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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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den Grund dafür nennen konnte. Der in Wirklichkeit natürlich jener war, daß noch zu viel von den Jaqqas in mir war; daß mein Verstand und meine Seele von den dunklen Riten dieses Dschungelvolkes, an denen ich teilgenommen hatte, korrumpiert waren; daß ich einige Zeit brauchte, um mich von all dem zu reinigen und eine volle Säuberung durchzumachen, bevor ich mich in das reine, stille Leben in England begeben konnte, von dem ich so lange fortgewesen war, daß ich kaum noch der Meinung war, dorthin zu gehören.
    Der Gouverneur gab mir seinen Eid, daß ich nach Hause zurückkehren würde. Und wie Ihr wißt, war dies fürwahr ein Eid, den ich schon oft zuvor gehört hatte. Doch dieser Coutinho erschien mir aufrichtig. Ich könne nach Hause gehen, wann immer ich wolle, sagte er, und ob ich ihm in der Zwischenzeit noch einen kleinen Dienst erweisen könne?
    Ah, dachte ich, das alte Lied wird erneut angestimmt; dies ist das Rad, an das ich auf ewig gefesselt bin. Wenn ich nicht als Lotse für sie dienen sollte, dann als Soldat ihres Heeres oder in einer anderen Funktion, ich, der ich mich doch nur aus den Gefechten zurückziehen und an meinem Seelenheil arbeiten wollte. Und doch war ich ihm für meine Rettung verpflichtet.
    Was war dies also für eine Kleinigkeit, die er von mir verlangte? Nun, er wollte in die Provinz Kisama marschieren, alle Rebellen zur Räson bringen, den Jaqqas ein Ende bereiten, wenn er sie nur fand, und ein für alle Mal die Macht des Häuptlings Kafuche Kambara brechen. Nun, und ob ich ihn bei diesem Unternehmen nicht begleiten wolle, da ich diese Menschen ja so gut kannte und ihre Zunge sprach, als wäre ich unter ihnen geboren.
    Nun, was konnte ich sagen? Ich war ihm verpflichtet. Also zog ich erneut in den Krieg. Der Gouverneur machte mich zu einem Feldwebel der portugiesischen Streitmacht, und mir unterstanden einhundert Mann. Zuerst marschierten wir nach Muchima, dem Ort, wo ich vor langer Zeit zum ersten Mal dem blutigen Zorn der Jaqqas begegnet war, und im Presidio dort sammelten wir weitere Soldaten; von dort aus ging es dann in südöstliche Richtung zu einem Ort namens Cava und dann nach Malombe, was die Hauptstadt eines großen Fürsten war, der Kafuche Kambara Untertan war. Hier verweilten wir vier Tage, und es kamen viele Fürsten und unterwarfen sich uns, so daß unsere Streitmacht mit schwarzen Hilfstruppen gewaltig anschwoll.
    Von dort aus marschierten wir nach Agokayongo, wo ich kürzlich solch schreckliche Ereignisse miterlebt hatte. Der Häuptling dieser Stadt war ein Christ, und wir ließen uns acht Tage dort nieder und empfanden die Stadt als sehr angenehm und voller Vieh und Lebensmitteln. Doch hier überkam mich ein neues Unheil, denn der freigebige Don João Coutinho erkrankte an dem Fieber, das in Masanganu so verbreitet ist und das er, in seinem Körper verborgen, von diesem Ort mitgebracht hatte. Er siechte schnell dahin und tobte ein paar Tage wie von Sinnen, und dann starb er, was für uns alle ein großer Verlust war, und insbesondere für mich.
    Als seinen Nachfolger wählte das Heer nun seinen Stellvertreter, dessen Name Manoel Cerveira Pereira lautete. Er war nicht sehr nach meinem Geschmack. Dieser Cerveira Pereira war von kleiner Gestalt und sehr hartfleischig und dunkel, wie manche Portugiesen es sind, als hätte die Sonne alle Gnade und Barmherzigkeit aus seinem Körper gebacken. Er war von ernster Miene und tief religiös, betastete ständig seine Rosenkränze und Kruzifixe und anderen heiligen Gegenstände. Die Jesuiten von Angola schätzten ihn sehr, und er gab ihnen viel Einfluß in der Kolonie, was ihm die Feindschaft vieler Reichen und Mächtigen einbrachte. Mich behandelte er nach außen hin mit Höflichkeit und bestätigte mich in dem Amt des Feldwebels, das Don João Coutinho mir verliehen hatte. Doch weil Cerveira Pereira ein so hingebungsvoller Papist war und ich bloß ein protestantischer Ketzer, sah er mich insgeheim als jemanden an, bei dem ein einmal gegebenes Versprechen nicht bindend war, und täuschte mich leider auf vielerlei Art und Weise.
    Doch eins will ich ihm zugute halten: Er war ein ausgezeichneter Soldat. Sobald er dem verstorbenen Gouverneur ein anständiges Begräbnis gegeben hatte, hielt er vor seinem Heer eine Rede und bereitete sich auf den Aufbruch vor. Wir waren achthundert oder noch mehr Portugiesen, und ich weiß nicht wie viele tausend Schwarze: fürwahr ein sehr großes Heer und gut bewaffnet. Wir marschierten nach

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