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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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die für einen Engländer unvorstellbar fremd waren, und jedes Mal hatte ich den Eindruck, in eine andere Welt zu treten, in der das Licht und die Töne und alles andere fremde Eigenschaften haben. Und doch passe ich mich überaus schnell daran an. Ist dies ein besonderer Aspekt meines Charakters, frage ich mich, oder allgemein üblich? Das erstere, glaube ich.
    Es gibt jene, die sich niemals an etwas Unbekanntes anpassen, die durch das Leben gehen und nur ihre angeborene Zunge sprechen und nur ihre einheimische Nahrung essen, und wenn sie anderer Nahrung oder einem anderen Klima ausgesetzt werden, werden sie schnell krank und sterben. Doch ich passe mich an. Mir hat die Hitze dieser afrikanischen Länder niemals zugesagt; sie ist einfach zu drückend. Doch da es kein Entkommen vor der Hitze gibt, nimmt man sie einfach nicht mehr wahr. Man lebt mit der Hitze, wie man mit den Schmerzen einer alten Verletzung lebt, und nimmt keine Notiz von ihr. Und wohin immer es mich auch verschlagen hat, ich habe mich mit dem abgefunden, was ich nicht ändern konnte. Ich sprach die Sprache jener um mich herum, seien es Portugiesen oder Kongos oder Jaqqas gewesen. Ich aß – Gott steh mir bei! – das, was sie aßen. Ich atmete ihre Luft. Und so verlor dieses Loango, das ich betrat, als würde ich das Reich Belials oder Molochs betreten, schon bald seine Fremdartigkeit für mich und erschien mir beizeiten als überaus angenehm und behaglich, als wäre es irgendeine heimelige Stadt an der Themse.
    Wenn ich in späteren Jahren Zuflucht suchte, suchte ich sie hier und fühlte mich hier sehr wohl. Ich glaube, dies ist eine seltsame Eigenschaft meiner Seele, doch ich entschuldige mich nicht dafür. Denn wenn ich sie nicht gehabt hätte, so glaube ich, hätte ich schon vor vielen Jahren die Würmer gefüttert.
    Die eigentliche Stadt Loango liegt drei Meilen vom Ufer entfernt in einer großen Ebene. Die Straßen sind breit und lang und immer sauber gefegt. Dieser Ort wimmelt vor Menschen, mehr, als man zählen kann, obwohl man dies nicht auf den ersten Blick sieht, da die Paradiesfeigenbäume und die Palmen und die anderen Pflanzen so üppig wachsen, daß sie die Gebäude verbergen, die zwischen ihnen errichtet worden sind. Im Westen der Stadt befinden sich zehn große Häuser, die dem Maloango gehören, wie man den König hier nennt, und vor der Tür seines Haupthauses liegt ein breiter, offener Platz, wo er sitzt, wenn er irgendwelche Feste gibt oder Kriegsangelegenheiten beratschlagen muß. Die Vorstellung, Königin Elisabeth würde vor ihrem Vordertor mit dem Kronrat plaudern, fiel mir nicht leicht. Andererseits jedoch fiel mir auch die Vorstellung schwer, der Kronrat würde seine Gesichter in den Staub drücken, wann immer der Königin Mundschenk auf ihren Wink käme.
    Von diesem offenen Platz verläuft eine große, breite Straße, die eine Länge von mehreren Musketenschüssen hat, und an ihrem anderen Ende befindet sich jeden Tag ein großer Markt, der um zwölf Uhr eröffnet wird. Hier handelt man mit Eßwaren, Hühnern, Fisch, Wein, Öl, Getreide und dem ausgezeichneten Stoff, der aus den Fäden der Palmblätter gewebt und so verarbeitet wird, daß er wie Samt, Seide, Taft, Damast, Sarsenett und so weiter anmutet. Hier handelt man auch mit kupfernen Armbändern und einem Holz, das einen sehr guten scharlachroten Farbstoff ergibt. Doch obwohl Loango einen Überfluß an Elephantos hat, werden ihre Zähne niemals auf dem Marktplatz, sondern immer über private Verträge verkauft.
    Die Leute von Loango sind Heiden. Sie tragen schöne, gut gearbeitete Kleidung aus Palmstoff oder gewebtem Gras, die sie wie eine Art Kilt von der Taille zu den Füßen binden. Die Männer sind hier auf Art der Hebräer beschnitten, wie es auf alle Völker in dieser Gegend bis auf die Christen des Königreichs Kongo zutrifft, die ihre Jungen unversehrt lassen, wie es auch bei den Europäern Brauch ist. Der König von Loango ist ein Verbündeter des Königs des Kongos, und in früheren Tagen, als der König des Kongos sehr mächtig war, war der König von Loango sein Vasall.
    Wir erreichten die Stadt zur Mitte des Nachmittags. Unter dem schrecklichen Gleißen der Sonne waren nur wenige Menschen unterwegs, doch als sich die Nachricht verbreitete, die Portugiesen seien eingetroffen, nahm die Anzahl derer auf den Straßen zu. Und erneut verdoppelte und verdreifachte die Anwesenheit eines blonden Engländers ihre Neugier: Sie flüsterten, zeigten auf mich und

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