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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wachsen. Es wird aus der Frucht gezogen wie Öl aus Oliven und eignet sich hervorragend zum Kochen. Ich gewöhnte mich schnell an den Geschmack und finde die Öle Europas nun fett und ungewohnt. Es hat die Farbe und Konsistenz von Butter, nur daß es etwas grünlich ist; man kann es genauso verwenden wie Olivenöl und Butter; man kann es verbrennen; man kann aber auch den Körper damit einreiben. Wir erwarben einen großen Bestand davon.
    Und was gaben wir unsererseits für diesen Überfluß an Stoßzähnen und goldenem Weizen und Öl? Nun, lange Glasperlenketten und runde blaue Perlen und kleine bunte Perlen und Spiegel der schlechtesten Manufaktur und groben roten Stoff und grobe Wolldecken, die bei dem Bakongo-Volk sehr begehrt sind. Wir erhielten für eine Elle Stoff drei Elephantozähne, die einhundertundzwanzig Pfund wogen. Es beschämte mich, solch einen Handel zu treiben, doch als ich sah, wie sehr sich die Einheimischen freuten, unser wertloses Handelsgut zu bekommen, ließ ich meine Einwände fallen, denn wer bin ich schon, daß ich sagen könnte, was wertvoller ist, ein Elephantostoßzahn oder eine Elle Stoff? Sie finden die Stoßzähne ohne Mühen im Dschungel, wo die sterbenden Elephantos fallen, und der Stoff muß mit großem Risiko über das Meer zu ihnen gebracht werden, und würden wir ihn nicht bringen, nun, dann könnten sie ihn nicht bekommen, so daß er eigentlich unbezahlbar ist. Als ich über diese Dinge nachdachte, wurde ich in meinen Ansichten weniger frömmig, und als ich später etwas Handel auf eigene Rechnung betrieb, wurde ich eine Zeitlang ein wohlhabender Mann, indem ich einige kostbare Waren gegen weniger kostbare einhandelte.
    Und so beluden wir schnell unsere Pinasse und fuhren wieder auf den großen Fluß hinaus, der uns wie einen Korken zum Meer trug, und ich fing den Wind in den Segeln, drehte südwärts und fuhr vorsichtig die Küste entlang nach Angola. Und stand triumphierend auf dem Deck der Infanta Beatriz, nackt bis zur Taille und von der Sonne dunkel gebrannt, und in der Brise, die aus dem heißen Landesinneren kam, wehte mein Haar lang hinter mir her, als wir in den Hafen von São Paulo de Luanda einfuhren. Denn es war eine erfolgreiche Reise gewesen, und ich hatte mich bewährt und meinen eigenen Respekt als Lotse gewonnen. Und der eigene Respekt ist der schwerste, den man gewinnen kann, wenn man ein ehrlicher Mann ist.
    Don João de Mendoça schlug mir freundlich auf den Rücken, lobte meine Arbeit, speiste mich mit Büffel und anderem seltsamen Fleisch, gab mir von seinen guten Weinen und sagte: »Gut bewerkstelligt! Und nächste Woche brichst du wieder auf, noch weiter, ins Land Loango, um größere Fracht zu holen.«
    Fürwahr, ich war bereit dazu. Und wieder und wieder zu gehen, so oft man mich auf den Weg schicken würde, ein Jahr lang oder so. Ich würde meinen Teil des Handels einhalten, und dann würden sie ihren einhalten und mich als freien Mann nach England schicken.
    Aye! Mit einem Portugiesen zu handeln! Wie viele Reisen sollte ich hinter mich bringen, wie viele monströse Begebenheiten sehen, bevor ich England wiedersah, wie viel Leid, wie viel Tod, wie viel Schmerz! Doch zu diesem Zeitpunkt sah ich noch nichts davon voraus.
    Ich speiste mit Don João, sprach ein wenig prahlerisch davon, wie ich in die Mündung des Zaire eingefahren war, und dann ging ich zu meinem neuen kleinen Haus in der Stadt, um meine nächste Reise vorzubereiten. Dorthin kam kurz darauf Doña Teresa, und dort hatten wir eine freudige Wiedervereinigung unserer Körper und unserer Seelen, und als ich danach allein und schläfrig lag, kam mir ein erstaunlicher Gedanke. Denn ich erkannte, daß ich, obwohl ich von diesen Portugiesen gefangengenommen und in die Sklaverei geschickt worden war und so vieles ertragen hatte, was nicht nach meinem Geschmack war, ein glückliches Leben führte! Ich war ein glücklicher Mann, bei Gott, und konnte dies nicht abstreiten! Nur eins fehlte mir, nämlich die Rückkehr in mein Heimatland; doch selbst dies erschien nun weniger dringlich, nun, da ich den Kerker verlassen und einen Platz unter den Portugiesen gewonnen und einen Beruf hatte, den ich gut ausübte. Dies erstaunte mich: mich glücklich zu finden. Und doch war es in diesem Augenblick die Wahrheit. Und in einer Woche die Reise nach Loango; und in einem Jahr vielleicht die Heimreise nach England. Alles verlief gut für mich.
    Aye! Wäre es doch nur so gewesen!
     

Zweites Buch
LOTSE

1
    Aye,

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