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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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zu sehen bekam, tragen die Schwarzen portugiesische Kleidung, manche davon von guter Qualität, geben sich portugiesische Namen und befleißigen sich noch weiterer solcher Vorwände, zivilisiert zu sein. Doch hier auf dieser Insel war es nicht ganz so.
    Die Insel war klein, doch überaus heiß und feucht, und nichts auf ihr kündete von einer gehobenen Zivilisation. Die Eingeborenenstadt bestand aus leichten Bauten aus Erde und Zweigen, sie waren mit Stroh bedeckt und ähnelten denen, die ich in São Paulo de Luanda gesehen hatte. Die Straßen waren ein schlammiges Labyrinth, in dem sich, so klein die Stadt auch war, ein Fremder augenblicklich verirren würde. Das Volk trug keine europäische Kleidung, sondern nur ein einfaches rotes oder grünes Palmtuch, das wie ein Kilt von der Taille zu den Füßen gefaltet fiel und die Brust freiließ. Einige dieser Stoffe waren hervorragend gearbeitet, aufwendig verziert, meistens aber war es grober Stoff, denn dies hier waren einfache Leute.
    Die portugiesische Stadt war sehr klein und gefiel mir überhaupt nicht. Es wohnten acht oder zehn Portugiesen dort, hauptsächlich düster blickende Männer, deren Aufzug vernachlässigt und beschmutzt war. Sie hatten einige praktisch nackte schwarze Konkubinen bei sich, und es liefen Mischlingskinder herum und räudige, flohverseuchte Hunde.
    »Pfui«, sagte ich zu Faleiro, »sind diese Männer Sträflinge, daß sie so abgerissen aussehen?«
    »Sie sind die Garnison und bewachen diesen Ort gegen Eindringlinge.«
    Ich lachte darüber. »Gegen einen Einfall von Moskitos? Gegen einen Einfall von Mäusen?«
    »Was, wenn die Holländer kämen oder ihr Engländer und versuchten, den Kongo aus unserem Einfluß zu brechen?«
    »Und würden diese traurigen alten Männer sie etwa vertreiben können?«
    »Sie hissen die Flagge. Es ist wichtig, die Flagge zu hissen. Andere Europäer respektieren eine Flagge. Solange hier Repräsentanten unseres Landes weilen, wird es keinen ausländischen Einfall geben.«
    »Und wenn die Jaqqas kommen?«
    »Ach«, sagte Faleiro und erschauderte leicht. »Die Jaqqas sind eine andere Sache.«
    Ich verstand, wieso diese Männer so unglücklich waren. Es waren vergessene Männer an einem vergessenen Ort. Die Portugiesen konzentrierten ihre Kraft darauf, Angola zu gewinnen, und hatten einen weiteren großen Stützpunkt die Küste hinauf in São Tomé, von wo aus sie den Sklavenhandel betrieben; der Kongo jedoch, der in ihren Plänen einst eine so große Rolle gespielt hatte, bedeutete ihnen nun kaum noch etwas, und es gab keine Zukunft für jene, die hier für Portugal den Geist eines Reiches aufrechterhielten.
    Ich verstehe nun sehr gut, warum ein so ehrgeiziger und fähiger Mann wie Don João de Mendoça, der sich so lange dem Kongo gewidmet hat, nun nach Angola gegangen ist, um seine Ambitionen zu verwirklichen. Doch diesen armen Seelen hier war nicht möglich, was ihm möglich gewesen war.
    Nun, es mochte zwar hart für sie sein, ging mich jedoch nichts an. Niemand hatte sie gezwungen, nach Afrika zu gehen, wie man mich gezwungen hatte. Sie starrten mich verdrossen an – an meinem gelben Haar erkannten sie, daß ich ein Außergewöhnlicher war –, und als sie hörten, daß ich Engländer sei, machten einige verächtliche, geringschätzige Gesten, die ich erwiderte. Ich ließ mich nicht von ihnen verspotten.
    Faleiro sprach mit ihnen, und danach ließen sie mich in Ruhe. Ich verabscheute ihre schäbige Stadt und kehrte zu der einheimischen zurück, wo die Leute mich ansahen, als käme ich aus einer anderen Welt. Doch sie waren freundlich und baten auf ihre furchtsame, empfindsame Art, mein Haar und meinen Bart berühren zu dürfen.
    Wir brachten unser Handelsgeschäft schnell und mit gewaltigem Gewinn hinter uns. Die Insel war ein Warenlager für die Händler des Hinterlandes, die uns Schätze wie die Zähne der Elephantos brachten. Diese Zähne sind von beträchtlicher Größe und aus Elfenbein. Eine andere Ware, die die portugiesischen Händler hier erwerben, ist der goldene Weizen des Königreichs, den die Einheimischen Masa Mamputo nennen. Dies ist kein echter Weizen noch stammt er aus Afrika, sondern jene Fracht, die Mais oder Indianergetreide genannt wird, aus Amerika kommt und von den Portugiesen hier eingeführt wurde. Die letzte Ware, die wir auf der Hippopotamus-Insel erstanden, war das Öl der Palme, das man aus den fleischigen Früchten der schlanken, grazilen Palmenbäume gewinnt, die hier überall

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