Herr der Finsternis
Du bist klug und lernst die Dinge schnell.«
Darauf erwiderte ich nichts.
»Dieses Fleisch ist vom Schenkel des Elephanto, und dies ist ein Schleim, der in diesem Land die Stelle von Brot einnimmt. Und dies ist eine Bohne, die nkasa heißt und gekocht wird. Das Öl ist das des Palmenbaums, da dies kein Land für Oliven ist. Und die Weine sind die guten Weine der Kanarischen Inseln. Wir haben nicht genug Salz hier, speisen ansonsten jedoch recht gut. Warum bist du ein Gefangener, Engländer?«
»Weil ich gefangengenommen wurde.«
»Ja. Ja. Das weiß ich. In Brasilien, nicht wahr?«
»Aye, Herr.«
»Doch Gefangene sind unnütze Lasten. Wenn wir dich nicht töten, sollten wir dafür sorgen, daß du dich irgendwie nützlich machst.«
»Dies ist geschehen. Gouverneur Serrão setzte mich vor etwa zwei Jahren auf einer Reise zum Presidio Masanganu ein. Doch als ich zurückkehrte, wurde ich krank, und nach dem ich mich erholt hatte, wurde ich in den Kerker geworfen. Warum, weiß ich nicht. Seit dieser Zeit schmachte ich in einem der Kerker unter der Zitadelle.«
»Du bist Lotse?«
»Das bin ich.«
»Und bereit, mir zu dienen?«
»Es ist nicht meine erste Wahl, doch ich ziehe es der Gefangenschaft vor.«
»Und deine erste Wahl?«
»Nach meinem England zurückzukehren. Ich habe eine Verlobte in England, und mein einziger Traum ist es, zu ihr zurückzukehren und sie zu meiner Frau zu machen und den Rest meines Lebens auf Land zu verbringen.«
»Und doch warst du in Brasilien ein Pirat.«
»Ein Freibeuter, Herr, der etwas Gold zu gewinnen suchte, mit dem er sich Land kaufen konnte.«
»Etwas Gold zu stehlen suchte, meinst du?«
»Es wäre nicht das Gold Portugals gewesen, Don João, sondern das Perus, das die Spanier schon gestohlen haben, obwohl Gott es ihnen nicht zugedacht hat.«
»Ah«, sagte er und sagte lange darauf nichts mehr, sondern nahm sich seine Schüsseln vor und suchte in ihnen nach weiteren Bissen Fleisch. Dann schließlich sagte er: »Du gefällst mir, Battell.«
»Habt Dank, Don João.«
»Fürwahr. Du hast eine grobe englische Ehrlichkeit an dir, die mir gefällt. Du katzbuckelst nicht, du leckst keinen Speichel. Als ich dachte, du wolltest mir schmeicheln, sagtest du, ich ahme nur Eure Aussprache nach, wo mir einer der Hauptmänner hier einen langen Gesang über die Eleganz meines Stils vorgetragen hätte. Ich glaube, ich werde dich nach Hause gehen lassen.«
Das hatte ich nicht erwartet. Es traf mich so, daß meine Zunge am Gaumen meines Mundes festgenagelt war und mein Unterkiefer wie der eines geistlosen Greises hinabhing.
»Das heißt, wenn du mir hier einige Dienste leistest«, fuhr er fort.
»Nennt sie mir, Herr!«
»Wir haben einen Mangel an Seeleuten. Es gilt, einigen Handel hier an der Küste zu treiben, mit dem Königreich Kongo und nordwärts darüber hinaus mit Loango, wo sie Reichtümer haben, die sie gegen Tand eintauschen werden – die Zähne und Schwänze des Elephantos und das Öl der Palmen und die Stoffe, die sie auch aus Palmen machen, und viel mehr, was wir für Glasperlen und Spiegelglas und groben Stoff haben können. An gewöhnlichen Matrosen haben wir genug, doch kaum jemanden, der sie befehlen, der navigieren und die Pinasse von den Riffen fernhalten kann. Ich möchte, daß du als Lotse für uns arbeitest, ein paar Reisen, vielleicht einen Dienst von sechs Monaten oder einem Jahr, und wenn du dich ehrbar benimmst, werden wir dich dann auf ein Schiff nach Europa setzen, und Gott sei mit dir.«
Mein Gesicht wurde rot, und ich stammelte vor Freude, denn dies war die Antwort auf all meine Gebete.
»Don João!« sagte ich. »Don João!«
»Du wirst mir also dienen?«
»Aye. Und gern, wenn ich mir damit die Freiheit erkaufe.«
»Dann abgemacht. Nimm noch ein Stück des Schweinsfisches.«
Er schob mir die Platte zu, und in meiner Freude schnitt ich mir eine gewaltige, vor Fett triefende Scheibe ab und verschlang sie auf einmal, so daß ich daran erstickt wäre, wäre da nicht Don Joãos kostbarer Wein von Lanzarote gewesen, den ich rückhaltlos trank. Er beobachtete mich, erhob keinen Einwand. Schon fühlte ich mich halbwegs wieder in England, Afrika fiel von mir ab wie eine überflüssige Haut, und von dem Manatifleisch in meinem Mund mit seinem seltsamen Geschmack und den brennenden Gewürzen glaubte ich, es sei das letzte Unbekannte, das ich zu schlucken hätte.
Oh, wie sehr irrte ich mich darin, und genug Seltsamkeiten warteten im Fluß der Zeit auf mich,
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