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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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blauen Augen mußte ich ihm wie der leibhaftige Teufel vorkommen.
    Cerveira Pereira ließ in Kamkamba ein Presidio errichten, und erneut schickten sich die Portugiesen an, sich auf die Suche nach den Silberminen zu begeben, doch ich glaube, sie fanden nur wenig Silber oder überhaupt keins. Dieser neue, eifrige Gouverneur, der keine königliche Vollmacht von seinem Herrscher hatte, war sehr grausam zu seinen Soldaten, so daß ihn mit der Zeit all seine Freiwilligen im Stich ließen; und das bedeutete, daß er nicht weitermarschieren konnte. So blieben wir Monat um Monat in Kambambe.
    Dann kamen zwei Jesuiten zu uns, die den Kwanza hinaufgefahren waren, um dem Gouverneur gewisse Nachrichten zu überbringen; als sie ihn in Masanganu nicht angetroffen hatten, waren sie hierher weitergefahren. Diese beiden beratschlagten sehr lange mit Cerveira Pereira, und zwei Tage darauf kamen Boten und sagten, Cerveira Pereira wünsche mit mir zu sprechen.
    Ich ging zu ihm, und er erklärte ohne irgendeine freundliche Konversation zuvor: »Eure Königin Elisabeth ist tot.«
    »Nay, das kann nicht sein!« rief ich und nahm die Nachricht auf wie einen heftigen Schlag gegen meinen Hals.
    »Die Jesuitenpater haben mir die Nachricht gebracht. Sie sagen, sie sei schon lange tot, im April 1603 gestorben.«
    »Wer ist dann König in meinem Land?«
    »James von Schottland, der Sohn der Schottischen Königin.«
    »Aye, ich nahm an, daß er es sein würde«, sagte ich. »Denn sie starb als Jungfrau, unsere Elisabeth, und der Schottische König ist von königlichem Blut.« Und ich versuchte, inbrünstig zu denken: König James, König James, versuche, den Hall dieser Worte in meinem Kopf richtig klingen zu lassen, denn im Augenblick klangen sie völlig falsch. König James. Nie zuvor hatte es einen König James von England gegeben, meist nur einen Heinrich, Wilhelm, Eduard und Richard, und einen vereinzelten Johannes und Stephan, so daß James ein seltsamer Name auf dem Thron war. Und überdies hatte es zu meinen Lebzeiten überhaupt keinen König von England gegeben, sondern nur die Königin, nämlich Elisabeth, und vor ihr Königin Maria Tudor, die blutige, so daß ich mich in meinen Gedanken an die Herrschaft von Frauen gewöhnt hatte. König James? Aye, also dann König James, König James, König James. Ich würde versuchen, die Musik dieses Namens auswendig zu lernen, wenngleich sie mir jetzt wie ein Mißklang erschien. König James. Von diesem Mann wußte ich wenig oder nichts, abgesehen davon, daß er ein Schotte war und es hieß, er sei nicht schön anzuschauen, und daß er ein Protestant war, obwohl seine Mutter Katholikin gewesen war. Ein wirklicher Protestant sicher, denn sonst hätte Elisabeth ihm nicht die Krone hinterlassen.
    »Es gibt noch mehr Neuigkeiten, Don Andres«, sagte Cerveira Pereira.
    »Der Krieg zwischen Spanien und England hat auf Befehl von König James und König Philip ein Ende gefunden, und so gibt es auch Frieden zwischen Portugal und England, der im letzten August proklamiert wurde.«
    »Gott sei gepriesen! Dann bin ich in diesem Land niemandes Feind mehr!«
    »So ist es der Fall«, sagte er.
    »Ich wende mich mit einer Bitte an Euch, Don Manoel, nämlich, mir die Erlaubnis zu geben, in mein Heimatland zurückzukehren, da ich nicht länger mehr Gefangener des Reiches bin, sondern nur noch ein Reisender hier.«
    Er betrachtete mich lange aus seinen harten und glänzen den dunklen Augen, und ich kam mir vor wie ein Fisch am Haken, der in der Luft baumelt, während der Angler überlegt, ob er ihn in die Freiheit des Wassers zurückwerfen soll.
    »Ihr könnt in den Archiven in São Paulo de Luanda nachschlagen«, sagte ich in sein Schweigen hinein, »in den Aufzeichnungen aus Gouverneur Serrãos Zeit, die erklären, wie ich aus Brasilien hierher gebracht wurde, nachdem man mich auf meiner Freibeuterfahrt gefangengenommen hat, und…«
    »Das weiß ich alles«, erwiderte er. »Und Ihr habt uns sehr tapfer gedient, Don Andres.«
    »Sicher hat dieser Dienst nun ein Ende gefunden.«
    »Ich glaube schon«, sagte er.
    »Dann darf ich gehen?«
    »Aye«, sagte er. »Reicht mir eine schriftliche Petition ein, und ich werde Euch die Erlaubnis geben, und Ihr könnt nach Hause zurückkehren.«
    Solch einfache und leichte Worte! Solch eine Beiläufigkeit, die von seinen Lippen fiel! Ich würde England wiedersehen! Ich würde in König James’ Land zurückkehren, denn Gouverneur Cerveira Pereira hatte mir die Erlaubnis

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