hätte ich es nur gekonnt. Doch nun habe ich mich beruhigt. Ich

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