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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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allesamt, sagte Barbosa, und niemand wird dorthin gehen, wenn er es verhindern kann, denn es ist ein Ort, an dem die Menschen wie Hühner am Fieber und an Krankheiten sterben.« Tomer schaute mich an, und ich sah mehr Zorn als Furcht in seinen Augen. »Dieser fette alte Schurke hat den einfachsten Weg gefunden, uns loszuwerden. Masanganu! Ein Ort, wo die Menschen wie Hühner sterben, hat Barbosa ihn genannt. Wo die Menschen wie Hühner sterben.«
5
    Des Statthalters Pinasse war, selbst was Pinassen betrifft, ein bescheidenes Schiff, mit einem krummen Sparren auf dem Fockmast, und sein Großsegel war nach Art der Araber aufgebauscht, so daß es dazu neigte, den Bug zu senken. Ich war froh, daß wir nicht darauf berufen wurden, um sie in Meeresgewässer zu führen, denn ich argwöhnte, solch ein Schiff würde bei schwerem Seegang oder einer leichten Änderung der Windrichtung unvorhersehbar aus dem Kurs laufen. Doch wir mußten es nur auf eine Entfernung von einhundertdreißig Meilen den Fluß Kwanza hinaufsegeln.
    Dieser Fluß mündet kurz unterhalb von São Paulo de Luanda ins Meer. Die Pinasse, die dort wartete, hatte fürwahr nur eine kleine Besatzung, kaum genug Männer, um den Anker einzuholen und die Segel zu setzen: kein Wunder, daß sie Engländer in ihre Dienste zwangen. Die Portugiesen hatten sich in Angola viel zu sehr ausgebreitet; es gab nur ein paar hundert von ihnen, die all die Forts füllen mußten, während sich an jeder Grenze die Feinde zusammenzogen. An Bord der Pinasse war der Kapitän gleichzeitig der Lotse, ein Portugiese mit fleischigem Gesicht namens Henrique, und die anderen waren nichts als gewöhnliche Matrosen, die taten, wie man sie hieß, mehr aber auch nicht.
    Neun Tage fuhren wir den Fluß Kwanza hinauf, während denen ein portugiesischer Matrose starb und ein anderer tödlich erkrankte. Das Land hier ist so heiß, daß es ihre Herzen durchbohrt. Wir kamen nur langsam in schrecklicher Stille voran, die von schrecklichen Geräuschen unterbrochen wurde: des Tags vom wilden Geschrei der Vögel, des Nachts von den scheußlichen Lauten der Leoparden und Löwen und Schakale und Hyänen. »Wir haben nur einen Segen«, sagte Henrique zu mir, denn er war höflich und zeigte uns keine Verachtung, »nämlich, daß wir die Reise in der Trockenzeit machen. Denn in der Regenzeit fallen schwarze Insekten in dichten Wolken über uns her, und wir atmen und essen sie und zwinkern sie aus den Augen.«
    Coccodrillos sonnten sich auf schlammigen Bänken und lächelten ihr Coccodrillolächeln, an das ich mich von Brasilien so gut erinnerte. Wenn wir uns ihnen näherten, glitten sie geräuschlos in das dunkle Wasser hinab. In Lagunen wateten Wasservögel zu Tausenden und nährten sich an glücklosen kleinen Geschöpfen. Da waren schwarzweiße Störche düsteren Aussehens, die mir wie Todesboten erschienen, und auch ein anderer großer Vogel mit einem seltsam geformten Schnabel, der wie ein großer Löffel aussah. Und am Ufer wuchs in weit übermannshoher Größe schilfähnlicher grüner Papyrus mit Spitzen, die zu Fächern geformt waren, während dahinter der Dschungel lag, Palmen und Kletterpflanzen und so weiter, die sich zu einem undurchdringlichen Wall verschlungen hatten. Manchmal sahen wir die Flußpferde oder Hippopotami, von denen nur die platten Nasen und die breiten, funkelnden Rücken aus dem Wasser ragten. Und manchmal lagen die Coccodrillos so dicht auf den Bänken, daß wir uns wegen ihres schweren Moschusgeruchs beinahe übergeben mußten. Der seltsamste Anblick von allen, die wir schauten, war jedoch weder ein Coccodrillo noch ein Flußpferd, sondern ein Mann einer menschlichen Rasse.
    Dies trug sich vielleicht auf halber Höhe des gewundenen Flußlaufes zu, direkt hinter einem See, der den Namen Soba-Njimbe-See trägt. Hier, auf einem flachen Stück Land vor dem Rand des dichten Dschungels, stand ganz allein ein Schwarzer von gewaltiger Größe und tiefdunkler Hautfarbe, einem reinen Kohlschwarz mit einem purpurähnlichen Anflug darin. Er war völlig nackt bis auf einen perlenbestickten Gürtel, der sein Geschlechtsteil, das von fürchterlicher Größe war, keineswegs bedeckte. Er trug an einer Hüfte eine Art Dolch und an der anderen eine längere Waffe, lehnte sich auf einen schweren Schild und starrte in die Ferne, ohne mehr Notiz von unserem passierenden Schiff zu nehmen als von einem Käfer auf einem dahintreibenden Strohbüschel.
    An diesem einen Mann waren eine Fremdartigkeit und ein

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