Herr der Finsternis
ist noch nicht bereit, die Stadt zu nehmen. Zuerst müssen wir unsere Zahl vergrößern, auf das Dreifache dessen, was wir jetzt sind; und dann werden wir unterhalb von Dongo ein Lager aufschlagen, der Stadt den Zugang zu den Feldern nehmen und sie ein wenig aushungern. Und wenn sie ausgehungert genug ist, werden wir über sie herfallen, sie nehmen und vom Antlitz der Erde entfernen. Und das wird das Ende des Königs Ngola und seines Stammes sein.«
Dies sagte er überaus ruhig, anscheinend ohne Blutdurst. Seine Worte erinnerten mich an die des Calandola über dessen göttlichen Auftrag, die Welt von ihren Städten und Bauernhöfen zu befreien. Diese Auffassung teilte auch Kinguri, und auf eine leidenschaftslose Art sehnte er sich danach, Afrika zu einem neuen Eden für einfache, nackte Schäfer zu machen.
Nun, ich nehme an, das ist kein schlechterer Grund, in den Krieg zu ziehen, als so mancher anderer, und vielleicht sogar ein besserer. Denn was rechtfertigt es, einfach in ein Land einzumarschieren, um seinem Volk das Papsttum auf zuzwingen oder um ihm das Papsttum zu nehmen oder einen Regierungswechsel vorzunehmen, bei dem der eine wollüstige, gierige Fürst gegen den anderen ausgetauscht wird? Und der Krieg, den die Spanier gegen die Indianer geführt, bei dem sie ihnen ihr Gold gestohlen und dafür Pocken und andere Krankheiten gebracht haben – war der etwa edler als der Traum der Jaqqas, die Erde von allem zu reinigen, was die Menschen darauf erbaut hatten? Ich stand noch immer unter Calandolas Bann, und obwohl ich seinen monströsen Ehrgeiz nicht teilte, hatte er in meinen Augen Bestand. Ich sah darin eine Art seltsamer Poesie und eine überwältigende Einfachheit. Aye, entfernt alle, die die Erde entweiht haben, von ihrem Antlitz! Reißt die Städte nieder, treibt die treulosen Portugiesen ins Meer! Warum nicht? Es hatte seine Vorzüge. Morgen Dongo, und São Paulo de Luanda am Tag darauf. Aye, warum nicht, warum nicht? Und dann würde das Land seinen Frieden gefunden haben, und die Schafe konnten in Sicherheit weiden.
Kinguri führte mich näher an die Stadt Dongo heran. Ich fragte mich, ob er sie betreten wollte, was unser sicherer Tod sein würde, da ich in diesem Land so verdächtig war wie ein dreiköpfiges Kalb und er mit seiner Jaqqa-Statur und den Verzierungen kaum weniger auffällig.
Doch das war nicht seine Absicht. Als wir uns der Stelle näherten, wo sich der Pfad nach Dongo in die Berge hinaufwand, deutete er nach links und sagte: »Auf dieser Wiese leben die heiligen Pfaue des Königs Ngola, die er mehr als alles andere schätzt. Wenn du einem auch nur eine einzige Feder raubst und dabei ertappt wirst, ist dein Leben verwirkt. Gehen wir auf diese Wiese, Andubatil, und holen wir uns ein paar Federn.«
»Und wenn man uns faßt?«
»Dann werden wir sterben. Aber wir werden tapfer sterben.«
Ich konnte den Sinn dieser Anstrengung nicht sehen. Die Schwingen des Todes hatten mich diese Woche schon einmal berührt, und ich trug noch die Spuren meines Kampfes mit Machimba-lombo. Doch Kinguri schien seinen Plan unbedingt durchführen zu wollen, und nachdem ich ihn so weit begleitet hatte, konnte ich mich nicht abwenden.
So stahlen wir uns auf die Wiese, die feucht war und umgeben von säulenartigen Pflanzen, deren Stämme und Blätter einen bläulichen Farbton hatten. Vor uns befanden sich die königlichen Tiere; sie flogen auf die Bäume hoch und von ihnen hinab, spreizten ihre gewaltigen Schwänze und stießen wilde, schrille Schreie aus. Der Ort schien unbewacht zu sein, was mir seltsam erschien, waren diese Vögel dem König wirklich so wertvoll. Doch Kinguri sagte, Wachen lägen auf der Lauer, und trug mir auf, nach ihnen Ausschau zu halten.
Aus seinem Beutel zog er einen Lederstreifen, an dessen einem Ende zwei runde Steine befestigt waren. Überaus wachsam näherte er sich den Pfauen, um dieses Ding auf sie zu werfen und einem die Beine damit zu verschnüren. Die beiden ersten Versuche schlugen fehl, da die Vögel flinker waren, doch beim dritten traf er einen, der ein lautes Zetern und Toben anfing, als sich das Leder nach Kinguris kräftigem Wurf um seinen Körper schlang.
»Komm!« rief er, und wir stürmten vor, und mit unserem Messer schnitten wir dem Vogel die Kehle durch.
Dann faßte er mich am Oberarm und fügte mir sehr schnell, bevor ich den Arm zurückziehen konnte, einen tiefen, aber schmalen Schnitt zu, und sich selbst ebenfalls. Und er nahm die Kehle des Pfaus und ließ
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