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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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nordwärts ging es in schneller Fahrt auf meiner zweiten Handelsreise für Don João. Loango war mein Ziel, ein Königreich, das fünfzehn Meilen nördlich des Flusses Zaire seinen Anfang nimmt.
    Wundert Ihr Euch über die Leichtigkeit, mit der ich ein Offizier des portugiesischen Seehandels wurde? Nay, ich sah mich nicht als Verräter an Ihrer Majestät. Ich hatte die Wahl, ihnen zu dienen oder in einem Kerker zu liegen und zu verfaulen. Indem ich diese Reise unternahm, konnte ich mein Leben und meine Gesundheit erhalten und Kenntnisse über die Lotsenkunst erwerben, die eines Tages von Nutzen für Ihre Majestät sein könnten – und ich wahrte zumindest meine Chance, die Freiheit wiederzuerlangen. Dies sagte ich mir jedenfalls, immer und immer wieder, wenn diese Debatte in meiner Seele aufbrach, bis eine Zeit kam, da sie nicht mehr aufbrach und ich meine Pflicht tat, ohne sie in Frage zu stellen.
    Dieses Land Loango war von Angola aus leicht zu erreichen; es mußten keine schrecklichen Flußmündungen wie bei der letzten überwunden werden. Am vorbestimmten Tag ging ich hinab zum Hafen von São Paulo de Luanda und fand das gleiche Schiff wie zuvor, die Infanta Beatriz, und fast die gleiche Mannschaft. Dies war ein Trost.
    Der Kapitän Faleiro und andere Männer, die ich auf der ersten Fahrt kennengelernt hatte und an deren Namen ich mich nach all diesen Jahren noch gut erinnere, waren schon an Bord – Andrade und Pires und Cabral und Oliveira, die mir auf die Schulter klopften und mich freundlich angrinsten und mir freigiebig von ihrem sauren Wein anboten, den sie in Lederschläuchen aufbewahrten. Diese Männer hatten gesehen, wie ich kühnste Dienste geleistet hatte, als ich sie in die Mündung des Zaire lotste, und nun waren ihre Vorurteile gegen mich, den Engländer, vergessen. Sie nannten mich »Andres« oder öfter »Piloto«, was das portugiesische Wort für Lotse ist, und starrten mich nicht mehr an und bedachten mich nicht mehr mit harten, funkelnden Blicken.
    Ich hielt mich lediglich von ihnen fern, wenn sie sich zum Gebet versammelten, da ich nicht der Messe beiwohnen oder ihre lateinischen Lieder singen oder das Kruzifix und Bild der Madonna und andere Heiligenbilder, die sie mit an Bord gebracht hatten, verehren wollte. Ich sonderte mich dann leise ab, kniete nieder und sprach mit einfachen Worten zu Gott, wobei ich meine Seele erleichterte und manchmal einige Worte sagte, an die ich mich von meinen Morgenandachten oder Abendvespern erinnerte. Die Matrosen nahmen dies nicht als Beleidigung, da sie von mir genausowenig erwarteten, ich würde mich zu einem Papisten bekehren lassen, wie sie von einem Mohren erwarteten, seine Haut würde weiß werden.
    So segelten wir mit guten Brisen die Küste entlang, vorbei an dem schrecklichen Zaire und bis zu einem Ort namens Cabo do Palmar, wo Loango anfängt. Hier wachsen viele Palmenbäume, die dem Ort seinen Namen gegeben haben. Fünf Meilen weiter liegt der Hafen Kabinda, in dem viele Schiffe anlegen, um neue Vorräte aufzunehmen. Das Gelände besteht aus Wäldern und Buschwerk. Und sieben Meilen nördlich davon liegt der Fluß Kakongo. Dies ist ein breiter Fluß, dessen Gewässer das Meer auf sieben Meilen färbt, obwohl er sich nicht mit dem Zaire vergleichen läßt. An seiner Mündung liegt die Stadt Chiloango, dort lagert ein großer Vorrat an Elephanto-Zähnen, und ein Boot von zehn Tonnen kann den Fluß durchaus noch befahren.
    Ich nenne Euch diese Orte, weil ich der erste Engländer war, der sie je gesehen hat. Vier Meilen vom Kakongo entfernt fließt der Fluß Luiza Loango. An der Stelle, wo er ins Meer mündet, ist er nur zwei Fuß tief, was an einer Sandbank liegt, doch sobald sich ein Schiff erst einmal in dem Fluß befindet, liegt eine schöne, auf über hundert Meilen brauchbare Wasserstraße vor ihm. Zehn Meilen den Fluß hinauf liegt die Stadt Kaia, eine der vier großen Niederlassungen oder Provinzen des Königreichs Loango. Auf dieser Reise kam ich nicht dorthin. Und zwei Meilen nördlich die Küste entlang befindet sich eine Bucht mit einem breiten Sandstrand, wo sich ein Schiff in vier oder fünf Faden dem Ufer bis auf Musketenreichweite nähern kann. Hier liegt der Hafen Loango, die Hauptstadt dieses Königreichs.
    »Komm, Piloto«, sagte Pedro Faleiro, als wir den Anker warfen und uns anschickten, an Land zu gehen.
    »Du wirst uns in die Stadt begleiten, die wohl keiner gleicht, die du je gesehen hast.«
    »Erzähle ihm von dem König und

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