Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
hoch, wirbelte herum, hätte mir beinahe den Bart geschoren und schrie erneut in seiner Coccodrillo-Sprache auf.
    Ich war sicher, daß ich unter seiner Hand sterben würde, so verrückt war er, doch ich wollte es ihm so schwer wie möglich machen. So jagte er mich über den engen Platz, den wir zur Verfügung hatten, schlug nach mir und verfluchte mich und weinte und stöhnte, während sich das Blut über ihn ergoß und seine Gefolgsleute betrunken untereinander kämpften. Ich sehnte mich nach einer Pistole, die ich ihm ins Gesicht stoßen und mit der ich ihn zur Hölle schicken konnte; doch ich hatte keine, und meine Muskete war in meiner Hütte, und sie wäre auf so enge Distanz sowieso nutzlos gewesen. Ein Schwert hatte ich, und endlich war ich imstande, es zu ziehen, und einen Augenblick lang standen wir uns als Gleichwertige gegen über. Doch nur einen Augenblick lang, denn als ich ihn mit meiner Klinge angriff, schlug er so heftig mit seiner Axt darauf, daß mein Arm taub wurde, ich die Waffe fallen ließ und nicht mehr wußte, ob ich noch einen Arm hatte oder nicht.
    »Jesu empfange mich!« rief ich.
    »Inga negga hagga khagga!« rief Calandola, oder ein anderes wildes Kauderwelsch dieser Art.
    Und er schickte sich an, mich anzugreifen und mir ein Ende zu machen. Doch in diesem Augenblick erklang ein Donnerschlag, und eine Stichflamme brach hoch, und ein zweiter solcher Donnerschlag und ein dritter. Mitten im Schlag hielt der Imbe-Jaqqa inne und sah sich um.
    Eine Kanone!
    Aye, von allen Seiten erklangen christliche Waffen! Denn wir waren umzingelt, das Heer der Portugiesen war endlich gekommen und hatte diesen Ort umzingelt, während die Jaqqas sich blind dem Wein hingegeben hatten. Ach, zu spät für Doña Teresa, aber rechtzeitig, rechtzeitig, um mich zu befreien, war die Garnison aus Masanganu eingetroffen und überzog die Menge der Jaqqas mit einem tödlichen Krieg.
    Imbe Calandola betrachtete mich im Augenblick des Überfalls überaus melancholisch, genau wie Caesar Brutus betrachtet haben mußte, denn ich glaube, er vermutete, daß ich die Armee hergelockt hatte.
    »Ah, Verräter, Verräter«, sagte er mit leiser, trauriger Stimme und streckte den Arm aus, ergriff meine Schulter und hielt sie einen langen Moment fest, wie ein Bruder in einer dunklen Zeit einen Bruder halten mag, so daß ich genau fühlte, wie seine mächtige Seele auf mich einstürmte. Und ich glaubte, er würde mich nun erschlagen, doch er runzelte lediglich die Stirn, bespuckte mich und drehte sich ohne ein weiteres Wort um. Dann rief er nach seinen Unterführern: »Kasanje! Kaimba! Bangala!«
    Die Invasion der Portugiesen hatte ihn völlig ernüchtert. Ich glaube, er hätte jetzt gern Kinguri an seiner Seite gehabt und auch Andubatil; doch Kinguri lag verstümmelt im Staub, und Andubatil war nicht mehr Andubatil; er hatte sein Bündnis mit den Jaqqas aufgekündigt und war wieder Andrew Battell aus Leigh in Essex.
    Calandola lief wie ein Luzifer, dessen Pläne man durchkreuzt hatte, in die eine Richtung davon und ich in die andere, mit dem Vorhaben, mich in die Dunkelheit des Unterholzes zu schlagen und die Perlenketten und Knochen der Menschenfresser-Nation abzulegen. Lieber nackt sein als ein Jaqqa. Als ich davonlief, sah ich, wie der alte Ntotela und Zimbo zu mir gelaufen kamen, beide verwundet und mehr als nur halb betrunken wirkend. Sie jubelten mir zu und riefen: »Andubatil! Imbe-Jaqqa Andubatil!«
    »Ah, nay, ich werde nicht euer König sein«, sagte ich, denn dies war ihre Absicht: mir nun, wo alles andere ins Chaos gestürzt war, die Jaqqa-Krone anzubieten.
    »Imbe-Jaqqa!« sagten sie erneut, traurig und verwirrt, doch ich schüttelte den Kopf und lief an ihnen vorbei.
    Feuer loderten auf, staubige Rauchwolken erhoben sich. Aus ihren Stellungen um uns herum feuerten die Portugiesen immer und immer wieder, ließen in der Dunkelheit einen Sonnenaufgang explodieren, und die Jaqqas liefen überaus wild durcheinander; ihre Tapferkeit hatte sich wegen des überraschenden Angriffs und des Mangels an Führerschaft völlig verflüchtigt. Sie liefen hierhin und dorthin, eine kopflose Menge. Einige stürzten in das benachbarte Lager des Kafuche Kambara, wo sie wohl niedergemetzelt wurden; andere hielten ihre Stellung und kämpften gegeneinander, während die Portugiesen sie mit ihrer geordneten Schlachtreihe zur Hölle schickten; einige verfielen dem Wahnsinn und schrien und tobten in den Bäumen; und ich weiß nicht, was die anderen

Weitere Kostenlose Bücher