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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Fall. Denn als wir weitermarschierten und dabei aus einem Tal einen großen Hügel hinaufstiegen, schauten wir nach Westen in eine tiefe Spalte zwischen zwei Hügeln, und dort waren sie. Sie saßen im Schatten eines breitkronigen Baumes, der in einem kleinen, brackigen Teich wurzelte. Es waren sechs, und vier Pferde, und Golambolo machte mit seinen scharfen Augen aus, daß eins der Pferde dem Tod nahe und die drei anderen nicht viel lebhafter waren. Offensichtlich hatten die Portugiesen ein Lager aufgeschlagen, um ihren Stuten zu ermöglichen, wieder zu Kräften zu kommen; und damit hatten sie einen großen Fehler begangen, denn dies lieferte sie uns aus.
    »Ich werde sie ergreifen«, sagte Golambolo.
    »Aye. Suche dir neun Männer aus, steige dort hinab und nimm sie gefangen. Dann bringe sie zum Fürsten Calandola zurück. Sag ihm, daß ich sie nach meiner Rückkehr von Masanganu befragen und von ihnen wertvolle Informationen über die Portugiesen in dieser Provinz bekommen werde. Und wenn du dies getan hast, marschierst du weiter und triffst mich bei der Stadt Ndala Chosa.«
    »So werde ich es tun«, gab Golambolo zurück.
    Er zog mit seinen neun Männern davon und in das Tal hinab, in dem die sechs Portugiesen lagerten. Ich wußte, daß ich ihm vertrauen konnte und er die Aufgabe mit Leichtigkeit bewerkstelligen würde; daher wartete ich nicht ab, sondern setzte mit meinen anderen Männern den Weg nach Norden fort. Wir entdeckten nichts Bemerkenswertes in dem öden Land vor uns, bis wir zu jenem Ort kamen, der Ndala Chosa heißt und ein paar Meilen stromaufwärts von Masanganu am südlichen Ufer des Flusses Kwanza liegt. Einen oder zwei Tage lagerten wir in diesem Dorf, denn ich hatte das Mißgeschick erlitten, mir den Fuß zu vertreten und so heftig zu verstauchen, daß ich nicht auftreten konnte. Während ich gezwungenermaßen ruhte, schickte ich Kundschafter aus, die bald mit Nachrichten aus jenem Teil der Provinz zurückkehrten, der sich von Ndala Chosa bis zum großen Wasserfall erstreckte. Es befinde sich ein portugiesisches Heer dort, sagten sie; nicht nur die übliche Besatzung des Presidios von Masanganu, sondern ein paar hundert weitere Männer, die außerhalb des Ortes lagerten, als bereiteten sie sich auf einen Krieg vor.
    »Bringt mich augenblicklich dorthin«, sagte ich.
    Es entspricht nicht der Natur der Jaqqas, Männer in Sänften zu tragen, wie es bei dem dienstbaren Bakongo-Volk üblich ist, doch nun hatten wir keine andere Wahl. Also zimmerten sie etwas zusammen, worauf sie mich tragen konnten, und wir nahmen den Weg nach Masanganu, bis wir einen niedrigen, sanft abfallenden Hügel erreichten, von dem aus wir gute Sicht auf die dahinter liegende heiße Hochebene hatten. Und in der Tat hatten die Portugiesen dort eine große, gut bewaffnete Streitmacht zusammengezogen.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte ich. »Sind sie nur auf Streife, oder wollen sie Kisama erobern?«
    Niemand konnte mir diese Frage beantworten. Und als ich zu ihnen hinabschaute, fühlte ich, wie mein Herz kräftig pochte und meine Seele schwankte, und ich empfand den mächtigen, alles überwältigenden Drang, mit meiner Fingerspitze auszuholen und diese Portugiesen von der Ebene zu wischen oder sie wie lästige Insekten in die Erde zu bohren. Aye, da wallte der Jaqqa in mir auf! Mit welchem Recht lagerten sie dort, fragte ich mich, mit all ihrer Ausrüstung, den Zelten und ihrem Kehricht und Abfall? Wischen wir sie fort, dachte ich. Und alle anderen auch, selbst die in São Paulo de Luanda! Soll es Krieg geben zwischen Jaqqa und Portugal, und treiben wir sie ins Meer.
    Doch noch während diese wilden, kriegerischen Gedanken in mir kreisten und in meiner Seele Blutdurst erzeugten, überdachte ich den praktischen Nutzen eines solchen Feldzugs der Vernichtung und Auslöschung. Denn wenn die Portugiesen aus diesem Land vertrieben waren, würden vielleicht die Engländer kommen. Durch meinen erhitzten Verstand trieb eine Vision, wie ich ein holländisches Handelsschiff nach England bestieg, dort einen Trupp von Abenteurern zusammenstellte und nach Afrika zurückkehrte, um einen Feldzug zu unternehmen, der die Portugiesen vollends von hier verdrängte. Aye! Ich würde ein Bündnis mit meinem Bruder Calandola eingehen und ihm schwören, niemals unsere Mutter, die Erde, zu beleidigen, wie die Portugiesen es getan hatten, und dann die Sklavenhändler aus São Tomé vertreiben und ein neues England in diesem heißen, westafrikanischen

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